Freising:Plan B für Attaching

Den Attachingern reichen die Entschädigungen beim Bau der dritten Start- und Landebahn nicht. Jetzt hat sich ein Anwalt eingeschaltet - und fordert, den ganzen Ort umzusiedeln.

Kerstin Vogel

Noch hat die Klagefrist gegen die Baugenehmigung für die dritte Startbahn nicht begonnen, da spricht die Freisinger CSU bereits von einem "Plan B", den man neben den juristischen Schritten her entwickeln müsse.

Freising: Mit einer dritten Startbahn kommen die Flugzeuge Attaching näher.

Mit einer dritten Startbahn kommen die Flugzeuge Attaching näher.

(Foto: Marco Einfeldt)

Gemeint ist, in Verhandlungen mit den Gesellschaftern Verbesserungen für die betroffenen Bürger zu erreichen. Denn den Attachingern reicht das von der Regierung im Planfeststellungsbeschluss festgesetzte Entschädigungsgebiet bei weitem nicht, wie CSU-Stadtrat Hans Hölzl am Freitag anklingen ließ. Der Anwalt der Attachinger, Eike Schönefelder, fordert sogar, den ganzen Ort abzusiedeln, wenn die Startbahn nicht mehr verhindert werden könne.

Wie berichtet, hatte die Regierung von Oberbayern verfügt, dass statt 35 nun rund 100 Grundstückseigentümer in Attaching anstelle von Schallschutz oder Entschädigungen auch eine Übernahme ihres Grundstücks durch die FMG verlangen können - und zwar zum Verkehrswert von 2007.

"Wir sollen für 270 Euro pro Quadratmeter verkaufen", empört sich Hölzl, "schon in Marzling kostet der Quadratmeter Grund fast 400, in Zolling noch mehr." Mit dem Geld, das die Attachinger für ihr Eigentum bekämen, könne man sich in Landshut oder noch weiter weg etwas kaufen - abgesehen davon, dass die meisten die angebotenen Absiedelungen nicht wollten, so Hölzl

270 Euro pro Quadratmeter - das ist laut Anwalt Eike Schönefelder "was gerade verhandelt wird". Die FMG habe schon vor dem Planfeststellungsbeschluss Kaufangebote unterbreitet - ob das aber der verlangte Verkehrswert von 2007 sei, sei unklar. Nach Ansicht von Schönefelder müsste ohnehin der Preis gezahlt werden, wie er in Attaching gelten würde, wenn es keine Startbahnplanung gegeben hätte. Tatsächlich hat das Raumordnungsverfahren für den Flughafenausbau im Sommer 2007 begonnen, die Debatte um die Startbahnpläne dürfte die Grundstückspreise jedoch schon vorher negativ beeinflusst haben.

Doch selbst wenn sich in Verhandlungen höhere Quadratmeterpreise durchsetzen ließen, ist es für Schönefelder damit nicht getan. Auf die Betroffenen kämen schließlich weitere Belastungen zu, argumentiert er: Umzugskosten, eine notwendige neue Einrichtung in einem neuen Haus und Ähnliches.

Wenn die Attachinger abgesiedelt werden müssten, hätten sie Anspruch auf eine Erstattung, so Schönefelder. Weil sie sich jedoch freiwillig für die Übernahme entscheiden könnten, bestehe dieser Anspruch nicht. Ungerecht, wie der Anwalt findet - aber er denkt ohnehin weiter. Wenn die Gesellschaft der Meinung sei, dass es die Startbahn für die Allgemeinheit brauche, könne man nicht einfach über einen Teil der Gesellschaft "Flugzeuge in 50 bis 80 Metern Höhe hinwegdonnern lassen". Dann müsse man auch das Geld in die Hand nehmen und eine komplette Absiedelung zahlen.

Wie Attaching aussieht, wenn alle, die es können, das Absiedelungsangebot annehmen, das hat der Baujurist der Stadt, Gerhard Koch, für sich schon mal auf einer Karte eingezeichnet. Der gesamte Süden wäre betroffen, sagt er, etwa die Hälfte des Ortes, darunter das Sportplatzgelände, einige Gewerbebetriebe und die Obdachlosenunterkunft der Stadt Freising. Lediglich ganz im Süden würden wohl ein paar Anwesen bewohnt bleiben, denn für die gelte das Absiedelungsangebot irritierenderweise nicht.

Ob die Stadt helfen könnte, eine Umsiedelung von Attachingern beispielsweise auf das Bundeswehrgelände bei Untergartelshausen umzusetzen - wie zuletzt verschiedentlich angedacht - dazu kann Koch nur sagen, dass das Gelände "derzeit nicht für eine Bebauung vorgesehen ist". Es dürfe noch etwa fünf Jahre nur landwirtschaftlich genutzt werden. Natürlich aber müsse sich die Stadt - auch wegen der Ausdehnung des Flughafens - Gedanken machen, in welche Richtung sie sich überhaupt noch entwickeln könne. Viel mehr als der Norden bleibe da nicht mehr - "und wir haben das Areal ja nicht gekauft, damit dort ein Schäfer seine Schafe grasen lassen kann".

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