Heimatforschung:Das Mysterium von Schloss Kaltenberg

Heimatforschung: Diese Darstellung aus dem 19. Jahrhundert zeigt eine Skizze des Schlosses oder der Festung Kaltenberg bei Pallhausen.

Diese Darstellung aus dem 19. Jahrhundert zeigt eine Skizze des Schlosses oder der Festung Kaltenberg bei Pallhausen.

(Foto: Stadtarchiv München, DE-1992-HV-BS-C-04-35)

Ein Adliger hat einst ein Gemälde von einer angeblich verschwundenen Burg bei Pallhausen anfertigen lassen. Lange Zeit hing es in der Giggenhausener Kirche, bis es verschwand. Jetzt hat Heimatforscher Ernst Keller im Bestand des Historischen Vereins von Oberbayern eine Skizze des Bildes entdeckt.

Von Peter Becker, Freising

Ein Mysterium ist in doppelter Hinsicht der Kaltenberg im Freisinger Ortsteil Pallhausen. Dort gehe es nicht mit rechten Dingen zu, weiß die Sage. Ein weiße Frau gehe dort um und erschrecke nächtliche Wanderer. Zum anderen hing lange Zeit in der Kirche St. Stephanus zu Giggenhausen ein Bild, das ein Schloss auf dem Kaltenberg zeigt. Das war plötzlich verschwunden. Im 19. Jahrhundert berichtete der bekannte Pfarrer und Freisinger Heimatforscher Johann Baptist Prechtl davon, dass der Volksmund von einem Schloss auf dem Kaltenberg bei Pallhausen erzähle. Zwei Mal soll es zerstört worden sein, mittlerweile sei noch der Schlossbrunnen zu sehen, im Boden seien die Grundmauern kenntlich. Nur noch wenige Menschen im Dorf wissen aus den Erzählungen ihrer Eltern und Großeltern von dem Gemälde, welches das angeblich verschwundene Schloss zeigt. Der Heimatforscher Ernst Keller aus Fürholzen ist dem Geheimnis der historischen Darstellung ein wenig näher gekommen.

"Ein Bild vom Schloss ist aufgetaucht", sagt Keller. Entdeckt hat er es bei einer Recherche im Bestand des Historischen Vereins von Oberbayern. Die Skizze stammt von einem unbekannten Künstler und trägt den Titel: Pallhausen (Freising), Schloss/Festung Kas(l)tenberg (Skizze nach einem älteren Gemälde". Als Technik, berichtet Keller von seinem Fund, werde "Bleistift und Wasserfarbe" als Trägermaterial "Pauspapier, auf Papier aufgezogen" angegeben. Eine Aufschrift erzählt von einem historischen Ereignis im Mittelalter, wonach die Festung auf dem Kaltenberg im Jahr 1270 gestürmt worden sei. Der Text sei wohl bei einer Renovierung des Originals aus dem Lateinischen übersetzt worden, vermutet Keller.

Der Pfarrer und Heimatforscher Johann Baptist Prechtl (1813 - 1904) mutmaßte, dass es dabei zu einer Verwechslung mit dem Hochschloss Pähl bei Weilheim gekommen sei. "Weil aber von dort eine derartige oder ähnliche Darstellung nicht bekannt ist, gibt es auch für diese These keinen Beweis", urteilt Keller.

Von einem angeblichen Schloss oder einer Burg scheinen noch einige Gräben und Wälle zu zeugen. "Wissenschaftliche Belege von der Existenz der Schlossanlage gibt es leider nicht", bedauert Keller. Wie es bei alten Sagen oft ist, könnte, was die verschwundene Burg anbelangt, darin doch ein Körnchen Wahrheit stecken. So berichtete der Historische Verein von Oberbayern bereits im Jahre 1839 von "Schanzen und Gräber der ehemaligen Burg auf der Anhöhe am Moose", erläutert Keller.

