Freisinger Banken werden cool:Adieu Krawatte

Freisinger Banken werden cool: Immer seltener ist die Krawatte Pflicht, entsprechend ist der Verkauf rückläufig. Das bestätigen auch Geschäfte für Herrenmode in Freising.

Immer seltener ist die Krawatte Pflicht, entsprechend ist der Verkauf rückläufig. Das bestätigen auch Geschäfte für Herrenmode in Freising.

(Foto: Marco Einfeldt)

Die Geschäftswelt lockert die Kleiderordnung, zuerst trifft es die Krawatte. Sogar die Banken erlauben ihren männlichen Mitarbeitern, auf das Stück Stoff um den Hals zu verzichten. Das merken auch Männermodeläden.

Von Francesca Polistina

Es war einmal die Krawatte. Einfarbig, gestreift, gepunktet. Mit Stolz getragen und sorgfältig gebunden, damit die Länge die strengen Knigge-Vorschriften erfüllt. Doch dann kamen Steve Jobs mit seinem schwarzen Pulli, Mark Zuckerberg mit seinem grauen T-Shirt und die ganzen Start-up-Leute mit ihren Jeans und Sneakers. Selbst hochkarätige deutsche Manager wie Dieter Zetsche, langjähriger Daimler-Chef und nun bei Tui, begannen, den Schlips im Schrank zu lassen. Dass nun auch die Sparkasse Freising, die in Sachen Mode nicht unbedingt Avantgarde ist, dem schmalen Textilstreifen den Rücken kehrt, ist ein weiteres Zeichen dafür, dass die Krawatte, Symbol für Macht und Erfolg par excellence, nicht mehr zeitgemäß ist. Zumindest nicht im alltäglichen Business.

Mit dem neuen Jahr ist bei der Freisinger Sparkasse der neue Dresscode "Smart Casual" in Kraft getreten. Übersetzt heißt das: "gehobene Freizeitkleidung", konkret bedeutet das: ein bisschen lockerer, ein bisschen individueller, aber sicherlich nicht ganz frei. So ist bei den Herren eine Kombination aus Chino, Hemd und Sakko genauso erlaubt wie - und das ist die Nachricht - Anzug mit offenem Hemd und ohne Krawatte. Bei den Damen, die sich sowieso schon länger von der Rock- oder Absatzpflicht emanzipiert haben, ist dann ein elegantes T-Shirt mit Rock oder Stoffhose und Stiefeletten genauso gern gesehen wie eine Kombination aus Kleid, Cardigan und hochhackigen Schuhen. Damit will die Sparkasse "einen weiteren Schritt in Richtung modernes, zeitgemäßes und innovatives Kreditinstitut" machen. Dafür reicht ein offener Kragen möglicherweise zwar nicht, doch das Image ganz zu unterschätzen, wäre in Zeiten von Influencern, die mit ihrer starken medialen Präsenz immer mehr Einfluss auf die Modebranche haben, auch ein Fehler.

Tabus gibt es bei den Banken aber immer noch

Die Konkurrenz sieht es ähnlich. Beispiel die Freisinger Bank: Dort hat man schon vor einem guten Jahr auf die Krawattenpflicht verzichtet und allgemein die Kleiderordnung gelockert, sogar Jeans, sofern schlicht und dunkel, sind in der Regel tragbar, wie Vorstandsreferentin Andrea Stommel mitteilt. Tabus gibt es aber nach wie vor: für Frauen sind das zum Beispiel zu kurze Röcke, Spaghettiträger, Shorts, ein tief ausgeschnittenes oder zu kurzes Oberteil. Für Männer offene Schuhe, kurze Hose und zu kurze Socken. Doch prinzipiell gilt: der Bekleidungsstil richtet sich nach der Erwartungshaltung der Kunden. "Wenn der Kunde ein junges Start-up ist, wäre es unangemessen, mit Krawatte und Anzug hinzufahren", sagt Stommel.

Auch Christine Miedl von der Sparda-Bank berichtet, dass bei ihnen die Krawattenpflicht schon vor einigen Jahren abgeschafft worden sei, "da sie aus unserer Sicht nicht mehr dem Zeitgeist entspricht". Eine strikte Kleiderordnung gibt es zwar nicht, auch nicht für bestimmte Hierarchieebenen - ein gepflegtes Erscheinen ist jedoch erwünscht. Das Gleiche gilt übrigens auch bei der Freisinger Stadtverwaltung: "Die Bürger haben Anspruch auf ein gepflegtes Erscheinen", meint Sprecherin Christl Steinhart. Aber nein, kein strikter Dresscode. Das Sekretariat eines Freisinger Notarstudios meldet hingegen: "Sakko mit Krawatte", alles beim Alten also. Auch bei Anwälten ist das Stück Stoff beliebt. Und sonst?

Der Verkauf von Krawatten ist rückläufig

Anruf bei einem Freisinger Herrenmodeladen. Die Inhaberin muss nicht mal darüber nachdenken: "Die Krawatte ist seit einem guten Jahr rückläufig", bestätigt sie. Zwar wird sie immer wieder bei Hochzeiten und besonderen Ereignissen getragen, selbst von Jüngeren, doch bei der Arbeit hat sich mittlerweile ein anderes, legereres Outfit durchgesetzt - das selten eine Krawatte vorsieht.

Die Freisingerin Monika Riesch, die Coach für Business-Knigge ist, nennt das den "Puls der Zeit". Einerseits "müssen Banken und Institutionen Respekt ausstrahlen", und das passiere durchaus über die Optik, andererseits gehe man in Richtung "Lockerung". Und das ist gut so, solange man "dezent" bleibt und die Grenzen nicht überschreitet, wie sie sagt. Bei ihr heißen die Grenzen zum Beispiel: Blue Jeans. Doch auch diese wird salonfähiger. Steve Jobs trug sie mit Lässigkeit, von Mark Zuckerberg ganz zu schweigen. Bei der Sparkasse Freising ist von so einer Revolution noch nicht die Rede.

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