SZ-Kulturpreis Tassilo:"Jag' die Träume, bevor sie weg sind"

SZ-Kulturpreis Tassilo: Das Traumfänger-Kollektiv aus Freising hat viel vor. Jetzt ist es für den Tassilopreis der SZ nominiert.

Das Traumfänger-Kollektiv aus Freising hat viel vor. Jetzt ist es für den Tassilopreis der SZ nominiert.

(Foto: privat)

David Muhuri, Finn Millitzer, Ferdinand von Stengel, Nelvin Omerbasic, Adrian Banas, Elino Snip, Lukas Wilde, Felix Wanzeck und Benedikt Riedl haben sich zu einem äußerst kreativen Kollektiv zusammengeschlossen und wollen deutschen Rap nach Freising bringen. Dabei ist ihnen vor allem eines wichtig: Zusammenhalt.

Von Ella Rendtorff, Freising

Im hintersten Eck der Freisinger Bar Sammamera sitzt, wie an vielen Abenden, das Hip-Hop Kollektiv Traumfänger beisammen. Die Traumfänger, das sind neun Musik- und Kunstbegeisterte junge Menschen, die sich an diesem Abend aus einem besonderen Anlass in ihrer Stammkneipe treffen: Sie sind für den Tassilo-Kulturpreis der SZ nominiert.

Sie schreiben Texte, bauen Beats, rappen wie die Profis und gestalten die Cover dazu. David Muhuri, Finn Millitzer, Ferdinand von Stengel, Nelvin Omerbasic, Adrian Banas, Elino Snip, Lukas Wilde, Felix Wanzeck und Benedikt Riedl sind alle um die 20 Jahre alt. Was sie verbindet, ist der Wunsch, junge Rap- und Subkultur in ihre Heimatstadt Freising zu bringen. Die gibt es bislang nämlich eindeutig zu wenig, darin sind sich alle am Tisch einig. Das soll sich nun ändern.

Nachdem sich die Traumfänger 2022 als freies Musik- und Kunstkollektiv zusammengeschlossen haben, ist schon so einiges passiert: Beim Auftakt ihrer fortlaufenden Veranstaltungs-Reihe "Goonz and Fam" gelang es ihnen, mit Rap-Texten kombiniert zu Hip-Hop- und Elektro-Sounds die Menge aufzumischen. Auch auf beim Freisinger Uferlos-Festival im November stand die Gruppe gemeinsam auf der Bühne. Produzent Ferdinand von Stengel erinnert sich noch an den Moment kurz vor dem Auftritt: "Es war fast niemand da", erzählt er. Dann auf einmal seien immer mehr Leute gekommen, mit so viel Publikum aus unterschiedlichen Altersklassen hätten die Traumfänger in ihren Träumen niemals gerechnet.

Die meisten von ihnen machen schon seit Jahren Musik, teilweise für Solo-Projekte, seit dem vergangenen Jahr immer öfter gemeinsam. Was sie als Kollektiv zusammengebracht hat, war die Begeisterung für Hip-Hop und deutschen Rap. Für David Muhuri, der sich heute um die Organisation der Traumfänger kümmert, fing alles im Zimmer seines Kumpels Adrian Banas an: "Ein schlechter Laptop, zwei kleine Boxen. Wir haben jeden Tag gemeinsam zu Hause aufgenommen, ausprobiert, Erfahrungen gesammelt." Mittlerweile nutzen die Traumfänger-Rapper professionelles Equipment, zu Hause in Freising aufgenommen wird aber noch immer. Um ihre Heimat und das Gefühl, zusammenzuhalten, geht es auch in ihren Songs.

"Keiner muss hier traurig sein."

"Gemeinsam bleiben, keiner muss hier traurig sein", rappen David Muhuri (Bärah) und Benedikt Riedl (BenGe) in ihrer Single "Traumfänger". Nach dem Motto "zusammen machen, zusammen schaffen" featuren sie sich gegenseitig in ihren Songs. Ein großer Plan für die Zukunft sei ein gemeinsam produziertes Album oder zumindest eine EP, auf der sie alle vertreten sind. Der Name des Kollektivs ist dabei Programm: Es gehe ihnen vor allem darum, "Träume zu verfolgen und dabei als Netz zu funktionieren", erzählt die Gruppe. Auch wenn einige der Traumfänger inzwischen weggezogen sind, kommen sie doch immer wieder zurück, um die lokale Musikszene zu unterstützen. Ferdinand von Stengel, der mittlerweile Tontechnik in Berlin studiert, ist trotzdem noch mit Herzblut dabei: "Ich rappe mehr über Freising als über Neukölln", sagt er und lacht.

Musikalisch sind die Traumfänger vor allem von klassischem amerikanischen Hip-Hop beeinflusst, aber auch Jazz-Musik und Funk inspirieren die Freisinger Rapper. Wenn es um die visuelle Gestaltung der Cover und Plakate geht, spielen zudem abstrakte Kunst und Grafikdesign eine Rolle. Hier kommen Elino Snip und Lukas Wilde ins Spiel: Beide studieren Design an der Hochschule München und kümmern sich um das Artwork der Traumfänger. Gemeinsam entwickeln sie visuelle Konzepte, zeichnen, animieren, und drucken. Was dabei raus kommt, wird für das Kollektiv genutzt, permanent entstehen neue Designs, Sketches und Illustrationen. All das geschieht durch und durch demokratisch: "Es gibt bei uns keine Konkurrenz. Die einen machen das, die anderen das und wir unterstützen uns dabei gegenseitig", meint Nelvin Omerbasic, der Beats für die Traumfänger baut.

"Jag' die Träume, bevor sie weg sind", heißt es in der Single "Nebenmann". Für das Jahr 2023 hat die Jagd bereits begonnen, der Kalender der Traumfänger ist voll: Auf mehrere geplante Veröffentlichungen sollen bald auch weitere Live-Auftritte folgen. Ob bei der "Langen Nacht der Musik" oder dem Uferlos-Festival im Mai. Besonders freut sich das Kollektiv auf den Auftritt im Lindenkeller am 15. April, dort werden sie mit dem Rapper Naru auf der Bühne stehen. Darauf, dass der in der jungen deutschen Hip-Hop-Szene bekannt gewordene Naru auf seiner ersten Tour nach Freising kommt, sind die Traumfänger stolz. Das sei für sie "ein Traum, den sie bereits einfangen konnten".

Auf die Frage, warum sie den Tassilo-Preis der SZ verdient hätten, haben die neun Kollektiv-Mitglieder eine einstimmige Antwort: "Ganz einfach, weil sich in Freising und Umgebung niemand so wie wir dafür einsetzt, dass in der jungen Musikszene etwas passiert." Mit dem Preisgeld würden sie weitere Events in Freising planen, noch mehr Jugendliche mit ins Boot holen. Musik machen habe nämlich, so Traumfänger-Rapper Felix Wanzeck, nicht nur mit Qualität zu tun, sondern auch mit der eigenen Überzeugung.

Bis Mitte Februar stellen wir Ihnen Kandidatinnen und Kandidaten für den Tassilo-Kulturpreis 2023 vor. Alle Nominierten finden Sie unter sz.de/tassilo.

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