Ein Spaziergang zum Spielplatz an der Finkenstraße in Lerchenfeld mit Kindern der Mittelschule in diesem Freisinger Stadtteil in Begleitung von angehenden Sozialpädagogen: Die Kinder durften das Terrain erforschen und Verbesserungsvorschläge machen, wie denn der Platz besser zu gestalten sei. Oder durch Neustift. Da bemängelten Schülerinnen und Schüler, dass am Steinpark zu wenig Mülleimer aufgestellt seien.
Dies sind Beispiele, wie Kinder und Heranwachsende in Entscheidungen auf kommunalpolitischer Ebene herangeführt werden und schon in jungen Jahren Demokratie einüben können. Solche Projekte sind aber auch Voraussetzung dafür, das Siegel „kinderfreundliche Kommune“ zu erwerben.
Seine Vorhaben und sich selbst hat der Runde Tisch der Kinderbeteiligung im Kulturausschuss des Stadtrats vorgestellt. Gegründet hat er sich im Oktober 2021 aus Anlass der Langen Nacht der Demokratie. Der Runde Tisch lädt etwa Kinder zu der Aktion „Vielfalt im Gepäck“ ein. Die Schülerinnen und Schüler entdecken dann – ausgerüstet mit einem Rucksack voller Zettel, Stifte, Handschuhen und Taschenlampen – ihren Stadtteil. Sie entwickeln Verbesserungsvorschläge oder kritisieren Missstände. Die Ergebnisse werden dann Stadträtinnen und Stadträten vorgetragen.
Birgit Schwaiger von der Stadtjugendpflege betrachtet diese Erlebnis-Rundgänge durch das eigene Stadtviertel als einen frühen Bestandteil, sechs- bis 13-jährige Kinder an das Wesen der Demokratie heranzuführen. Ihr kritisches Denken und ihre Teamfähigkeit würden gefördert. Und bei manchen der Kinder werden möglicherweise früh Führungsqualitäten sichtbar. Auf gesellschaftlicher Ebene würden demokratische Institutionen gestärkt und extremistischen Einstellungen vorgebeugt.
Damit etwa Sichtbares zustande kommt, eignen sich Maßnahmen, die schnell umzusetzen sind. Möglicherweise das Aufstellen einer Bank am Spielplatz oder die Montage von Mülleimern. Denn Kinder und Jugendlichen würden nicht in den Zeitdimensionen von Stadtplanern denken, merkte Sitzungsleiterin Eva Bönig (Grüne) an.
Um das Siegel „kinderfreundliche Stadt“ zu erhalten, müssten Kinderrechte konsequent umgesetzt werden, sagte Sozialpädagogin Meral Meindl. Eine Stadt soll Kinder- und Jugendliche bei der Umsetzung von Maßnahmen beteiligen und einen Aktionsplan entwickeln. Zunächst muss sich ein Gremium für die Bewerbung um das Siegel entscheiden. Es folgen eine Bestandsaufnahme von Angeboten sowie eine Befragung von Kindern und Jugendlichen, die in einem Aktionsplan münden. Diese sind in einem Zeitraum von viereinhalb Jahren umzusetzen.
Das politische Denken muss erst geschult werden
Karl-Heinz Wimmer von der Stadtverwaltung sagte, es habe bereits Überlegungen gegeben, einen Kinderbeauftragten in der Verwaltung zu beschäftigen. Diese Absicht sei aber der aktuellen Finanzlage der Stadt Freising zum Opfer gefallen. Fritz Andresen von der Stadtjugendpflege betonte, dass Kinder und Jugendliche positive Ereignisse miterleben müssten, die sie dann in ihr späteres Leben mitnehmen. Jugendliche hätten oft kein politisches Denken. Das müsse erst geschult werden. Vielleicht finde ja der eine oder andere den Weg in den Jugendstadtrat. Junge Menschen entwickeln ein Gespür dafür, dass Freising ihre Stadt sei, sagte Nico Heitz (Grüne). Von dieser positiven Einstellung könnten alle profitieren.
Birgit Schäfer zog die Bilanz, der Runde Tisch habe seine Sache gut gemacht. „Deshalb müssen wir jetzt noch mehr machen.“ Doch jetzt gehe es darum, dass eine entsprechende Stelle institutionalisiert werde.