Freisinger "Nachtcafé":Euphorie auf der Tanzfläche

FREISING: Wieder-Eröffnung Club / Diskothek Nachtcafe

Freisings Partyvolk jubelt, das Nachtcafe hat seit vergangenem Freitag wieder auf.

(Foto: Johannes Simon)

Am Freitag öffnet Freisings Disco, das "Nachtcafé", zum ersten Mal seit 18 Monaten wieder seine Türen. Die Gäste kommen in Scharen und genießen, was so lange nicht möglich war.

Von Charline Schreiber, Freising

Die Clubs in Deutschland haben wieder geöffnet, seit 1. Oktober strömen die Menschen auch wieder in Bayerns Discos. Vergangenen Freitag hat Freisings Nachtclub, das Nachtcafé in der Luitpoldanlage, nach 18 Monaten Stillstand wieder Partygäste empfangen.

Die Musik dröhnt nach draußen, beschallt die 30 Meter lange Warteschlange vor dem Eingang. Dort vermischt sie sich mit dem Stimmengewirr, Hände umklammern halb ausgetrunkene Bier- und Weißweinflaschen, gespannte Erwartung liegt in der Luft. Es ist 21 Uhr, Freitag, 8. Oktober. Man sieht den wartenden Clubgästen die Besonderheit des Abends an - gestylte Haare, Hemden, glänzende Hosen und goldene Jacken, Freisings Nachtschwärmer haben sich schic gemacht.

FREISING: Wieder-Eröffnung Club / Diskothek Nachtcafe

Akribisch werden am Eingang die Personalien und der Impf- oder Teststatus kontrolliert.

(Foto: Johannes Simon)

Vor dem Vergnügen kommt die Kontrolle

An der Schwelle zwischen freiem Himmel und Club kramen die Menschen nach ihren Smartphones. Denn um den Einlass möglichst unkompliziert zu machen, hat Clubbetreiber Max Riemensperger dazu aufgerufen, sich online vorab einmalig zu registrieren. In ein Kontaktformular gibt der Gast vor dem Besuch seine persönlichen Daten ein, so, wie er es in den vergangenen 18 Monaten hunderte Male irgendwo gemacht hat. Vorname, Nachname, Wohnadresse und E-Mail-Adresse - und ein Bild vom Impf- oder Genesenennachweis oder einem aktuellen PCR-Test. Nachdem die Daten validiert wurden, erhält der Gast einen QR-Code, der auch für zukünftige Abende im Nachtcafé gültig ist und einen schnellen Einlass gewährt. Türsteher Christian Sommer prüft die Ausweise beim Einlass ganz genau. Sein Blick fällt im Wechsel auf die Daten des Ausweises und das Gesicht seines Gegenübers. Erst dann lässt Sommer die Gäste zur Kasse. Fünf Euro kostet der Eintritt, im Gegenzug gibt es einen "nachtcafé. dein club."-Stempel auf das Handgelenk.

FREISING: Wieder-Eröffnung Club / Diskothek Nachtcafe

DJ Skiller heizt den ausgehungerten Nachtschwärmern auf der Tanzfläche ein.

(Foto: Johannes Simon)

"Uns ist die Musik fast zu leise", sagt Corinna um kurz vor halb zehn - sie hat das Nachtcafé gerade betreten. Corinna kann beruhigt sein, die Musik wird an diesem Abend noch lauter werden. So laut, dass sie sich mit ihrer Freundin Stephanie nur noch unterhalten kann, wenn sie ihren Mund ganz nah an deren Ohr bewegt. Die Stimmung ist ausgelassen. Die Musik pulsiert im Brustkorb, unter den Schuhsohlen und schlägt gegen das Trommelfell. Es ist ein ungewohntes Gefühl. Die Partygäste nehmen den ganzen verfügbaren Raum des Nachtcafés ein, drängeln sich zwischen den Körpern durch auf die rot-leuchtende Tanzfläche. Es riecht süßlich, nach Energy-Drinks und Schweiß. Je später der Abend, desto verbrauchter wird auch die Luft, den Tanzenden ist das egal, sie tanzen - die Augen geschlossen und den Kopf in den Nacken gelegt. Die Menschenmasse teilt ein Gefühl: Euphorie.

