Süddeutsche Zeitung

Freisinger  Nacht der Musik:Alle wieder  glücklich

Zwei Mal musste die "Freisinger Nacht der Musik" wegen Corona ausfallen. Am Samstag war es endlich wieder soweit. Hunderte verbrachten den Abend in der Innenstadt, dicht an dicht gedrängt, beim Feiern und Tanzen.

Von Alexandra Vettori, Freising

Der wunderbare Weg zurück in die Normalität, Teil 2, so könnte man die "Freisinger Lange Nacht der Musik" am Samstagabend titulieren, denn wie schon am Wochenende davor, als das Freisinger Nachtcafé erstmals wieder geöffnet hatte, sah man auch beim ersten Festival nur strahlende Gesichter in der Freisinger Altstadt. Als sich die Dämmerung über die Häuser senkte, wurde es nicht still und fad wie im Lockdown, sondern von überall her klangen Stimmengewirr und Musik. 14 Bands in 14 Kneipen, dieses ungewohnt gewordene Angebot lockte viele Hunderte Menschen am Samstagabend nach draußen.

Ausgangspunkt war der Marienplatz, auf dem an zwei Kassen die 3-G-Plus-Regel geprüft und die Einlassbändchen verteilt wurden. Geduldig standen die Menschen in den langen Schlangen, wohl wissend, dass danach die große Freiheit locken würde. Im Furtnerbräu an der Oberen Hauptstraße zum Beispiel, wo schon ab 19 Uhr kaum noch ein Durchkommen war. Am Eingang wurde nur das Armbändchen überprüft, dann ging es ins Gedränge - ohne Maske.

"Echt jetzt?", sagte Sarah, eine 23-Jährige, die in Freising arbeitet und jetzt dicht an dicht im Gang stand, schon umfangen von den stampfenden Rhythmen von "The Sensational Skydrunk Heartbeat Orchestra". "Man kommt sich so komisch vor ohne Maske", sagt sie. Tatsächlich ist manch unsicherer Blick zu Nebenmann und -frau zu sehen, ob auch wirklich alle hinein dürfen?

Und ja, alle: Drinnen im Nebensaal wird geschwitzt und gewippt, Schulter an Schulter im Takt, man lacht sich an, ohne verhängte Münder und Nasen. Der Sänger kündigt das nächste Lied an, "Your Live - da geht es darum, dass man sein Leben wieder gestaltet - passt ja gar nicht so schlecht", sagt er noch, dann übertönt ihn das Gejohle, Gläser klirren. "Wenn man jetzt hier ist, dann wird einem erst klar, auf was man alles verzichtet hat", sagt Hannah, 28 Jahre alt. Türsteher Jürgen ist ebenfalls wie berauscht: "Das tut so gut, wenn man die lachenden Gesichter sieht." Interessant findet er, dass wirklich alle Altersklassen unterwegs sind, viele Junge natürlich, aber auch viele Ältere - und an diesem Abend sogar einige Kinder.

Ein Stück weiter im Et Cetera geht es ein wenig gesitteter zu, hier dürfen nur so viele Menschen herein, wie es Sitzplätze gibt. Drinnen spielt Maxi Pongratz auf dem Akkordeon, man kennt ihn von der Band Koflgschroa. Schräg gegenüber in der Q-Bar rockt The Marienplatz, hier drängen sich dichte Pulks vor der Kneipe. Auch Ferdinand, David und ein Student, den sie gerade kennen gelernt haben, stehen hier, die Biere in den Händen. Der Student schwärmt, "ich bin allein hierher gekommen, und habe gleich jemanden kennen gelernt".

Allerdings befinden sich die Drei gerade in einer hitzigen Diskussion über den Pflegenotstand, Ferdinand und David sind beide Krankenpfleger. Ferdinand bei seiner Arbeit hat viele Corona-Kranke gesehen, "jetzt wieder so nah mit so vielen anderen Menschen zu sein, ist sehr ungewohnt", sagt er.

Auf dem Freisinger Marienplatz behält das Team von "Prima Leben und Stereo", dem Veranstalter der "Langen Nacht der Musik", alles im Blick, es läuft prima. Zweimal ist das Kneipenfestival jetzt wegen der Corona-Pandemie ausgefallen, vor einem halben Jahr, habe man dann beschlossen: "Es gibt die Impfung wir probieren es". Richtig los ging die Planung dann aber erst vor zwei Wochen, als die neuen Regularien für Festivals da waren, erzählen Robert Pietsch und Christian Richter von "Prima Leben und Stereo". Auf die Frage, wie sich für sie der Trubel anfühlt, antwortet Pietsch mit "supergut", und Richter mit "skurril".

In der Ziegelgasse, im rappelvollen Augustiner Bierstüberl, wo es erdigen Rock von Appollons Smile gab, strahlte auch Türsteher Philipp: "Das macht unseren Job so schön, wenn jeder, der kommt, gut gelaunt ist." Es war wirklich eine wunderbare Nacht.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5441682
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 18.10.2021
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.