Lokale WirtschaftMit bunten Plastikdruckknöpfen zum Erfolg

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Isabel Machate und Simon Hönnebeck sind Experten für Stoffe und Kurzwaren.
Isabel Machate und Simon Hönnebeck sind Experten für Stoffe und Kurzwaren. (Foto: Marco Einfeldt)

Vor 15 Jahren hat Simon Hönnebeck angefangen, neben seinem Studium sogenannte Kam Snaps im Internet zu verkaufen. Heute betreibt er von Attaching aus den erfolgreichen Online-Versand „Snaply Nähkram“ – und pflegt mit seinen Mitarbeiterinnen eine wachsende Näh-Community.

Von Kerstin Vogel, Freising

Die Maschine sieht aus wie das Werk eines verrückten Erfinders: silbrig glänzend, verschachtelte Röhren, Knöpfe und Trichter. Sie füllt Teile bunter Plastikdruckknöpfe in Tüten. Jeweils vier Elemente ergeben einen der „Kam Snaps“, die Simon Hönnebeck vor 15 Jahren auf Wunsch seiner Mutter aus China mitbrachte und fortan über das Internet verkaufte – erst bei ebay, später über DaWanda. Das Unternehmen „Snaply Nähkram“ war geboren.

Tellerwäscher ist er nicht gewesen, aber Kellner im Kardinal-Döpfner-Haus, als er während seines Studiums zum Gründer wurde, in einer Zeit, in der Start-ups meist eher mit Dotcom zu tun hatten. Zumindest das Klischee von den ersten Firmenräumen in einer Hinterhofgarage erfüllte Hönnebeck fast: Er arbeitete im Keller seines Elternhauses in Au. Die Mutter ist bis heute kreative Beraterin bei Snaply.

Er habe immer Unternehmer werden wollen, sagt Hönnebeck, und die Sache mit den Kam Snaps habe sich rasant entwickelt.  „Wenn man damals auf Facebook in einer Nähgruppe etwas Neues gepostet hat, sind sofort Bestellungen eingelaufen.“ Weil das so gut funktionierte, ging bald der eigene Webshop „www.snaply.de“ online – und Hönnebeck erweiterte sein Sortiment. Zu den Druckknöpfen kamen andere Kurzwaren und Nähzubehör. 2012 zog Snaply aus dem Keller in ein ehemaliges Autohaus in Au, 2015 nahm das Unternehmen Stoffe ins Angebot – während sich das Nähen zu einem „Riesentrend“ entwickelte, so Hönnebeck: „2018/19 wurde vor allem für Kinder viel genäht, dann kam Corona und alle wollten Masken nähen, da wurde bestellt ohne Ende.“

Bis heute laufen die Verpackungsmaschinen für Kam Snap-Druckknöpfe bei „Snaply“ im Lager.
Bis heute laufen die Verpackungsmaschinen für Kam Snap-Druckknöpfe bei „Snaply“ im Lager. (Foto: Marco Einfeldt)

Bei alldem eigentlich immer an seiner Seite: Produktmanagerin Isabel Machate; Hönnebeck sagt auch meist „wir“, wenn er von der Entwicklung seiner Firma erzählt. Und da zeigte die Kurve stetig nach oben. 2020 vergrößerte sich Snaply erneut und zog in einen ehemaligen Baumarkt in Attaching – an einem Wochenende mit 70 Lastwagen, weil man einen Webshop nicht einfach schließen kann. Zwei Stockwerke, 6000 Quadratmeter, es gab also viel Platz für den Versandhandel mit einem Sortiment, das heute 22 000 Stoffe und 38 000 Kurzwaren umfasst.

Reißverschlüsse in allen Farben, Längen und Breiten kann man bei „Snaply“ ebenso bestellen wie ...
Reißverschlüsse in allen Farben, Längen und Breiten kann man bei „Snaply“ ebenso bestellen wie ... (Foto: Marco Einfeldt)
...das Trendmaterial Air Mesh in allen möglichen Farben....
...das Trendmaterial Air Mesh in allen möglichen Farben.... (Foto: Marco Einfeldt)
...oder natürlich Nähgarn in den verschiedensten Varianten.
...oder natürlich Nähgarn in den verschiedensten Varianten. (Foto: Marco Einfeldt)

Wo früher Heimwerker nach Baumaterial suchten, lagern in langen Regalreihen unzählige Stoffrollen, einfarbig oder in aktuellen Mustern, es gibt Ständer mit buntem Garn und 12 000 Varianten von Reißverschlüssen in allen Längen, Breiten und Farben. Das Trendmaterial „Air Mesh“ ist hier zu finden, außerdem Gurt- und Gummibänder, Plastikverschlüsse und Haken – für viele Produkte gibt es bei Snaply ein eigenes Farbschema, damit man alles zueinander passend bestellen kann.

Die Bearbeitung der Bestellungen organisiert eine eigene Firmen-App, um die 50 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen schneiden dafür unter anderem die Stoffe zurecht – in zehn Zentimeter-Schritten, „das unterscheidet uns zum Beispiel von Amazon, das machen die nicht“, sagt Hönnebeck. Die Ware wird dann in Pakete gepackt, jeden Nachmittag kommt DHL und holt sie ab. An diesem Freitag waren es 1200, normalerweise sind es im Schnitt um die 800.