Die Vorfreude war riesig

"Ich konnte mich heute den ganzen Tag nicht auf das Arbeiten konzentrieren, weil ich mich so auf diesen Abend gefreut habe", erzählt Nachtcafé-Stammgast Luis strahlend. Er ist zusammen mit seinem Freund Alex zum Feiern gekommen. "Endlich wieder im Wohnzimmer", sagen sie, ein Satz, der unter Stammgästen in dieser Nacht noch häufiger fallen wird.

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Alle genießen, was so lange nicht möglich war.

(Foto: Johannes Simon)

Der lang vermisste Besuch im Club wird zelebriert, auch bei Gast Benedikt. Er lehnt an einem Tisch, auf dem ein Kühler steht. Energy-Drinks und eine Wodka Flasche liegen darin auf schmelzenden Eiswürfeln. 70 Euro haben die Getränke Benedikt und seine Freunde Kevin und Nico gekostet. "Zur Feier des Tages", ruft Kevin und nimmt einen Schluck aus seinem Glas. Es ist das erste Mal, dass sie seit Beginn der Pandemie wieder einen Club betreten. Und auch das erste Mal, dass sie im Nachtcafé feiern. "Es ist noch besser als erwartet", betont Benedikt. Er habe das Feiern in Clubs vermisst. Währenddessen mixen hinter der Theke drei Barkeeperinnen im Akkord Getränke, bewegen sich im Zick-Zack hin und her. Der Schweiß steht ihnen auf der Stirn, aber das kinästhetische Gedächtnis scheint sich an die Bewegungen von vor 18 Monaten genau zu erinnern.

Auch Klubbesitzer Max Riemensperger ist glücklich

Auch Klubbesitzer Max Riemensperger bewegt sich wieder in einem Element, in dem er sich wohl fühlt. Monatelang hat der 57-Jährige auf den Startschuss gewartet, wochenlang immer wieder Reparaturen im Nachtcafé vorgenommen, tagelang die letzten Vorbereitungen getätigt. Seit 36 Jahren ist Riemensperger im Geschäft. Begonnen habe alles in Neufahrn mit seinem "Studio 54". Das Nachtcafé sei sein bisher kleinster Nachtclub, sagt er, aber der Laden liege ihm am Herzen. "Ich liebe, was ich hier mache", seine Stimme klingt beschwingt. Riemensperger wirkt entspannt, fast losgelöst. Die letzten Wochen seien anstrengend gewesen. "Wir machen hier wirklich viel. Es soll für die Gäste einfach attraktiv bleiben", erklärt er und fügt hinzu: "Und dass heute so viele Leute gekommen sind, das ist einfach genial." Bei der Ansprache an das Personal, kurz bevor die Musik anging und sich die Türen öffneten, sei eine besondere Energie zu spüren gewesen. Einen Schlachtruf habe es nicht gegeben, sagt er, aber es wurde laut geklatscht. Eine Eloge an das Team.

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Viele Besucherinnen und auch ein paar Besucher hatten sich für das Re-Opening in Schale geworfen.

(Foto: Johannes Simon)

Ganz entfliehen können die Gäste der Corona-Pandemie auch in langen Klubnächten nicht, aber die Gedanken frei machen, sie vergessen, wenigstens für die Stunden der Nacht. Und egal, wie hoch die Arme zur Musik in die Luft geworfen werden - die Decke, die den Menschen während der Lockdowns so tief auf den Kopf gesunken war, hängt wieder ein bisschen höher. In dieser Freitagnacht im Nachtcafé ist sie nicht mehr zu berühren.

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