Süddeutsche Zeitung

Mitten im Landkreis:Eine ziemlich schnelllebige Zeit

Von angekündigten und tatsächlich vollzogenen Abschieden. Und von Jürgen Klinsmann.

Kolumne von Alexander Kappen

Es ist ein schnelllebiges Geschäft. Also alles, irgendwie. Wir befinden uns ja momentan in einer Hochphase der angekündigten und tatsächlich vollzogenen Abschiede. An allen Ecken und Enden wird verabschiedet und zurückgetreten, was das Zeug hält. Und nicht wenige der Betroffenen sind schon wieder weg, kaum, dass sie ihr jeweiliges Amt angetreten haben.

Okay, Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, war stolze sechs Jahre Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, was in der heutigen Hochgeschwindigkeitszeit schon fast eine halbe Ewigkeit ist. Annegret Kamps-Kahlen . . . , also Annegret Kampf-Knarren . . . , also AKK halt, sie wird - falls sie tatsächlich bis Dezember durchhält - dann nur zwei Jahre als CDU-Chefin und Merkel reloaded auf dem Buckel haben. Immer noch eine reife Leistung, wenn man bedenkt, dass der frühere Bundes- und Bayerntrainer Jürgen Klinsmann als Coach der Berliner Hertha diese Woche nach nur 76 Tagen sein Werk als vollbracht ansah und seinen Hut nahm. Noch schneller war nur Sturm "Sabine", die - einige Nachwehen und Nachböen mit eingerechnet - den Landkreis Freising schon wieder nach zwei Tagen verlassen hat.

Der Auer Bürgermeister Karl Ecker war bereits im Amt, als Klinsmann mit Deutschland Europameister wurde - als Spieler

Eine wesentlich längere Halbwertzeit haben dagegen diverse Bürgermeister und Bürgermeisterinnen, Stadt- und Gemeinderäte sowie Stadt- und Gemeinderätinnen in vielen Kommunen und Kommuninnen, die bei der Wahl am 15. März nicht mehr antreten und sich aus ihren lokalpolitischen Ämtern verabschieden werden. Der Auer Bürgermeister Karl Ecker etwa macht nach 24 Jahren Schluss. Der gute Mann ist bereits seit 1996 im Amt. Das ist das Jahr, als Jürgen Klinsmann als Spieler mit dem deutschen Team Europameister wurde und viele noch glaubten, dass aus ihm tatsächlich mal ein guter Trainer werden könnte - womöglich sogar einer, der nicht die Hälfte seiner 76-tägigen Amtszeit braucht, um daheim seine Trainerlizenz zu finden.

Neben Ecker verabschiedet sich nach der Wahl auch Moosburgs Bürgermeisterin Anita Meinelt, die - obwohl es ihr in ihrem bunten Stadtrat zuweilen zu bunt wurde - trotzdem 18 Jahre lang auf die Zähne gebissen hat. In Hallbergmoos hat sich ein weiterer Protagonist der Lokalpolitik bereits verabschiedet, noch bevor er überhaupt da war: der Bürgerhaushalt. Den braucht es nicht, meinte die Mehrheit des Gemeinderats. Schließlich hat man ja einen Bürgermeister. Und mit dem hat die überlastete Verwaltung schon Arbeit genug.

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SZ vom 13.02.2020/lada
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