Freisinger Band-Geschichten:Schein: "Spiel Funkmusik, du Weißbrot"

Schein

Die achtköpfige Formation "Schein" hat von 1999 bis 2011 in Freising und darüber hinaus für Furore gesorgt.

(Foto: oh)

Die Band Schein hat die Musikszene zwölf Jahre lang auf den Kopf gestellt - egal ob vor acht Zuschauern oder vor tausenden Fans.

Von Florian Beck, Freising

Sie heißen Eukalyptus, Schlagzeile, Wurff, Tutti Bandi oder Anabasis. Freising hat seit den Siebzigerjahren einige Bands hervorgebracht, die sich auch überregional einen gewissen Bekanntheitsgrad erspielt haben. Was ist aus den Helden von einst geworden? An was erinnern sich die Fans? In einer kleinen Serie geht die Freisinger SZ diesen Fragen nach.

"Okay, wir hier auf der Bühne sind zu acht und ihr da unten seid auch zu acht, also lasst uns zusammen ein bisschen Spaß haben!" So haben einige der "lustigsten Abende" in Thomas Sedlmeiers Zeit mit Schein angefangen, wie sich der 36-Jährige lächelnd erinnert. Schein war eine Freisinger Band, bei der Sedlmeier Gitarre spielte und die von 1999 bis 2011 die Freisinger Musiklandschaft gehörig auf den Kopf stellte. Sie spielte mit ihrem funkigen Sound zahlreiche Konzerte vor mal großem, mal eben auch etwas weniger großem Publikum, dafür teils sogar in Österreich und der Schweiz.

"Peppers-mäßiger Funksound mit Bläsern und deutschen Texten"

Gegründet wurden Schein, die ihren Sound einmal in Anlehnung an die kalifornische Band Red Hot Chili Peppers als "Peppers-mäßigen Funksound mit Bläsern und deutschen Texten" beschrieben, kurz vor der Jahrtausendwende von Sänger und Gitarrist Georg Müller, Schlagzeuger Stephan Treutter und Bassist Martin Wildfeuer. "Jeder von uns hatte davor schon kleine musikalische Projekte laufen, mit ein paar Freunden im Keller oder so", erinnert sich Treutter. Dass dann die drei Jungs von Schein, die zu der Zeit noch zusammen die Schulbank drückten, auch gemeinsam im Proberaum landeten, war quasi nur eine Frage der Zeit.

Bald spielte Schein einige kleinere Gigs in und um Freising, bis sie 2001 schließlich beim "Emergenza Bandcontest" mitmachten und bis ins Landesfinale kamen. "Da ging es gefühlt so richtig los", erinnert sich Sedlmeier, der - wie auch die Bläserfraktion der damit auf acht Mitglieder angewachsenen Formation - erst einige Monate vorher zur Band gestoßen war. "Wir haben dann unsere ganzen Freunde nach München gekarrt. In der Schulzeit ist es ja noch leichter, schnell viele Leute zu mobilisieren", erzählt der ehemalige Gitarrist mit der Afro-Frisur weiter. Und obwohl Schein im Finale schließlich einer Nu-Metal-Band unterlag, war "dieses Erlebnis schon ziemlich motivierend".

Schein

Ihren Sound beschrieb die Formation früher als "Peppers-mäßigen Funk mit Bläsern und deutschen Texten".

(Foto: oh)

Noch größeren Einfluss auf die Entwicklung der jungen Band nahm ein Wettbewerb, den die acht jungen Männer gewannen: Sie erhielten 2003 den Titel "Münchner Band des Jahres", dotiert mit einer Singleproduktion und etwas Preisgeld. "Wir haben uns gedacht, wir machen gleich ein ganzes Album", erinnert sich Sedlmeier, also sei man nach Attaching zu Yogi Langs "Farmlands Studio" gefahren und habe sich ans Werk gemacht. Es entstand das erste Album "Gestatten Sie", welches der Band einige Bekanntheit einbrachte und ihr zahlreiche Auftritte in Deutschland, Österreich und der Schweiz ermöglichte. 2006 legte die Band mit der EP "ExtraPortion" nach und spielte dazu eine gewaltige Tour mit 150 Auftritten, bei denen sie auch auf namhaften Festivals wie dem Taubertal Open Air oder dem Schlossgrabenfest Darmstadt vor teils mehreren tausend Zuschauern ihre Songs zum Besten gaben.

