Ausstellung im Schafhof:Weil alles zusammen gehört, auch der Wolf und das Lamm

Ausstellung im Schafhof: Zipora Rafaelov hat für das Tonnengewölbe im Schafhof in mühevoller Arbeit eine Installation erarbeitet.

Zipora Rafaelov hat für das Tonnengewölbe im Schafhof in mühevoller Arbeit eine Installation erarbeitet.

(Foto: Marco Einfeldt)

Die israelische Künstlerin Zipora Rafaelov stellt ihre Scherenschnitte im Freisinger Künstlerhaus Schafhof aus. Grundlage ihrer Arbeit ist das Alte Testament und ihre Botschaft ist aktueller denn je.

Von Lena Meyer, Freising

Wolf und Lamm. Das eine ein Jäger, das andere die Beute. Für das Lamm verläuft ein Aufeinandertreffen der Parteien oftmals tödlich, eine friedliche Koexistenz ist ausgeschlossen. Das harmonische Zusammenleben von Wolf und Lamm beschreibt daher eine Wunschvorstellung, eine biblische Utopie, die von Frieden und Harmonie unter den Menschen kündet. Und es ist die Grundlage für die Ausstellung "Wolf und Lamm" der israelischen Künstlerin Zipora Rafaelov. Noch bis zum 27. November stellt sie dabei ihre Scherenschnitte im Schafhof aus.

Alles - egal ob ob Mensch, Tier oder Pflanze - ist in den Scherenschnitten durch filigrane, akribische Linien miteinander verbunden und ineinander verwoben. Aus der Pflanze wird ein Gesicht, aus dem Gesicht ein weiterer menschlicher Körper. "Sie zeigt, dass wir alle zusammen gehören", sagt Gründungsdirektorin des neuen Ausstellungshauses "Welt der Versuchungen in Thüringen", Susanne Rockweiler. "Auf der Welt gibt es vieles, was uns beunruhigt, schüttelt und beängstigt", so Rockweiler. Doch Zipora Rafaelov vermittle mit ihrer Kunst Harmonie und Hoffnung. So hofft sie selber, "dass die Menschen friedlich zusammen leben." Für Rafaelov ist Frieden ein besonderes Gut; im Sechstagekrieg 1967 verlor sie ihren Vater.

Mit dem Skalpell gehe ich auf Arbeit

Mit Tusche und Pinsel zeichnet die Künstlerin die Figuren auf Pergament vor. "Dann, in dem Moment, in dem ich fertig bin, schneide ich. Mit dem Skalpell gehe ich auf Arbeit", sagt sie. Dabei entstehen abstrakte Figuren und Formen. Dadurch, dass die Künstlerin ihr Werk während des Schneidens immer wieder drehen muss, verändern sich die Motive. "Ich sehe die Formen nicht mehr", lacht Rafaelov. Sie agiere frei und doch lässt sich eine Harmonie und Ruhe in ihren Scherenschnitten wiederfinden.

Ausstellung im Schafhof: Zipora Rafaelov bei der Vorbereitung ihrer Ausstellung im Schafhof.

Zipora Rafaelov bei der Vorbereitung ihrer Ausstellung im Schafhof.

(Foto: Wolfgang Englmaier (privat)/Bezirk Oberbayern)

Im Schafhof integrierte Rafaelov das bogenförmige Tonnengewölbe in ihre Arbeit und erarbeitete eine Rauminstallation. "Der Raum ist sehr massiv", bemerkt sie und habe seinen "eigenen Charakter." Diesen wollte die Künstlerin hervorheben und spannte sieben Flächen aus feinen Schnüren, die zusammen einen Fächer ergeben. Dieser öffnet sich bei jedem weiteren Schritt in das Gewölbe und offenbart eine Vielzahl filigraner Figuren und akribischer Linien - ihre Schatten werden an die Wände projiziert und wirken wie ein Echo. Fein verästelt lösen sich abstrakte Tiere von den acht Meter langen Flächen - ein Wolf, der beinahe zärtlich zu einem Lamm nach oben sieht.

Die Kunst ist wie ein Tagebuch

Doch auch Pflanzen wie Kakteen schälen sich von dem Fächer, werden bei jedem Schritt deutlicher und zeigen die eigenen Erlebnisse der Künstlerin auf. Rafaelov nennt diese Figuren Tagesgedanken, die Kunst sei wie ein Tagebuch für sie und beinhalte ihre persönlichen Erfahrungen und Erlebnisse. Die Kakteen beispielsweise erinnerten sie an ihre Heimat Israel. Zwei Monate habe sie an der Rauminstallation gearbeitet, erklärt Rafaelov. Teilweise bis in die späten Nachtstunden hinein. Diese Verausgabung sei ein Preis, den sie bereit sei zu zahlen, bemerkt Rafaelov. "Ich bin mit mir selbst im Reinen und das ist das Wichtigste."

Susanne Rockweiler erinnert die Installation an Synapsen, die verschiedene Bereiche und Spektren miteinander verbänden. Die Art der Arbeit fasziniert sie. Wirkt die Kunst auf den ersten Blick abstrakt, so schälen sich nach einer Weile Figuren aus dem Werk. "Man erkennt etwas und begibt sich auf die Suche", sagt Rockweiler. Fasziniert ist sie davon, dass Rafaelov in ihrer "Materialität einen Schritt weiter geht." So verwendet sie kleine Figuren aus Fundstellen, ummantelt diese mit den Fäden eines 3-D-Stifts. In ihrem früheren Leben mochte es vielleicht die Puppe Ken gewesen sein, nun erhält sie recycelt und - bewahrt vor der Müllverbrennung - eine neue Bedeutung. Für Rockweiler haben sie etwas Mahnendes. Sie seien "nicht leicht", sondern von einer "Schwere, Klebrigkeit und Dicke." Es sind diese tieferen Ebenen, die Rafaelovs Kunst so faszinierend macht: jeder weitere Blick offenbart ein weiteres Spektrum.

"Wolf und Lamm", Zipora Rafelov, Schafhof, Am Schafhof 1, bis 27. November, Dienstag bis Samstag 14 bis 19 Uhr, Sonntag und Feiertage 10 bis 19 Uhr.

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