An den Schneidetischen wird die bestellte Ware auf die gewünschte Größe zurecht geschnitten.
An den Schneidetischen wird die bestellte Ware auf die gewünschte Größe zurecht geschnitten. (Foto: Marco Einfeldt)
Anschließend folgt die Verpackung für den Versand.
Anschließend folgt die Verpackung für den Versand. (Foto: Marco Einfeldt)

Doch Snaply war von Anfang an auch immer ein wenig mehr als nur ein Online-Versand. Isabel Machate nennt es eine „Happy Bubble, immer etwas lauschiger als anderswo“.  Schnell hatte Hönnebeck etwa den Wert von Influencerinnen für sein Business erkannt. 2014 erschien erstmals das Snaply Magazin, das seither monatlich kostenlose Schnittmuster für Näh-Fans liefert. Zusammengestellt wird es von einer „Frau Fadenschein“, die Beiträge stammen aber von Nähbloggerinnen. Mit deren Hilfe wird auch das Motto „Näh Dich Happy“ in der wachsenden Snaply-Community gepflegt.

Aktuell folgen Snaply auf Facebook fast 160 000 Menschen, die Gruppe „Snaply Insider“ hat 27 511 Mitglieder, auf Instagram zählt man mehr als 117 000 Follower. Der YouTube-Kanal hat 24 100 Abonnenten und es gibt einen Newsletter. In der Facebook-Gruppe finden sich etwa kostenlose Schnittmuster für einen „Pferdesitzsack, falls sich das Kind Pony wünscht“, auf dem YouTube-Kanal gibt es Anleitungen zum Nähen von Stramplern, Kuscheldecken oder – zuletzt aktuell: Schultüten. Die Bilder für die Social Media-Posts stammen aus dem eigenen Fotostudio in der Attachinger Halle.

Und dann sind da noch die Eigenmarken und „Erfindungen“, die Snaply von der Konkurrenz unterscheiden. Ein bisschen stolz sind Hönnebeck und Machate unter anderem auf „SnapPap“, eine Art waschbares, aber reißfestes Papier in Lederoptik, das Machate vor knapp zehn Jahren auf einem amerikanischen Blog entdeckte und sofort bei Hönnebeck anrief: „Das brauchen wir.“

Seither gehört das in Deutschland gefertigte Material zum Sortiment. Sogar ein Buch mit Ideen für die Verarbeitung des „veganen Leders“ hat der Unternehmer geschrieben. Das darf Snaply aber nicht verkaufen: Es gab eine Abmahnung von der Lederindustrie, weil Leder nicht „vegan“ sein könne und man das Material daher auch nicht so nennen darf. Hönnebeck schüttelt lachend den Kopf.

Isabel Machate hat das „Snap Pap“ auf einem amerikanischen Blog entdeckt. Seither gehört es zum Sortiment des Unternehmens.
Isabel Machate hat das „Snap Pap“ auf einem amerikanischen Blog entdeckt. Seither gehört es zum Sortiment des Unternehmens. (Foto: Marco Einfeldt)
Nähgewichte in Knopfform  sind eine der Erfindungen von „Snaply“.
Nähgewichte in Knopfform  sind eine der Erfindungen von „Snaply“. (Foto: Marco Einfeldt)

Zu den Erfindungen, den „Snaply Wonder Produkten“, gehören ein Reißverschluss-Einfädler, ein Klebebandabroller für Schnittmuster namens „Beppi“  oder Nähgewichte, mit denen Schnittmuster beschwert werden können. Relativ neu im Angebot sind Nähsets für die angesagten Crossbody Bags aus Air Mesh. Das Material wird bereits fertig zugeschnitten geliefert – mit Zubehör aus dem Webshop können die Näherinnen die Taschen personalisieren.

Ein Versuch hat gezeigt: „Einzelhandel ist zu kompliziert.“

Doch so lauschig es bei Snaply auch zugeht – ganz spurlos gehen der Krieg in der Ukraine, die teure Energie und die Konsumzurückhaltung an dem Versandhandel nicht vorbei. 2021 hat man sich auf den französischen Markt gewagt, dort wächst das Unternehmen noch, doch in Deutschland ist Hönnebeck gerade froh, dass er sich mit Snaply hält. Der Markt sei umkämpft, sagt der Unternehmer: „Aber das wird auch wieder anders.“

In so einer Krise hilft, dass Snaply immer eigenfinanziert war und laut Hönnebeck auch immer profitabel. Und so plant er mit Machate für die Zukunft eine Expansion nach Polen, aktuell arbeiten die beiden zudem an einer neuen Eigenmarke – aber die ist noch geheim. Und einen kurzen Ausflug in den Einzelhandel haben sie zwischenzeitlich unternommen: mit einem Pop-up-Store im Fachmarktzentrum nebenan. „Wir haben es versucht“, sagt Hönnebeck lachend: „Aber Einzelhandel ist zu kompliziert.“

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