Triathlon-Star in NeufahrnDie Sportlegende und die Kinder

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Jan Frodeno hat seine aktive Karriere 2023 beendet. Bei den Olympischen Spielen tritt er jetzt erstmals als Kommentator auf.
Jan Frodeno hat seine aktive Karriere 2023 beendet. Bei den Olympischen Spielen tritt er jetzt erstmals als Kommentator auf. (Foto: Marco Einfeldt)

Der Triathlon-Olympiasieger Jan Frodeno hat in Neufahrn die Seepferdchen-Abzeichen überreicht. Er bedauert, dass immer weniger Kinder schwimmen können, das sei „der Albtraum jedes Elternteils“. Er selbst habe es erst mit 15 Jahren richtig gelernt.

Von Francesca Polistina, Neufahrn

Der große Moment kommt nach etwa einer Stunde Schwimmparty: Die Kinder werden eingesammelt, in Handtücher gewickelt, immer wieder rennt einer weg, alles wie erwartet, Kinder eben. Kiiiiinder, hört man zwischen einem Lied und dem anderen, bis die Musik ausgeschaltet wird. Dann wird es ernst, nach zwei Wochen Intensivkurs sollen die Seepferdchen-Abzeichen endlich verliehen werden. Und als ob das nicht genug wäre für die Familienerinnerungen: von einem ganz besonderen Gast.

Jan Frodeno steht also da am Schwimmbeckenrand, mit seinen 1,94 Metern ist er fast doppelt so groß wie die Kinder. Nein, reinspringen wird er an diesem Mittwochnachmittag nicht, obwohl er es in seinem Leben mehr als oft getan hat. Triathlon- und Ironman-Enthusiasten werden beim Namen Frodeno hellhörig, für alle anderen hier eine kurze Zusammenfassung seiner Vita: Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Peking 2008, drei Weltmeistertitel beim Ironman Hawaii, dem ältesten und bekanntesten Langdistanz-Triathlon der Welt, etliche weitere Auszeichnungen.

Nach seinem letzten Rennen im September wurde Frodeno beim Deutschen Sportpresseball als „Legende des Sports 2023“ geehrt. Nun genießt er sein zweites Leben, also das Leben nach Karriereende: Er widmet sich Buchprojekten (gerade ist ein Bildband erschienen mit dem Titel „Till I Collapse“, entlehnt aus dem gleichnamigen Song vom Rapper Eminem), macht bei Werbekampagnen mit und sensibilisiert für die Wichtigkeit des Schwimmenlernens.

„Wir als Gesellschaft wollen uns das anscheinend nicht leisten“

Wie eben am Mittwoch in Neufahrn bei Freising, genauer gesagt im Ortsteil Mintraching. Dort befindet sich der Flagshipstore des Poolherstellers Desjoyaux, der den 42-jährigen Frodeno als Schirmherr einer Aktion für Kinder geholt hat. „Das Thema liegt mir am Herzen“, sagt der Top-Athlet kurz vor der Seepferdchen-Übergabe. Dann posiert er für ein Gruppenfoto, gibt den Kleinen den High Five, unterhält sich mit den anwesenden Eltern, bevor die Kinder schnell wieder zu den aufblasbaren Flamingos verschwinden.

Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) hat sich die Zahl der Nichtschwimmer im Grundschulalter binnen fünf Jahren verdoppelt; jedes fünfte Kind zwischen sechs und zehn Jahren konnte 2022 nicht schwimmen. Das hat verschiedene Gründe: Immer mehr Schwimmbäder schließen, die Schwimmkurse sind teuer, die Wartelisten lang. „Wir als Gesellschaft wollen uns das anscheinend nicht leisten“, bedauert Frodeno.

Olympiasieger Jan Frodeno überreicht Seepferdchen-Abzeichen an die Kinder. Er ist selbst zweifacher Vater.
Olympiasieger Jan Frodeno überreicht Seepferdchen-Abzeichen an die Kinder. Er ist selbst zweifacher Vater. (Foto: Marco Einfeldt)

Schade ist das nicht nur für die Kinder, die im Wasser viel Spaß haben, sondern es ist auch ein großes Sicherheitsproblem. „Der Albtraum jedes Elternteils“, nennt es Frodeno, der nicht nur offizielle Sportlegende, sondern auch zweifacher Vater ist. Seine Frau ist die australische Triathletin und ebenfalls Olympiasiegerin Emma Frodeno; bei ihren Kindern ist das Schwimmen quasi in der DNA fest verankert. Das erste Mal, dass er mit den Kindern ins Wasser gegangen ist, waren die Kleinen etwa vier Wochen alt. „Oder vielleicht waren es auch nur zwei“, lacht er.

In Paris wird Frodeno für das ZDF kommentieren

Das Gleiche kann er von sich selbst nicht behaupten. Als er das Schwimmen richtig lernte, war Frodeno 15 Jahre alt. „Ich konnte surfen, bevor ich schwimmen konnte, und das fand meine Mutter nicht so toll“, erzählt der in Köln geborene und in Südafrika aufgewachsene Athlet. Nun, die damaligen Sorgen der Mutter sind verständlich. Gleichzeitig ist das der Beweis dafür, dass der alte Spruch „besser spät als nie“ immer noch seine Gültigkeit hat. Ob er sich wünscht, dass seine Kinder in die Fußstapfen von Mama und Papa treten und in eine Triathlon-Karriere einsteigen werden? „Ich würde mir wünschen, dass sie ihre Füße in etwas anderem finden“, sagt er. Natürlich sollen sie das machen, worauf sie Lust haben. „Aber zu Hause habe ich auch ein Klavier hingestellt“, lacht er. Man weiß ja nie.

Am 26. Juli werden die Olympischen Spiele in Paris eröffnet, auch Jan Frodeno wird dabei sein. Zum ersten Mal nicht als Sportler, sondern als ZDF-Experte bei den Triathlon-Rennen. „Die Träume der Athleten mitzuverfolgen, das Drama der Qualifikationen mitzuerleben, das finde ich faszinierend“, sagt der zukünftige TV-Kommentator. Natürlich sei er sehr gespannt, Triathlon sei eh immer ein „großes Fest“.

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