"Ein scharfes Schwert" gegen Mietwucher wird die Stadt Freising mittelfristig in der Hand haben. Ulrich Vogl (ÖDP) freut sich jedenfalls darüber, dass sich der Finanz- und Verwaltungsausschuss des Stadtrats am Montag einstimmig für die Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels entschieden hat. Seit etwa zehn Jahren haben sich Stadträtinnen und Stadträte darüber die Köpfe heiß geredet. Alle Argumente, die dafür gesprochen hätten, "sind vom Tisch gewischt worden", erinnerte Vogl. Aber jetzt kommt die Stadt Freising nicht mehr aus. Anfang Juni tritt das bundesweite Mietspiegelreformgesetz in Kraft. Das schreibt Städten mit mehr als 50 000 Einwohnern einen Mietspiegel vor.
Jetzt hat Freising zwar noch nicht so viele Einwohner, zumindest nicht, was die gemeldeten Erstwohnsitze betrifft. Doch die Grenze ist bald erreicht. Die Stadt wäre deshalb schlecht beraten, die Hände in den Schoß zu legen. Die Gesetzesnovelle sieht vor, dass betroffene Kommunen bis zum 1. Januar 2023 zumindest einen einfachen oder bis zum 1. Januar 2024 einen qualifizierten Mietspiegel vorweisen müssen.
Werk mit dem Umfang einer Diplomarbeit
Der Ausschuss hatte darüber zu entscheiden, welche Form die Stadt wählen sollte. Der Fachvortrag von Oliver Trinkaus vom EMA-Institut ließ da keine Zweifel offen. Er plädierte für einen qualifizierten Mietspiegel.
Der Index für sich genommen bildet die ortsüblichen Vergleichsmieten ab. Es gibt einen einfachen Mietspiegel. Da könne man sich gleich an einen Tisch setzen und irgendwelche Beträge auswürfeln, die man dann in das Werk einsetze, sagte Trinkaus flapsig. Ganz anders der qualifizierte Mietspiegel. Der fundiert auf wissenschaftlich aufbereiteten Daten. Juristisch sei dieser hieb- und stichfest, sagte Trinkaus. Jeder Arbeitsschritt werde sorgfältig dokumentiert. Am Ende komme dabei ein Werk mit dem Umfang einer Diplomarbeit heraus.
Der Prozess nimmt etwa ein Jahr in Anspruch
Bei der Erstellung eines Mietspiegels sind städtische Behörden wie Einwohnermeldeamt und Ordnungsamt beteiligt. Hinzugezogen werden Mieter- und Vermieterverband, Makler und Vertreter des Amtsgerichts. Die Erhebung der Daten erfolgt per Brief- und Online-Befragung mit einem vierseitigen Fragebogen. Dieser Prozess dauere etwa ein Jahr, sagte Trinkaus. Beim qualifizierten Mietspiegel handele es sich um einen Bürgerservice, der für sozialen Frieden sorge. Er diene der Verfolgung überhöhter Mietpreise. "Mietwucher ist eine Straftat", betonte Trinkaus.
"Wenn es eine gesetzliche Vorgabe ist, dann machen wir das gleich gscheit", sagte Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher (FSM). Die Kosten für den Mietspiegel könnten etwa 60 000 Euro betragen. Dazu kommen später Summen für die nötige Fortschreibung der Daten. Einige Stadträte befürchten, dass manche Wohnungen durch einen Mietspiegel sogar teurer würden oder die Rendite sich beim Kauf einer Neubauwohnung kaum mehr rentiere. Laut Trinkaus ist dem aber nicht so. Die Miete bewege sich immer im Bereich einer gewissen Spanne. Ein Mietspiegel sei auch keine Obergrenze, sondern ein Leitfaden, denn beim Vermieten sind "die Dinge angelegt zum Steigen".