Durch zahlreiche Live-, Radio- und sogar Fernsehauftritte hatte sich Schein eine breite Fangemeinde aufgebaut

Es folgte das dritte Album von Schein mit dem Titel "Wir sind der Funk" im Jahr 2009. Spätestens nach dessen Erscheinen hatte sich die Formation durch zahlreiche Live-, Radio- und sogar Fernsehauftritte eine breite Fangemeinde aufgebaut. Diese Bekanntheit nutzten die Acht, um für das Musikvideo zu ihrem Cover des bekannten Songs "Play That Funky Music" mit dem klangvollen Titel "Spiel die Funkmusik du Weißbrot" niemand geringeren als Roberto Blanco zu engagieren. Der sagte zu, im Video aufzutreten und lieh Schein für den Song sogar seine Stimme. Leider konnte das bereits gedrehte Video nicht veröffentlicht werden. Einige Jahre zuvor war nämlich ein Markenanwalt der Kölner Filmproduktionsfirma "Schein Lichtwerke" wegen der Namensüberschneidung auf die Gruppe zugekommen. "Der schrieb uns einen bösen Brief und forderte eine Menge Geld", erzählt Sedlmeier. Die Band konnte sich jedoch mit ihm einigen, zahlte eine kleine Summe und unterschrieb einen Vertrag, in dem unter anderem stand, Schein dürfe niemals Videos veröffentlichen. "Im Nachhinein war das ein Fehler, aber uns war das damals gar nicht so bewusst, wie streng das ist", erklärt Sedlmeier. Nach dem Dreh von "Spiel die Funkmusik du Weißbrot" habe man noch mal versucht, sich mit dem Anwalt zu einigen, habe aber "auf Granit gebissen", weshalb das Video bis heute nur auf den Festplatten und Speicherkarten der ehemaligen Bandmitglieder lagert.

Nach diesem Rückschlag war sich die Band einig, dass es so nicht weitergehen konnte. "Das hat uns einiges an Energie geraubt", sagt Sedlmeier. Nach langem Hin und Her einigte man sich, den Bandnamen zu HeyHeyHey zu ändern - unter diesem Namen hätte man keine rechtlichen Probleme zu befürchten. Außerdem trennte sich die Band von zwei Bläsern und versuchte ein weiteres Album aufzunehmen, kam jedoch nicht weit. "Die Luft war einfach raus", so Sedlmeier. Schließlich gingen die Bandmitglieder ihre eigenen Wege, viele blieben aber der Musik treu. Dominik Glöbl etwa, der für Schein lange Jahre Trompete spielte, verdient sein Geld auch heute noch als Trompeter, er spielt bei der Band Dreiviertelblut und in der Blechbläserabteilung des alljährlichen Singspiels am Nockherberg. Auch in der Fernsehlandschaft ist der 35-Jährige anzutreffen: Glöbl moderiert mit Traudi Siferlinger die BR-Sendung "Wirtshausmusikanten beim Hirzinger". Nebenher gibt Glöbl Trompetenunterricht, unter anderem am Musikgymnasium der Regensburger Domspatzen.

Schein

Viele Bandmitglieder machen heute noch Musik.

(Foto: oh)

Viele ehemalige Bandmitglieder sind der Musik treu geblieben

"Es ist schon ein hartes Business, aber es macht wahnsinnig viel Spaß", resümiert Glöbl. Sein Interesse an einer professionellen Musikerkarriere führt der gebürtige Niederbayer auch auf Schein zurück. "Da konnte man super in den Profi-Alltag hineinschnuppern, das war definitiv einer der Auslöser, wieso ich mich für diesen Berufsweg entschieden habe", sagt Glöbl über seine Zeit mit der Band, die er als die "prägenden Jahre" seiner Jugend beschreibt.

Auch andere ehemalige Mitglieder von Schein finanzieren sich ihren Lebensunterhalt durchs Musizieren: Matthias Lindermayr ist nach seinem Studium von Jazztrompete und Komposition ein gefragter Musiker und hat zahlreiche renommierte Preise wie den Solistenpreis der Stadt Burghausen und den Bayerischen Kunstförderpreis in der Sparte Musik und Tanz gewonnen, und Martin Seiler ist seit fast einem Jahrzehnt als erfolgreicher Jazz-Saxofonist in New York tätig. Stephan Treutter verdient seine Brötchen ebenfalls noch immer mit Musik, er hat nach seinem Schlagzeug-Studium an der Neuen Jazz School München eine Stelle als Musikschullehrer sowohl in Freising als auch an ebenjener Jazz School bekommen und spielt nebenher für zahlreichen Projekte wie etwa die Shakers Bluesband oder Beléza.

Thomas Sedlmeier hingegen arbeitet teils als Übersetzer, teils zusammen mit Vipo Maat als Veranstalter des Uferlos-Festivals und trägt damit dazu bei, dass zahlreichen neuen jungen Bands eine Bühne geboten wird, ganz wie Schein damals. Und selbst wenn nur acht Leute im Publikum stehen, so kann daraus doch eine einzigartige Erfolgsgeschichte werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: