Ultrafeinstaub um den Münchner Flughafen:Jetzt misst sogar der Freistaat mit

Ultrafeinstaub um den Münchner Flughafen: Landrat Petz (l.) hat Landtagsabgeordnete, Umweltminister Glauber (3.v.r.), Bürgermeister und Bürgerverein zum Start der UVP-Messungen eingeladen.

Landrat Petz (l.) hat Landtagsabgeordnete, Umweltminister Glauber (3.v.r.), Bürgermeister und Bürgerverein zum Start der UVP-Messungen eingeladen.

(Foto: Marco Einfeldt)

Mit Messanlagen auf Freisinger und Hallbergmooser Gebiet will der Bürgerverein zusammen mit der Uni Bayreuth und dem Helmholtz Zentrum Ultrafeinstaub auf die Spur kommen. Das Umweltministerium sitzt mit im Boot.

Von Alexandra Vettori, Neufahrn

Eine geschlagene halbe Stunde hat der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) am Mittwochmittag die im sonnigen Pfarrgarten von Massenhausen Versammelten warten lassen. Dann aber gab er den Anstoß zu einem von mehreren Rednern angekündigten "Quantensprung": Unter Mitwirkung der Landesregierung wird künftig als gesundheitsschädlich vermuteter Ultrafeinstaub (UFP) gemessen, also winzig kleine Partikel, für die es Deutschland- und EU-weit noch nicht einmal Grenzwerte gibt.

Zu verdanken ist das, da wurde Neufahrns Bürgermeister Franz Heilmeier (Grüne), zu dessen Gemeinde das kleine Massenhausen am Rande einer Einflugschneise gehört, deutlich, dem Bürgerverein Freising. Der nämlich misst, ehrenamtlich, schon seit 2015 Ultrafeinstaub und hat dafür, so Heilmeier, eine "jahrelange Kultur der Missachtung und Lächerlichmachung" erdulden müssen. 2017 nahmen Hallbergmoos, Neufahrn und Wartenberg im Landkreis Erding den Ball auf und beteiligten sich mit eigenen Messgeräten. "Man kann Ihnen gar nicht genug für Ihre Hartnäckigkeit und Ihren Einsatz danken", sagte der Neufahrner Bürgermeister an die Adresse der Vertreter des Bürgervereins. Am Frankfurter Flughafen, fügte er noch an, sei man weiter, da gebe es seit Jahren ein UFP-Messsystem. Heilmeier hoffte, dass sich der Blickwinkel nun ändere, da ja die bayerische Regierung beteiligt sei, deren Finanzminister Aufsichtsratsvorsitzender der Flughafen München Gesellschaft (FMG) ist.

Dass dem Betreiber des Flughafens ein neuer Blickwinkel gut ankäme, machte der Freisinger Landrat Helmut Petz (Freie Wähler) deutlich, der zu dem Treffen eingeladen hatte. Gerne nämlich hätte man wegen der Vergleichbarkeit die Messungen am Flughafen an den dortigen Stationen durchgeführt. Die FMG aber habe das "aus grundsätzlichen Erwägungen" abgelehnt, so Petz. Er erinnerte sich an eine Wahlkampfveranstaltung in Neufahrn mit Parteikollegen Thorsten Glauber, als dieser die im Flughafenumfeld schon lange geforderten UFP-Messungen versprochen habe, allerdings erst für Ende des Jahres.

Ausnutzen, dass nur wenige Flugzeuge unterwegs sind

Jetzt aber, so Petz, habe man "die historisch anmutende Situation", dass Corona-bedingt kaum Flieger unterwegs seien, einfach nützen müssen, wegen des Vorher-Nachher-Effektes. Dass es doch so lange gedauert hat und das Flugaufkommen längst wieder steigt, erklärte er mit diversen zu lösenden Problemen. Ohne den Bürgerverein jedenfalls, lobte auch er, "hätten wir das nie und nimmer in der Geschwindigkeit auf die Beine gestellt".

Dass in Zukunft keiner mehr sagen kann, die Messungen seien ungenau und fragwürdig, dafür sorgen von nun an die weiteren Partner, die Universität Bayreuth und das Helmholtz Zentrum München. Anke Nölscher, Professorin für atmosphärische Chemie in Bayreuth, erklärte, wie man den Ultrafeinstaubpartikeln mit ihrem Durchmesser von gerade dem Fünfhundertstel eines Haares auf die Spur zu kommen gedenkt. Man errichtet zwei Messstationen nahe des Flughafens auf Freisinger und Hallbergmooser Gebiet, analysiert diese hochqualitativ unter Bezug auf diverse Parameter, darunter natürlich die Windrichtung, und vergleicht die Werte mit weiteren Messungen in Bayern. Ultrafeinstaubpartikel, erklärte Nölscher, entstünden sogar an Bäumen, vor allem aber Menschen-gemacht durch Auto- und Flugverkehr und sogar im Toaster. "Die große Kunst wird sein, heraus zu finden, woher sie kommen", kündigte die Professorin an. Mittels chemischer Analyse ergebe sich eine Art Fingerabdruck der Teilchen.

Für Umweltminister Glauber war es, so betonte er, "völlig klar, dass wir Euch da nicht allein lassen und das Thema Ultrafeinstaub aufgreifen". Allerdings erinnerte er daran, dass man noch ganz am Anfang stehe: "Wir wissen ja noch gar nicht, was bedeuten UFP für Umwelt und Gesundheit." Irgendwann aber wird es wissenschaftliche Aussagen dazu geben, ob die winzigen Teilchen wie vermutet, weit in die menschliche Lunge eindringen und dort Schäden anrichten. Und dann werden wohl auch Grenzwerte kommen.

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