Heimatforschung: Dieses Bild zeigt den Kaltenberg und die Eröffnung der Glöckerlalm am 24. Juli 1949

Dieses Bild zeigt den Kaltenberg und die Eröffnung der Glöckerlalm am 24. Juli 1949

(Foto: Private Postkartensammlung)

Prechtl, der verschiedene Pfarreien im Landkreis betreut hatte, kam 1887 nach Pallhausen, um sich einen Eindruck von der Stätte zu verschaffen, wo das Schloss gestanden haben soll. Bewohnerinnen und Bewohner aus der Umgebung haben ihm erzählt: "Auf dem Kaltenberg bei Pallhausen stand einst ein Schloss. Zweimal ist es im Laufe der Zeit zerstört worden. Heute noch ist der Schlossbrunnen zu sehen und sind die Grundmauern im Boden kenntlich. Wenn man im Erdreich etwas nachgräbt, kommt man auf das Mauergestein." Anscheinend hat sich aber niemand die Mühe für eine genauere Untersuchung gemacht. Das Gelände sei noch nie archäologisch untersucht worden, sagt Keller.

In Deutschland weit verbreitetes Sagenmotiv

Wenn auf dem Kaltenberg gegraben wurde, dann aus einem anderen Grund. In dessen Tiefen soll sich nämlich eine Schatztruhe befinden. Eine weiße Frau soll dort, wo einst das Schloss stand, nächtens auf- und abwandeln. Einmal habe sie einen Mann angewiesen, näher zu kommen und eine Kiste zu öffnen. Den Schlüssel dazu finde er im Maul eines schwarzen Hundes, der diese bewache. Vor diesem brauche er keine Angst haben, er könne ihm nichts tun. Als der Mann den Schlüssel zum dritten Mal umdrehte, soll ihn der Hund angesprungen haben. Er erschrak, die Kiste glitt ihm aus den Händen, fiel in einen Brunnenschacht und versank im Berg. Dort soll sie noch heute liegen. Dabei handelt es sich um ein Sagenmotiv, das in Deutschland weit verbreitet ist.

Josef Wenzl, der ersten Bodendenkmalpfleger des damaligen Bezirksamts Freising verschaffte sich 1904 und 1908 einen Überblick über den Kaltenberg. Wie Prechtl kam er zu dem Schluss, dass es sich um Wälle und Gräben handele, die zum Schutz der einstigen Bevölkerung geschaffen wurden.

Laut Keller lebte bei Pallhausen ein gewisser Vinzenz Pall. Dabei handele es sich um einen gebürtigen Freisinger. Der am 22. Januar 1759 geborene Sohn eines Seilers war wegen seiner außerordentlichen Leistungen auf dem Gebiet "vaterländischer Geschichtsforschung" zum ordentlichen Mitglied der Akademie der Wissenschaften ernannt worden. Der bayerische Beamte, Archivar und Historiker verfasste mehrere geschichtliche Lehr- und Lesebücher. 1790 wurde er in den Reichsadelsstand erhoben und erhielt das Prädikat "Edler von Pallhausen".

Ein Gemälde "von Schloß und Vestung"

Prechtl vermutete, erläutert Keller, dass Pall aus Anlass seiner Verleihung des Adelstitels den Auftrag erteilt habe, ein Gemälde "von Schloß und Vestung Kas(l)tenberg nägst Pallhausen Gerichts Kranzberg" anzufertigen - jenes Bild, das bis zu seinem Verschwinden in der Giggenhausener Kirche hing.

Heimatforschung: Das Bild zeigt die Ruine der Glöckerlalm, einst ein beliebtes Ausflugsziel.

Das Bild zeigt die Ruine der Glöckerlalm, einst ein beliebtes Ausflugsziel.

(Foto: Privat)

Die Geheimnisse um das Schloss und das Gemälde bleiben. Die Ruinen, die noch auf dem Kaltenberg zu sehen sind, haben nichts mit einer Burg zu tun. Dabei handelt es sich um die Überreste der "Glöckerlalm". Die war von den Vierziger- bis in die Fünfzigerjahre ein beliebtes Ausflugsziel gewesen. An Sonntagen hatten sich dort an die 1000 Menschen getroffen. Warum diese Gaststätte aufgegeben wurde, ist unbekannt.

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