Mit der Polarstern in die Antarktis:Kochen im ewigen Eis

ANTARCTICA-GERMANY-SCIENCE-NEUMAYER

Die deutsche Forschungsbasis Neumayer-Station III in der Antarktis (das Bild ist schon einige Jahre alt), dort soll nun Tanguy Doron kochen.

(Foto: AFP)

Der Gastronom Tanguy Doron ist auf dem Weg zu seinem neuen Job in der antarktischen Forschungsstation "Neumayer III". Weihnachten verbringt er auf einem Schiff mit dem schönen Namen "Polarstern".

Von Gabriel Wonn

Das Restaurant "La Petite France", der Fernsehauftritt bei "Rach, der Restauranttester": Tanguy Doron ist vielen Freisingern im Gedächtnis geblieben. Der Gastronom, den es im Anschluss an seine Freisinger Zeit nach Miesbach zog, erlebt momentan das Abenteuer seines Lebens: Seit dem 20. Dezember ist er an Bord der Polarstern, die ihn von Bremerhaven aus bis in die Antarktis bringt. Fernab der Zivilisation wird er dort als Koch in der Forschungsstation "Neumayer III" arbeiten.

Was sich für viele eher bedrohlich anhört, ist für den französischen Bayer die Erfüllung eines Traums: "Die Idee hatte ich schon sehr lange im Kopf. Und dieses Mal habe ich gesagt: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt! Meine Kinder sind erwachsen. Und meine Enkelkinder sind noch sehr klein, die werden mich also noch nicht ganz so sehr vermissen. Auch beruflich passt es absolut."

Straffe Vorbereitung

Mit einer einfachen Zusage auf seine Bewerbung war es in diesem Fall natürlich nicht getan. Doron berichtet von einem "straffen Vorbereitungsprogramm", das ihm als Teil des Forschungsteams vom Arbeitgeber, dem Alfred-Wegener-Institut, auferlegt wurde: "Wir waren in den österreichischen Bergen und haben Rettungsübungen in Gletscherspalten durchgeführt. Wie richtige Alpinisten, so was hatte ich vorher auch noch nie gemacht. Dann gab es noch Brandschutzübungen auf einem Marinestützpunkt in Norddeutschland. Wir wurden auf jede Eventualität so trainiert, dass uns theoretisch nichts passieren kann. Absolutes Überlebenstraining."

Auch das Medizinische kam nicht zu kurz, im Gegenteil: " Ich war zwei Wochen als Assistent im Krankenhaus. Ich habe Narkosen durchgeführt, war im OP-Raum bei Notfalloperationen dabei, habe in der Unfallaufnahme gearbeitet. Sollte was passieren, kann ich also auf der Station wirklich unterstützen. Da kommt es ja auf jede Minute an."

Respekt, aber keine Angst

Tanguy Doron hat Respekt, aber keine Angst. Man sei schließlich nicht das erste Team, das die Forschungsstation besetze, so der Koch. Solange man vor jeder Handlung den Kopf einschalte, jeden Gang nach draußen bei den anderen melde und generell besonnen bleibe, müsse man sich überhaupt keine Gedanken machen.

Mit der Polarstern in die Antarktis: Das Fahren mit der Skidoo will gelernt sein.

Das Fahren mit der Skidoo will gelernt sein.

(Foto: Tanguy Doron/oh)

Aber wie kann man fernab jeglicher menschlicher Niederlassungen überhaupt kochen? Wichtig ist vor allem eine umfangreiche Planung. Für Doron begann die Arbeit daher lange vor der Abreise: "Ich habe eine Liste bekommen, was es jetzt alles dort gibt. Da ist es meine Aufgabe als Koch, zu überblicken, was bislang verbraucht und gekauft worden ist. Dann geht es darum, was ich kochen möchte und welche Möglichkeiten ich habe."

Das ist keine Luxusreise in die Karibik

Der Feinschmecker weiß natürlich, dass er nicht die edle französische Küche zubereiten wird. "Ich arbeite fast ausschließlich mit Tiefkühlprodukten, ob das jetzt Fleisch, Gemüse oder Obst ist. Das geht einfach nicht anders", so Tanguy Doron. Aber: "Wir gehen ja auch nicht auf eine Luxusreise in die Karibik, sondern wir fahren zum Arbeiten da hin. Und was uns da zur Verfügung gestellt wird, ist schon sehr groß und damit werden wir auch glücklich werden."

Die Versorgungslage wird durch die Coronapandemie erschwert. Das Team wird weitestgehend auf frische Produkte verzichten müssen, da die üblichen Lebensmittellieferungen zwischen Kapstadt und der Antarktis ausfallen müssen. Doron kann das nachvollziehen. Ein Ausbruch des Virus auf der Station wäre "katastrophal". Schließlich ist man dort monatelang nur unter sich. Die Forschungsstation "Neumayer III" ist laut Doron in ihrer Abgeschiedenheit wohl weltweit einer der letzten wenigen Orte, an dem man das Virus nur "vom Hörensagen" kennt.

Damit die Krankheit nicht schon von Dorons Team selbst eingeschleppt wird, wurden umfangreiche Vorkehrungen getroffen. Bereits Wochen vor der Abreise wurden alle Teilnehmer nach Bremerhaven gebracht, wo sie jeweils einzeln in einem Hotelzimmer in Quarantäne gelebt haben. Das Essen wurde vor die Tür gestellt, der Transport zum Schiff am Abreisetag erfolgte in einem geschlossenen Bus. Und natürlich wurde zweimal getestet. "Das Positive daran war, wenn der Test negativ war", lacht Doron.

Mit der Polarstern in die Antarktis: Gut ausgestattet gegen die Kälte ist Tanguy Doron.

Gut ausgestattet gegen die Kälte ist Tanguy Doron.

(Foto: oh)

Zu Weihnachten ist der Koch nun bereits weit weg von Familie und Freunden, er feiert das Fest mit seinen Kollegen auf der Polarstern. Insgesamt wird er etwa 14 Monate weg sein. Wehmut kommt aber nicht auf, denn Tanguy Doron war sich von Anfang an darüber im Klaren, worauf er sich einlassen würde: "Wenn ich das nicht in Kauf nehmen würde, hätte ich mich nicht bewerben sollen. Wenn man A sagt, muss man auch B sagen. Ich weiß, dass meine Familie und meine Freunde an mich denken und in Gedanken bei mir sind. Wenn ich zurück bin, werden wir noch viele Weihnachtsfeste oder Geburtstage feiern können."

Und was rät der Gastronom, wenn man spontan eine Idee für ein Feiertagsmenü braucht? "Mit ein paar Zutaten bekommt man immer etwas hin. Das müssen gar nicht immer die edelsten Produkte sein, man kann auch mit einfachen Dingen etwas absolut Schmackhaftes kochen. Der Wille muss da sein und man sollte vielleicht nicht zwei linke Hände haben", sagt Doron augenzwinkernd. Als gut organisierter Koch hat er bereits Weihnachtsmenüs für 2021 in der Forschungsstation im Kopf. Wenn man ein solches Gericht in der Antarktis kochen könne, dann könne das auch zu Hause jeder schaffen, so der Abenteurer. Eine Alternative, die er spontan planenden Freisingern ans Herz legt: Französische Entenbrust mit Rosenkohl und Pommes Duchess.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: