Freising:Waghalsige Kunststücke

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Die Gruppe "Traintrails" besteht aus wenigen engagierten Dirtbikern, die sich auf einer Anlage an der Parkstraße einem abenteuerlichen Hobby hingeben. Nachwuchskräfte werden langsam herangeführt

Von Christian Gschwendtner, Freising

Matthias Bauer sitzt auf seinem kleinen Mountainbike, der Sattel ganz unten, der Arm lässig über den Lenker geschwungen. Wären da nicht die besorgniserregenden Lehmhügel im Hintergrund - es würde alles ziemlich gut aussehen. Matthias Bauer aber ist Dirtbiker. Und neben der richtigen Haltung verlangt diese Extremsportart auch ein Maximum an Wagemut. Der 24-Jährige blickt deshalb noch einmal abgebrüht in die Kamera, dann fährt er die "Line" des Freisinger Dirtparks an der Parkstraße. Das heißt er stürzt sich mit seinem Dirtbike Hals-über-Kopf den Anfahrtshügel hinunter und katapultiert sich über die aufgeschütteten Schanzen. Zwischen Absprung und Landung liegen etwa sieben Meter. Das sollte man schaffen, sonst nimmt der Höhenflug kein gutes Ende.

Seit ungefähr zehn Jahren gibt es den Freisinger BMX-Dirtpark schon. Zwischenzeitlich stand er kurz vor dem Aus: Zu gering das Interesse, zu aufwendig die Instandhaltung. "So ein Park ist ganz schön pflegeintensiv", sagt Georg König, der als Dirtbiker besonders aktiv ist. Nach den Sprüngen müsse man die Unebenheiten wieder rausklopfen und im Sommer wachse zudem alles mit Unkraut zu. Im Fachjargon nennen sie das Präparieren der Absprünge und Landungen "shapen". Damit alleine war es aber nicht getan. Dem Einsatz einer neuen Generation von Radsportartisten ist es zu verdanken, dass die Stadt Freising vor fünf Jahren erstmals mit Baggern anrückte und den Parcours in seiner Rohform aufschaufelte. In mühevoller Handarbeit gaben die Nachwuchsbiker der Strecke dann den Feinschliff. Was folgte, war die Gründung der "Traintrails" - eine Gruppe, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, für die Trendsportart in der Domstadt zu werben.

Beim Dirtbiken kommt es darauf an, über abenteuerliche Hindernisse mit möglichst spektakulären Pirouetten und Tricks zu springen. Dafür greifen die Fahrer auf Mountainbikes mit relativ kleinen Rahmen zurück. Auf Gangschaltung und anderen Schnickschnack wird verzichtet. Hauptsache robust soll das Rad sein, wenn es hoch hinaus geht. Neben der richtigen Technik muss der ambitionierte Dirtbiker aber vor allem seinen Trick rechtzeitig beenden und kontrolliert landen. Der Dirtpark ist lang, der nächste Sprung wartet. Wie das in der Realität aussieht, konnte man zuletzt beim ersten Freisinger BMX-Dirtjam Contest bestaunen. Unter den Augen von etwa sechzig Zuschauern übertrumpften sich die 20 Teilnehmer aus Landkreis und Umgebung mit Salti, 360-Grad Drehungen und anderen Einlagen. Der größte Trumpf der Trendsportart ist aber gleichzeitig auch das größtes Manko. Schön anzusehen sind die Sprünge allemal, aber selbst dem Kick auf der Lehmpiste nachjagen, das wollen immer noch die wenigsten. Außer einem gebrochenen Schlüsselbein und kleineren Schrammen sei zwar noch nichts passiert in Freising, sagt Georg König. Bisher bilden aber nur sechs Fahrer den harten Kern. Um jüngeren Nachwuchs an die hohe Kunst des Dirtbikens heranzuführen, wollen die Freisinger "Traintrails" deshalb das Areal hinter der Skateboardanlage, zwischen der Bahnlinie und der Parkstraße, um eine weitere Attraktion erweitern. "Wir planen, einen Pumptrack für jüngere Leute einzurichten, bei dem der Fokus mehr auf Ausdauer und Fahrtechnik liegen wird", sagt König. Bei dieser speziellen Streckenart geht es darum, ohne zu treten, allein durch die Verlagerung des Körpergewichts, Geschwindigkeit aufzubauen. Anfänger können so das nötige Feingefühl für größere Aufgaben entwickeln.

Bei der Stadt Freising begegnet man den Plänen mit wohlwollender Unterstützung. "Ich finde es super, wenn sich Jugendliche auf diese Weise engagieren", sagt Marina Giesen von der Stadtjugendpflege, die den Dirtbikern auch bei der Organisation ihres Wettbewerbs unter die Arme griff. Solange die Initiative von den Jugendlichen ausgehe, helfe man gerne, deren Ideen in die Tat umzusetzen. Ebenso stellt das städtische Bauamt jedes Jahr für ein bis zwei Tage einen Bagger in der Parkstraße ab. Die Chancen stehen also nicht schlecht, dass sich mit der Zeit mehr Wagemutige auf die Startrampe stellen. Andererseits: Kleiner werden die Lehmhügel im Freisinger Dirtpark sicherlich nicht.

© SZ vom 18.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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