Süddeutsche Zeitung

Freising:Pionierarbeit in der Luft

Die Kreisstadt ist einer von vier Drohnenstandorten des Technischen Hilfswerks in Bayern. Seit zehn Jahren erprobt der Ortsverband die Technik, offiziell startet das Programm im September.

Von Thilo Schröder

Freising ist einer von vier Standorten in Bayern, an denen das Technische Hilfswerk (THW) ein Drohnenteam stationiert hat. Ob bei Unfällen oder Hochwasser, bei Waldbränden oder vermissten Personen: Drohnen könnten vielfältig eingesetzt werden, sagt Marco Eisenmann, Zugführer im THW-Ortsverband Freising. Drohnen punkteten nicht nur mit ihren technischen Möglichkeiten, sie schützten auch Einsatzkräfte.

Das THW in Freising ist Vorreiter im Bereich Drohneneinsätze. "Wir beschäftigen uns schon seit über zehn Jahren mit Drohnen, auf Eigeninitiative eines Mitglieds", sagt Eisenmann. Beim Brand in der Freisinger Innenstadt 2014 etwa seien Drohnen zum Einsatz gekommen, heißt es in einer entsprechenden Mitteilung des THW. "Wir sind eines der wenigen Teams, die schon einsatzbereit sind", so Eisenmann. Bis zum 1. September werde das THW bundesweit seine Strukturen ändern, unter anderem sollen dann flächendeckend Drohnenteams stationiert sein.

Im September beginnt offiziell das Drohnenprogramm des THW

Derzeit verfüge der Freisinger Ortsverband über zwei Ausbildungsdrohnen, eine davon sei mit einer Wärmebildkamera ausgestattet, sagt Eisenmann. 18 Mitglieder seien für den Drohneneinsatz ausgebildet, haben also die in der Luftverordnung vorgeschriebene theoretische Prüfung zum Drohnenpiloten abgelegt.

Zum Einsatz kämen Drohnen bei Unfällen, etwa im vergangenen Herbst nach der Explosion einer Raffinerie in Vohburg (Kreis Pfaffenhofen), oder bei der Suche nach vermissten Personen, sagt Eisenmann. Genauso bei Hochwasser und Waldbränden. Bei Letzteren etwa wenn Munition im Boden vermutet werde. Drohnen würden aber auch zum Kartografieren genutzt. "Wenn zum Beispiel ein Haus einbricht, können wir das Schadensgebiet in Google Maps eintragen." Drohnen könnten größere Gebiete abfliegen und dabei die Polizei unterstützen, beispielsweise um Flüchtige zu verfolgen; das liege aber im Ermessen und in der Entscheidungsgewalt der Polizei.

Drohnen können vorbeugend eingesetzt werden, zum Beispiel um zu überprüfen, ob ein Deich durchfeuchtet ist. Eine mit einer Wärmebildkamera ausgestattete Drohne fliege dafür an dem Deich entlang und könne feststellen, ob dieser unterhalb der Grasnarbe unterspült sei, sagt Eisenmann: "Dadurch gefährdet man keine Helfer."

Wie groß der Einsatzbereich des Freisinger Drohnenteams sei, komme auf den Einsatz an. "Oft agieren mehrere Teams gleichzeitig, zum Beispiel bei Hochwasser." Generell operiere man bayernweit, teilweise auch in anderen Bundesländern. Das Freisinger Team war zum Beispiel bei dem Waldbrand in Lübtheen in Mecklenburg-Vorpommern vor einigen Wochen am Einsatz beteiligt. Da das Feuer dort im Bereich eines ehemaligen Truppenübungsplatzes der Bundeswehr wütete, also eine Explosionsgefahr bestand, wurden Drohnen eingesetzt.

Der Münchner Flughafen ist für das Drohnenteam eine "no-fly zone", eine Flugverbotszone. In den Drohnen seien solche Zonen eingespeichert, Ausnahmen müsse man freischalten lassen, erklärt Eisenmann. Auch das Freisinger Krankenhaus gehöre zu diesen Verbotszonen. "Generell muss man viele Regeln einhalten", sagt er. Bei Einsätzen in der Nähe des Flughafens stimme man sich mit dem Tower ab. Es gebe Regeln zur erlaubten Flughöhe und zu Abständen, die auch von der anderen Seite überwacht werden: "Piloten melden Drohnen an den Tower, wenn sie eine sehen."

Die Helfer des THW agieren laut Eisenmann immer in Viererteams, davon betreiben drei die Drohne. Ihre Aufgaben: Kamerasteuerung, Flugbeobachtung, Drohnensteuerung. Eine weitere Person fungiert als Verbindungsperson zum Anforderer. Zwar verfügten die Drohnen über eine Reichweite von bis zu vier Kilometern. "Man muss aber laut Vorschrift in Sichtweite sein." Die Entfernung sei zudem wetter- und ortsabhängig.

Der Flughafen und der Bereich um das Krankenhaus sind für Drohnen Verbotszonen

Der Datenschutz ist ein wichtiges Thema beim Einsatz von Drohnen. Eisenmann: "Gerade bei Rettungseinsätzen ist der Datenschutz höher." Daten würden grundsätzlich verschlüsselt übertragen und nicht per Mail versendet; an einem neuen, noch sichereren System werde gearbeitet: "Wir bauen gerade ein Auswertungsteam auf." Die Daten könnten dann unter anderem vom Landratsamt und der Feuerwehr genutzt werden.

Welchen Mehrwert bringt die Drohne letztlich? Eisenmann: "Hängt vom Einsatz ab." Als Beispiel nennt er ein brennendes Haus: Mittels der Drohne könne das Haus auf sich darin befindliche Personen untersucht werden. "Das erleichtert die Arbeit unheimlich und schützt die Einsatzkräfte." Ein weiteres Beispiel sei der Vorteil der Drohne in der Lokalisierung von Brandherden bei Flächenbränden: "Klar, ein Helikopter kann auch ein Wärmebild erstellen, aber der hat einen unheimlich starken Abwind, der kann das Feuer noch zusätzlich anfachen."

Trotz aller Pionierarbeit sei man momentan aber noch in einer Lernphase, habe kürzlich zum ersten Mal ein Waldgebiet nach einem Brand vermessen. Für manches fehle das Know-how, sagt Eisenmann: "3-D-Modelle können wir heute noch nicht erstellen, das muss noch erprobt und eingesetzt werden."

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SZ vom 14.08.2019
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