Verein "Marafiki wa Afrika":"Das Wort Entwicklungshilfe vermeide ich"

Verein "Marafiki wa Afrika": Christine Albrecht, Vorsitzende des Vereins Marafiki wa Afrika, der eng mit einheimischen Projekt-Partnern in Tansania zusammenarbeitet.

Christine Albrecht, Vorsitzende des Vereins Marafiki wa Afrika, der eng mit einheimischen Projekt-Partnern in Tansania zusammenarbeitet.

(Foto: Marco Einfeldt)

Christine Albrecht engagiert sich seit Jahren mit "Marafiki wa Afrika" für die Menschen in Tansania. Der Verein setzt auf Projekte vor Ort und hat 2017 sogar den Asylpreis der Staatsregierung gewonnen.

Interview von Gudrun Regelein, Freising

Zu dem Gespräch bringt Christine Albrecht einen ganzen Stapel von Fotos mit. Die wurden während einer fast vierwöchigen Reise einer Gruppe von "Marafikis" nach Tansania gemacht, von der sie gerade erst zurückgekehrt ist. Jetzt bereitet die langjährige Vorsitzende und derzeitige Öffentlichkeitsreferentin des Vereins "Marafiki wa Afrika - Freunde für Afrika" die Ausstellung "Starke Frauen in Tansania" vor. Deren Vernissage wird am Freitag, 13. September, den Auftakt der Fairen Woche Freising bilden.

SZ: Frau Albrecht, was fasziniert Sie an diesem Land so besonders?

Christine Albrecht: Das sind in erster Linie die Menschen dort. Man fühlt sich dort so wahrgenommen und angenommen. Gäste sind dort ein Segen. Erst nach drei Tagen gibt man den Gast dann eine Hacke in die Hand (lacht). Außerdem haben mich schon immer die Ideen der Tansanier, wie man Lebensbedingungen verändern kann, fasziniert.

Eine Zielsetzung des Vereins ist die enge Zusammenarbeit mit einheimischen Projekten vor Ort. Entwicklungshilfe im klassischen Sinne leisten Sie also nicht?

Nein, dieses Wort vermeide ich. Unsere Ziele sind tatsächlich der persönliche Dialog und der interkulturelle Austausch. Wir möchten von unseren Freunden lernen, sie bei Bedarf unterstützen und in ihrem Land und auch in Deutschland etwas bewirken. Die Projekte, die wir dort kennengelernt haben, sollen die Lebensbedingungen der Tansanier verbessern. Die Ideen dafür sind übrigens alle vor Ort entstanden. Oft unterstützen wir Bildungsprojekte, die für alle zugänglich sind. Eines meiner persönlichen Lieblingsprojekte ist Aprofi. Das ist eine kleine Landwirtschaftskooperative, in der mit unserer Hilfe in Form einer pädagogischen und finanziellen Unterstützung ein Kindergarten mit Vorschule aufgebaut wurde. Das ist übrigens die Partnerschule von meiner Schule.

Wieso gerade Tansania?

Das war eigentlich ein Zufall. Das lag an dem damaligen Freisinger Jugendpfarrer Michael Schlosser, der 1991 eine erste Begegnungsreise nach Tansania organisierte. Ich bin damals mitgefahren. Afrika hatte mich zwar schon immer interessiert, aber ich wäre auch woanders hingefahren (lacht).

Und zwei Jahre später wurde dann der Verein gegründet?

Ja, das war 1993. Das haben wir vor allem getan, da es in Deutschland sinnvoll ist, eine Rechtsform zu haben. Wir waren damals etwa 20 Gründungsmitglieder, viele davon waren auch bei der ersten Reise schon dabei. Inzwischen sind wir knapp über 100. Wir sind also nicht explodiert, wollen das aber auch ganz bewusst nicht - wir sind eher familiär organisiert. Sitz des Vereins ist zwar Freising, aber viele Mitglieder wohnen gar nicht hier, insgesamt nur etwa zehn, der Rest ist über ganz Bayern verstreut. Seit 1995 gibt es übrigens auch ein Pendant zu uns in Afrika: Marafiki wa Afrika - Tansania. Dort haben sich einige unserer Freunde in Tansania organisiert.

Sie haben seit fast 30 Jahren eine enge Verbindung zu Tansania. Können Sie sich vorstellen, dort zu leben?

Tansania ist Teil meines Lebens. Aber ich bin sehr heimatverbunden, war niemals sehr lange von Freising weg. Ich weiß nicht, ob ich mich so leicht verpflanzen ließe. Aber was ich mir eventuell vorstellen könnte, wäre für einige Zeit als Volunteer dort zu leben.

Apropos Volunteer: Welche Rolle spielen diese bei Marafiki wa Afrika?

Die sind für uns als Personen vor Ort für den Austausch sehr wichtig. Sie haben die aktuellsten Informationen, da sie für längere Zeit dort leben und in den Projekten mitarbeiten. Außerdem bedeuten neue Menschen neue Ansichten. Für den Verein ist das wichtig, das heißt nämlich, dass wir nicht stehen bleiben. Inzwischen sind wir bei insgesamt 50 Volunteers angekommen. Nicht alle bleiben, aber viele bleiben uns verbunden.

Sie haben nur wenige Mitglieder in Freising, sind in der Stadt aber sehr aktiv - als Nächstes bei der Fairen Woche. Wie schaffen Sie das?

Ja, wir sind in Freising durchaus präsent. Wir sind in der Stadt gut vernetzt und wir haben viele gute Leute, die in unserem Dunstkreis mäandern und sich immer wieder einbringen. Außerdem arbeiten wir schon sehr lange mit dem Weltladen zusammen und erfinden wenig neu, bis auf die Kunstausstellungen vielleicht - und wir klinken uns bei bestehenden Veranstaltungen wie dem Christkindlmarkt ein. Es gibt sehr treue Spender und wir haben auch Fördermittel der Bundesregierung bekommen. Seit einiger Zeit arbeiten wir übrigens auch mit der Hilfsorganisation "Ingenieure ohne Grenzen" zusammen. Irgendwie schaffen wir das also.

2017 haben Sie sogar den Asylpreis der Bayerischen Staatsregierung gewonnen. Das ist jetzt doch etwas verblüffend... Flüchtlinge unterstützen Sie doch gar nicht?

Wir waren damals auch etwas verblüfft (lacht). Also der Preis war damals in zwei Kategorien ausgeschrieben. Und wir hatten uns für die Kategorie Frauen- und Mädchenförderung in den Heimatländern beim Thema Fluchtursachenbekämpfung beworben, weil wir das ja schon seit über 25 Jahren machen. Und haben uns natürlich sehr über die Auszeichnung gefreut.

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