Süddeutsche Zeitung

Mobilität:Fahrradkauf erfordert viel Geduld

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Radeln ist in der Corona-Zeit noch populärer geworden, die Händler in Freising leiden aber, wie in anderen Branchen auch, unter extremen Lieferengpässen - besonders schlimm sieht es bei Verschleißteilen aus.

Von Anais Agudo Berbel

Das Fahrradfahren hat in den vergangenen zwei Jahren stark an Popularität gewonnen. Gleichzeitig leiden Fahrradgeschäfte aber, wie viele andere Branchen auch, unter extremen Lieferengpässen. René Kossmehl von "Real-Bike" berichtet, dass beispielsweise die Fahrräder der Frühjahrssaison wegen der langen Lieferzeit erst im Sommer eintreffen würden. Dann sei die Saison aber schon vorbei. Allgemein gebe es jedoch Lieferengpässe in allen Bereichen, auch Zubehör und vor allem Ersatzteile seien nicht ausreichend vorhanden.

Reparaturen können kaum noch ausgeführt werden

"Bei den Verschleißteilen schaut es ganz schlimm aus, davon können wir kaum welche bekommen, weil die meistens direkt in der Produktion für neue Fahrräder verwendet werden", sagt Kossmehl. Auch ein Mitarbeiter der "Bikestation Freising" erzählt, dass sie Reparaturen entweder nur teilweise oder gar nicht ausführen könnten.

Er erklärt auch, dass jedes Fahrradgeschäft mit gewissen Herstellern zusammenarbeite, jeder könne also nur bei bestimmten Lieferanten einkaufen. "Deshalb stellen wir unser Sortiment aus dem zusammen, was wir von den Marken kriegen können". Laut Andreas Wittmann von "Sport Wittmann" sind jedoch alle Radhersteller von den Lieferengpässen gleichermaßen betroffen, da diese teilweise die gleichen Einzelteile verbauen.

"Fahrräder auf Vorrat zu bestellen, ist schwieriger geworden" berichtet Anton Hübsch von "Zweirad Hübsch". Firmen lieferten jedoch schneller, wenn eine konkrete Bestellung für einen Kunden vorliege. Am Anfang seien die Kunden wegen der Lücken im Sortiment unzufrieden gewesen, doch das habe sich schnell wieder gelegt. Auch vor Corona hätten Fahrradgeschäfte ja nicht jedes Modell im Laden gehabt, und die Kundenberatung funktioniere trotzdem. Wittmann sagt, dass Kunden Fahrräder oft "halbblind" bestellen müssten. Wegen der umfassenden Beratung klappe das aber gut. "Im Vorfeld klären wir dann natürlich auch die Wünsche zur Ausstattung und den verschiedenen Komponenten des Rads ab", so Wittmann.

Die Nachfrage ist durch die Pandemie gestiegen

Die Nachfrage bei Fahrrädern ist während der Pandemie gestiegen, durch Reise- und Kontaktbeschränkungen sowie mehrere Lockdowns haben viele Leute begonnen, Fahrradtouren- und Reisen innerhalb Deutschlands zu unternehmen. Dabei seien besonders E-Bikes sehr beliebt geworden, sagt Kossmehl. Laut Hübsch hat man bereits in den vergangenen Jahren eine Steigerung im E-Bike-Bereich feststellen können, Corona habe diese Entwicklung nun noch beschleunigt.

E-Bikes seien aus den gleichen Gründen wie normale Fahrräder von den Lieferengpässen betroffen. Im vergangenen Jahr habe es oft an gängigen Fahrradteilen wie Zahnrädern, Bremsen und Ketten und weniger am elektronischen Zubehör gemangelt. Wie sich das dieses Jahr entwickeln wird, könne er noch nicht abschätzen, sagt Hübsch. "Ich rechne aber damit, dass Dinge wie Akkus lange Lieferzeiten haben werden".

Ums Geschäft mache er sich aber derzeit trotzdem kein Sorgen, sagt Hübsch. Und obwohl Kossmehl glaubt, dass zurzeit kein Fahrradhändler in eine rosige Zukunft schaut, sagt er, dass man erst in drei bis vier Jahren wirklich beurteilen könne, ob große Umsatzeinbußen entstanden seien oder nicht. Wittmann meint, dass durch die hohe Nachfrage die Fahrradläden abgesichert seien. "Man braucht Kunden mit viel Geduld", fügt er noch hinzu. Doch über die Medien seien die Leute gut informiert und wüssten über die Gründe der langen Lieferzeiten Bescheid.

Das Internet ist keine Konkurrenz

Konkurrenz zwischen den Fahrradhändlern in Freising gibt es laut Wittmann nicht wirklich. Schließlich sei jeder Laden mit dem sogenannten Gebietsschutz auf einen Bereich des Radsports spezialisiert. Der Onlinehandel stelle für ihn ebenfalls keine Konkurrenz dar, "viele Werkstätten lehnen online gekaufte Fahrräder bei Reparaturanfragen ab", so Wittmann. Das liege unter anderem daran, dass dadurch ein Mehraufwand für Fahrradhändler entstehe, weil diese sich dann um passende Ersatzteile kümmern müssten. Zudem würden Kunden im Allgemeinen beim Fahrradkauf gerne beraten, da es doch viele verschiedene Komponenten gebe, die auf ihre Wünsche abgestimmt werden müssten.

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Quelle:
SZ vom 15.01.2022
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