Kommunalwahl im Kreis Freising:Erfahrung und Blick von außen

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"Six years for future", lautete der Wahl-Slogan von SPD-Landratskandidaten Herbert Bengler. Mit Alter habe das nichts zu tun, ist der Langenbacher überzeugt. Eher etwas mit guten Ideen. (Foto: Marco Einfeldt)

Frischer Wind ist keine Frage des Alters, ist der 64-jährige Landratskandidat der SPD, Herbert Bengler, überzeugt. Bisher nämlich, sagt er, ist auf Kreisebene bei wichtigen Themen wie Wohnraum nichts passiert.

Von Alexander Kappen, Langenbach

Eigentlich könnte Herbert Bengler, jetzt, da er in Rente ist, es etwas ruhiger angehen lassen. Zuhause seiner Leidenschaft für erlesenen Kaffee frönen, mit seiner Frau gemütlich Cappuccino trinken, die Füße hoch legen und die freie Zeit genießen. Aber so richtig Lust auf Ruhestand hat der 64-Jährige offenbar noch nicht. Wenn ihn die Wähler lassen, würde der SPD-Politiker gerne noch sechs Jahre lang weiterarbeiten - nicht mehr, wie früher, als Bank-Abteilungsleiter, sondern als Landrat.

Bei seiner Nominierung im Oktober rief Bengler eine Art Neuanfang aus. "Six years for future", lautete sein Slogan. Kann der Landkreis mit einem 64-Jährigen an der Spitze wirklich neu durchstarten? Für Herbert Bengler ist das kein Widerspruch. "Zukunft gestalten, ist nicht vom Alter abhängig", sagte er bei seiner Kandidatenkür, bei der er sich knapp gegen seinen Mitbewerber, den 24-jährigen Studenten Victor Weizenegger aus Neufahrn, durchsetzte.

Bengler saß noch nie im Gemeinderat, hatte auch keinen Sitz im Kreistag: "Da lege ich Wert drauf."

Bei einem Treffen Mitte Februar in seinem Wohnhaus in Langenbach präzisiert Bengler, warum er als Mittsechziger durchaus prädestiniert sein könnte, neuen Schwung in den Laden zu bringen. Er saß noch nie im Gemeinderat und hatte auch keinen Sitz im Kreistag. "Da lege ich Wert drauf", sagt er, "ich habe die Sache nur von außen beobachtet und kann jetzt relativ unbelastet mit frischen Ideen die Sache anpacken". Dass er bislang "nicht in dem Betrieb drin gewesen" sei, wertet er nicht als Nach-, sondern Vorteil: "Wenn man zu lange dabei ist, wird man meiner Meinung nach betriebsblind." Als Landrat wolle er seine Lebenserfahrung einbringen sowie gleichzeitig die Jugend für die Politik begeistern und sie unterstützen. Beim Führen der Landkreisverwaltung hält es Bengler mit dem früherer US-Präsidenten Theodore Roosevelt, dessen berühmtes Zitat er in seinem Büro hängen hat: "Wer seiner Führungsrolle gerecht werden will, muss genug Vernunft besitzen, um die Aufgaben den richtigen Leuten zu übertragen, und genügend Selbstdisziplin, um ihnen nicht ins Handwerk zu pfuschen."

Dafür muss Bengler aber erst mal gewählt werden. Ein unbeschriebenes Blatt ist er in Sachen Kandidatur nicht. 2009 bewarb er sich für einen Sitz im Europaparlament, einmal ließ er sich auch auf die SPD-Liste für den Langenbacher Gemeinderat setzen. Einen Sitz erwarb er jedoch nicht. Bengler trat übrigens erst spät in die Partei ein, seit 2005 ist er SPD-Mitglied. Im Nachhinein bereue er, "dass ich das nicht eher gemacht habe". Wenn man sich wirklich einsetze, könne man in der Politik nämlich "mehr bewirken, als manche denken".

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Und der SPD-Kandidat möchte, wenngleich er aus Altersgründen höchstens eine Amtszeit zur Verfügung hat, noch einiges bewirken: "Sechs Jahre sind eine lange Zeit." Er habe großes Interesse daran, die Zukunft mitzugestalten, schließlich habe er drei erwachsene Kinder und zwei Enkel. Apropos Kinder: Herbert Bengler folgt übrigens seinem Sohn Martin, 40, nach, der vor sechs Jahren für die SPD als Landrat kandidierte und aus beruflichen Gründen politisch derzeit ein bisschen kürzer tritt.

Nun probiert es also der Senior, der fest im Landkreis verwurzelt ist. Herbert Bengler wurde 1956 in Freising geboren, wo er 19 Jahre lang lebte. Anschließend wohnte er mit seiner heutigen Frau zehn Jahre lang in München und Umgebung, ehe das Paar 1985 nach Langenbach zog. "Die Wohnungen in Freising waren schon damals sehr teuer", sagt Bengler und ist damit bei einem Thema, das ihn als Sozialdemokraten besonders umtreibt. Um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, will er "einfach die Leute an einen Tisch holen" und sie für den genossenschaftlichen Wohnungsbau gewinnen.

Mit Handwerkern und der lokalen Wirtschaft über Wohnungsbau reden

Ins Boot holen will er nicht nur Kreis, Städte und Gemeinden, sondern auch Handwerksbetriebe, örtliche Banken und die lokale Wirtschaft. Der Wohnungsbau sei jetzt im Wahlkampf bei allen Parteien "das große Thema, aber vor sechs Jahren hat noch fast niemand davon geredet", wundert sich Bengler. Ähnlich geht es ihm beim Thema Pflege: "2012 hat der Landkreis festgestellt: Wir haben zu wenig Pflegeplätze, zu wenig betreutes Wohnen, zu wenig Personal. Und im Januar 2020 stellt der Kreis genau Dasselbe fest - da stellt sich die Frage, was da eigentlich die ganze Zeit getan worden ist."

Bengler präsentiert sich immer wieder als ein Mann der deutlichen Worte, der Dinge klar benennt und auch auszuteilen weiß, wenn es die Situation in seinen Augen erfordert. So ist er nicht nur ein strikter Gegner der Dritten Startbahn ("Die haben Peter Warlimont und die Kreis-SPD- bisher verhindert, nicht die Grünen"), sondern auch ein glühender Verfechter eines geeinten Europas. Die EU sei schließlich "nicht nur eine Wirtschafts-, sondern auch eine Friedensgemeinschaft, und je enger Europa zusammenrückt, desto unwahrscheinlicher werden Kriege". Deshalb stehe für ihn auch fest: "Ich werde mit allen zusammenarbeiten, nur nicht mit Leuten am rechten Rand." Dem AfD-Kandidaten Franz Scholz habe er bei bisherigen Veranstaltungen "nicht die Hand gegeben und werde das auch in Zukunft nicht tun".

© SZ vom 06.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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