Süddeutsche Zeitung

Neue Schulen im Freisinger Steinpark:Beim Lernen ins Grüne schauen

22 500 Kubikmeter Beton, etwa 2500 Tonnen Stahl, 105 Kilometer Rohr- und 1400 Kilometer Elektroleitungen sind für die neuen Schulen im Steinpark bis jetzt verlegt worden. Im September 2022 sollen sie eröffnet werden.

Von Kerstin Vogel, Freising

Das Spektakulärste wird am Ende kaum noch jemand zu sehen bekommen: Steht man auf dem Dach der neuen Schulen im Steinpark, eröffnet sich ein atemraubender Ausblick über die Stadt - von Neustift mit dem Turm von St. Peter & Paul im Osten über den Münchner Flughafen in der Ferne, davor die Lerchenfelder Kirche, etwas weiter rechts Weihenstephan und der Turm von St. Georg. Im Norden markiert der Bannwald undurchdringlich grün die Stadtgrenze.

Hier, in dem neuen Freisinger Stadtviertel auf dem früheren Gelände der Steinkaserne, haben Arbeiter seit dem Startschuss 2019 einen beeindruckenden Rohbau emporgezogen, auf dem Dach allerdings ist bislang nur Kies und ein bisschen Grün vorgesehen, eine Fotovoltaikanlage könnte später folgen. Grund- und Mittelschule für die Kinder und Jugendlichen aus dem Norden der Stadt nähern sich hier langsam aber sicher ihrer Vollendung - Arbeiten am Dach und der Fassade laufen seit Jahresbeginn und auch mit dem Innenausbau wurde begonnen. Wie die Fassade einmal aussehen wird, können Interessierte am nördlichen Ende des Gebäudes sehen, hier steht ein sogenanntes "Mock-up" mit den vorgesehenen Materialien, das einen Eindruck von der künftigen Optik gibt. Auch von der "Raumbildung in der Mitte des Steinparks" kann man sich hier schon einmal überzeugen, wie Arnd Rudolph (Geschäftsführer Fuchs und Rudolph Architekten) erläutert.

Der beeindruckende Neubau mit seiner 130 Meter langen Fassade entlang der Weinmiller-Straße wirke trotz seiner enormen Masse nicht wie ein Fremdkörper, sagt der Architekt weiter. Zum einen wegen des aufwändig sanierten alten Stabsgebäudes gegenüber - aber auch, weil der wertvolle alte Baumbestand auf dem Grundstück weitgehend erhalten wurde, die neue Schule also bereits im Grünen steht. Freisings Stadtbaumeisterin Barbara Schelle ist glücklich, dass ihr Kampf um die alten Bäume erfolgreich war, auch wenn sie einräumt, dass das "nicht ganz einfach ist, mit Bäumen so direkt an einer Baugrube". Dafür fliegen hier nachts auch weiterhin die Fledermäuse, wie sie sagt und die Schülerinnen und Schüler der neuen Schulen werden aus den hellen Klassen und Clusterräumen von Anfang an ins Grüne blicken. Noch ist in der Eingangshalle die Decke mit Holz verschalt, in Zukunft wird das Tageslicht durch ein Glasdach einfallen, die großen Fenster im gesamten Gebäude tun ein übriges für den hellen, freundlichen Eindruck, der sich auch im Rohbau bereits vermittelt.

Dass man bislang Zeit- und Kostenrahmen - immerhin 71 Millionen Euro - hat einhalten können, darauf sind die Verantwortlichen ein bisschen stolz. Denn natürlich hat Corona auch hier enorme Schwierigkeiten verursacht, wie Bauleiter Anton Rudolph am Dienstag bei einer Führung erklärt. Durch "Umstrukturierungen" habe man auf Kurs bleiben können, berichtet er weiter, "gleichwohl sehen wir schwarze Wolken am Horizont". Laut Rudolph drohen Pandemie-bedingte Lieferschwierigkeiten, die beispielsweise die noch einzubauende Fußbodenheizung betreffen könnten. Dass er hier von einer möglicherweise anstehenden "Apokalypse" spricht, halten die Vertreter der Stadtverwaltung allerdings ein bisschen für übertrieben.

Schon eher einverstanden sind sie mit der Formulierung, dass man bis jetzt eben "das Glück des Tüchtigen" gehabt habe - und auch von den Zahlen, die der Bauleiter vorlegt, ist die ganze Entourage an diesem Nachmittag beeindruckt. So wurden beispielsweise bereits 22 500 Kubikmeter Beton und etwa 2500 Tonnen Stahl verarbeitet, 105 Kilometer Rohr- und 1400 Kilometer Elektroleitungen verlegt. Rudolph hat diese Massen-Zahlen spaßeshalber mit dem Bau von Einfamilienhäusern verglichen: "Bezogen auf die etwa 150 Wochen Bauzeit haben wir quasi pro Woche ein Einfamilienhaus schlüsselfertig erstellt", rechnet er vor.

An die Eingangshalle wird künftig der Bereich für die Verwaltung der beiden Schulen anschließen, Richtung Norden führt eine gut sechs Meter breite Treppe in den Trakt der Grundschule mit seinen flexibel nutzbaren Klassenzimmern. Auch hier oben dominieren große Fensterflächen, mit breiten Fensterbänken. "Wenn wir damals schon solche Schulen gehabt hätten", schwärmt Bauleiter Rudolph.

Die Schränke für die Kinder und andere Einrichtungsgegenstände muss man sich noch vorstellen, die Installationen und Trennwände in den Toilettenanlagen der Grundschüler dagegen sind schon fertig. Links von der Treppe geht es zur Küche und zur Mensa, die von beiden Schulen genutzt werden und auch die riesige Lüftungsanlage die im Dämmerlicht des Kellers unheimlich glänzt, wird in allen Teilen des Neubaus für gute Luft sorgen. Außerdem versorgt sie die angrenzende neue Dreifachturnhalle, die anders als ursprünglich geplant nicht allein dem Schulsport dienen wird, sondern auch von den Freisinger Vereinen genutzt werden kann. Sogar eine kleine Tribüne und einen kleinen Kiosk wird es hier geben.

Unter anderem, um diese zusätzliche Nutzung zu verhindern, hatten Anwohner in dem neuen Viertel der Stadt zwischenzeitlich sogar ihre Anwälte vorbei geschickt - am Ende allerdings vergeblich. Man ist optimistisch, den Eröffnungstermin in der zweiten Jahreshälfte 2022 halten zu können. Freisings Bürgermeisterin Eva Bönig freut sich darauf schon deshalb, weil sie am Eröffnungstag vielleicht mit ihrer Enkelin kommen wird, sie selber in offizieller Funktion, das Mädel, weil das sein erster Schultag sein wird.

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SZ vom 09.06.2021
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