Einblick ins Museum:Ehrenbürgerwürde für den "Wachterl"

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Der Freisinger Magistrat hat das kommunalpolitische Engagement von Balthasar von Daller mit einer Ehrenbürgerurkunde bedacht. (Foto: Christian Willner Photographie; Stadtmuseum)

Der Freisinger Balthasar von Daller war ein Spitzenpolitiker seiner Zeit.

Von Peter Becker, Freising

"100 Einblicke in das Freisinger Stadtmuseum", so lautet der Titel des 45. Sammelbandes des Historischen Vereins Freising. Er gibt mit ausgewählten Objekten einen Überblick über die vielfältige Sammlung des Stadtmuseums, die mehr als 6000 Objekte aufweist. Die Publikation zeigt einen Querschnitt durch die Freisinger Geschichte von der Steinzeit bis zur Gegenwart. Mit Vorfreude blickt der Historische Verein der Eröffnung des neuen Stadtmuseums entgegen, wenn diese Fundstücke wieder aus dem Depot ans Licht geholt werden. Einen Vorgeschmack darauf bietet eine Serie der SZ Freising, in der ausgewählte Exponate vorgestellt werden. Heute: Ehrenbürgerurkunde für Dr. Balthasar Ritter von Daller.

An Balthasar Ritter von Daller erinnert heute noch die nach ihm benannte Straße an der Bahn entlang nach Neustift. Gebürtig in Niklasreuth im Leitzachtal durchlief er, wie Günther Lehrmann im aktuellen Beitrag zum Sammelband schreibt, den "klassischen" Lebensweg vieler Geistlicher der Erzdiözese München und Freising. Nach dem Besuch des Knabenseminars sei er ins Priesterseminar eingetreten und habe am Lyzeum Philosophie und Theologie studiert. 1860 erhielt er die Priesterweihe, vier Jahre später war er bereits Professor am Lyzeum. Balthasar von Daller galt unter Studenten und Bürgern als sehr sittenstreng. Wie Hans Gruber in seinem Buch "Historische Freisinger Straßennamen erzählen Stadtgeschichte" schreibt, erhielt er daher den Spitznamen "Wachterl". Der Prälat war zugleich Seelsorger des Klosters Sankt Klara.

Von Daller war aber nicht nur ein geistlicher Herr, sondern auch in der Politik recht engagiert. Landespolitisch als Abgeordneter der Zentrumspartei (1871-1911). Er galt als bayerischer Spitzenpolitiker seiner Zeit. Nach den Wahlen von 1905 und 1907 stand er dem Landtag bis zu seinem Tod als Alterspräsident vor. Als Vertreter des politischen Katholizismus musste von Daller viel Kritik und Häme einstecken. Ludwig Thoma nahm ihn in seinen Filserbriefen aufs Korn. Der Schriftsteller verglich ihn unter anderem mit einem "prähistorischen Rhinozeros", dessen Überreste im Jahr 1905 bei Freising gefunden wurden. Von 1871 bis 1899 war von Daller in der Stadtpolitik aktiv. Gegen den Willen Vieler aus dem Magistrat setzte er die Eingemeindung der "armen" Gemeinde Neustift ins "reiche" Freising durch. Daller starb 1911 und liegt in den Arkaden des Freisinger Friedhofs begraben.

Nach dem Ausscheiden aus dem Magistrat verlieh die Stadt Freising von Daller das Ehrenbürgerrecht. Der Freisinger Maler Friedrich Krippner wurde laut Lehrmann mit der Gestaltung der Urkunde beauftragt. Sie wurde ihm 1900 überreicht. "Die originelle Ausführung zeigt Krippners künstlerisches Talent", schreibt Lehrmann. Die Überschrift "Ehrenbürgerrechts-Urkunde" umrahme ein phantasievolles , plastisch wirkendes Rahmenwerk aus Rocaille-Formen. Stadtwappen und bayerische Rauten sind zu sehen, die von Dallers politische Wirkungskreise symbolisieren.

Krippner hat ebenso Freisinger Stadtansichten in die Rocaillen einfließen lassen, die sich entweder auf das Wirken des Ehrenbürgers oder die Topografie der Stadt beziehen. Oben links ist Weihenstephan zu sehen, rechts der Domberg mit Dom, Lyzeum und Gymnasium, Priesterseminar und Hauskapelle. Darunter befindet sich eine Stadtansicht von Nordosten, mittig das Kloster St. Klara mit der Lourdesgrotte sowie dem 1882 erbautem Waisenhaus. Unten gibt es eine Freising-Ansicht von Südost mit der damaligen Isarbrücke.

Die Urkunde haben der damalige Bürgermeister Stephan Bierner sowie Peter Reill als Vorstand des Magistrats unterzeichnet. Sie gehört zum Altbestand des Stadtmuseums.

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