Süddeutsche Zeitung

"Zukunftsbahnhof" Freising:Vegane Weißwurst auf dem Weg zum Zug

Das neue Café im Holzpavillon am Bahnhof setzt in jeder Hinsicht auf Nachhaltigkeit und ist damit auch ein Pilotprojekt für die Bahn. Die DB hat hier insgesamt gut eine Million Euro investiert.

Von Kerstin Vogel, Freising

Der Titel des Projekts klingt fast übertrieben verheißungsvoll: Zu nicht weniger als einem "Zukunftsbahnhof 2020" sollte der Freisinger Bahnhof umfunktioniert werden - als einer von bundesweit nur 16 Bahnhöfen. Verschiedene neue Ideen und Services wolle man in diesem Programm testen, hatte die Bahn die Stadt Freising dazu wissen lassen. Und tatsächlich hat das Unternehmen seit 2020 eine gute Million Euro in die Hand genommen, um den bis dato nur bedingt attraktiven Freisinger Bahnhof ein wenig aufzuhübschen.

Die Unterführung am Bahnhof wurde neu gestaltet, mehr als 800 neue Abstellplätze für Fahrräder wurden installiert, es gibt einen Bücherschrank und eine Fahrradreparatursäule - und gut die Hälfte des investierten Geldes ist in einen auf den ersten Blick eher schmucklosen Holzpavillon geflossen. Der steht nun dort, wo früher noch ein paar letzte Parkplätze den Autofahrern dienten. Die in Freising fast schon reflexhaften Beschwerden derselben verhallten ungehört. Untergebracht ist in diesem Pavillon ein kleines, veganes Café, in das man am Donnerstag einen ersten Blick werfen konnte - und das am Montag, 12. Dezember, offiziell eröffnet wird.

Nachhaltige Holzbauweise ist ein absolutes Novum für die Bahn

Das Holzhaus sei der letzte Baustein des Projekts Zukunftsbahnhof, sagte Mareike Schoppe, Bahnhofsmanagerin der DB Station&Service AG. Man habe damit dem Wunsch der Bahnkunden nach einem besseren gastronomischen Angebot und mehr Aufenthaltsflächen nachkommen wollen. Die nachhaltige Holzbauweise sei ein absolutes Novum für die Bahn - und sie weist möglicherweise tatsächlich auch andernorts in die Zukunft: "Wenn die Rückmeldungen positiv sind, können wir uns ähnliche Lösungen auch an weiteren Stationen vorstellen", ließ Andreas Rudolf, Leiter Regionalbereich Süd der DB Station&Service AG, am Donnerstag dazu wissen.

In Freising hat die DB für dieses Pilotprojekt den Mieter "SIGGIS" gewonnen, der in München bereits vegane Restaurants und Cafés betreibt und nun auch in Freising seine regionalen Getränke und Speisen anbieten wird. Die SIGGIS enterprise GmbH wurde vor etwas mehr als fünf Jahren von Sigrid Lutz gegründet, ihr Sohn Florian Högel ist mit ihr Geschäftsführer. Gemeinsam verfolgen die beiden das Ziel, ein rein veganes Unternehmen aufzustellen, zu dem vom kommenden Jahr an beispielsweise auch ein Burgerladen gehören soll, wie Lutz am Donnerstag in Freising schilderte.

In Freising ist man offen für vegane Angebote

Das Café selber ist hell und freundlich, wenn auch nicht sehr groß. Auf 18 Sitzplätze kommt man drinnen, auf der Terrasse werden es im Sommer ein paar mehr sein - und wenn die Bäume erst einmal wieder belaubt sind, kann man sich das tatsächlich ganz hübsch vorstellen. Man wolle jetzt nicht gleich die Welt erobern, aber sie vielleicht ein bisschen schöner und bunter machen, sagt Lutz, die in Freising auch schon eine große Offenheit gegenüber veganen Angeboten festgestellt haben will. Tatsächlich verbirgt sich für die Münchner Unternehmerin noch ein bisschen mehr hinter ihrem Konzept, als die simple Verarbeitung veganer Zutaten. "Wir kommen von der ethischen Seite", erklärt sie, es gehe auch bei allen anderen verwendeten Materialien um Nachhaltigkeit, Regionalität, die Vermeidung von Tierleid und den weitestgehenden Verzicht auf Chemie "und das spüren die Leute".

Die Rezepte, nach denen die Sandwiches, das Gebäck oder die vegane Weißwurst des "SIGGIS" hergestellt werden, stammen Lutz zufolge alle von dem bekannten veganen Koch Sebastian Copien, dessen Kochbücher im Übrigen in dem Café dann auch zu haben sein werden. Und während bei einem kleinen Testessen am Donnerstag über die Konsistenz der Weißwurst durchaus noch debattiert wurde, sei den Freisingern auf jeden Fall schon einmal verraten, dass die Schoko-Donuts, die man künftig auf dem Weg zum Bahnhof wird kaufen können, ein echtes Zusatzargument für einen zukunftsträchtigen Umstieg auf die öffentlichen Verkehrsmittel darstellen.

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