Einblick ins Stadtmuseum:Biedermeierliche Idylle

Einblick ins Stadtmuseum: Das Münchner Tor an der damaligen Münchner Straße war das prächtigste unter den sechs Freisinger Stadttoren.

Das Münchner Tor an der damaligen Münchner Straße war das prächtigste unter den sechs Freisinger Stadttoren.

(Foto: Christian Willner Photographie; Stadtmuseum)

Der Maler Joseph Carl Cogels hat 1822 das Münchner Tor porträtiert. 1878 wurde es abgerissen.

Von Peter Becker, Freising

"100 Einblicke in das Freisinger Stadtmuseum", so lautet der Titel des 45. Sammelbandes des Historischen Vereins Freising. Er gibt mit ausgewählten Objekten einen Überblick über die vielfältige Sammlung des Stadtmuseums, die mehr als 6000 Objekte aufweist. Die Publikation zeigt einen Querschnitt durch die Freisinger Geschichte von der Steinzeit bis zur Gegenwart. Mit Vorfreude blickt der Historische Verein dem Zeitpunkt der Eröffnung des neuen Stadtmuseums entgegen, in dem diese Fundstücke wieder aus dem Depot ans Licht geholt werden. Einen Vorgeschmack darauf bietet eine Serie der SZ Freising, in der ausgewählte Exponate vorgestellt werden. Heute: das Münchner Tor.

Recht idyllisch hat Joseph Carl Cogels (1785-1831) aus Flandern 1822 das Münchner Tor in Freising porträtiert. Seine "Detailschilderung des Münchner Tors gehört mit zu den wertvollsten graphischen Blättern in der Sammlung des Historischen Vereins Freising", schreibt Günther Lehrmann in der aktuellen Ausgabe des Sammelblatts. Die Rötelzeichnung auf Papier wurde in einem Münchner Antiquariat vor dem Jahr 1937 angekauft. Cogels gehört zum Umkreis der bekannten Repräsentanten der bayerischen Landschaftsmalerei.

Freising hatte einst sechs Stadttore, die alle dem zunehmenden Straßenverkehr in der Stadt geopfert wurden. Einst lag es an der Münchner Straße, die heute Bahnhofstraße heißt. Mit seinen Treppengiebeln, einem aufgemalten Wappen und den gotisch geformten Torgiebeln war es zugleich das schönste. In seiner Geschichte über die Stadt Freising schreibt Johann Baptist Prechtl, dass es Bischof Johann Grünwalder 1452 erbauen ließ. Es soll in der Hauptsache für den Bischof und sein Gefolge bestimmt gewesen sein. Das gewöhnliche Volk musste den Weg durch das sogenannte "Münchner Thörl" am Wörth nehmen. 1878 wurde es abgerissen, damit der Straßenverkehr zwischen der Stadt und dem Bahnhof ungehindert fließen konnte. Lehrmann schreibt, dass als Erinnerungszeichen "für alle Zeiten" eine Gedenktafel mit einer Abbildung des Tors geplant war. In die Tat wurde das Vorhaben nie umgesetzt.

Das kunstvoll in gotischem Stil erbaute Tor sieht nicht aus wie ein Festungswerk

Liebevoll, so Lehrmann, habe Cogels die Details geschildert. Im Vordergrund zeigt er das mit Sträuchern bewachsene Ufer der Moosach. Ein Garten mit Gemüsebeeten ist mit Planken eingegrenzt. Es gibt einen Steg zum Wasserholen. Auf dem Gras liegt zum Trocknen ausgelegte Wäsche. Das benachbarte Torwächterhaus ist mit einem Krüppelwalmdach, einem hohen Kamin und einer holzverschalten Altane versehen. "Eine biedermeierliche Idylle", fasst Lehrmann zusammen. Das durch den Straßenverlauf schräg stehende Tor entspreche mehr einem kunstvollen gotischen Gebäude als einem zur Abschreckung gebauten Festungswerk.

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