Energieversorgung:Schlechte Zeiten für Warmduscher

Energieversorgung: Im Freisinger Schwimmbad Fresch wurden die Wassertemperaturen bereits gesenkt und die Wärmebänke ausgeschaltet.

Im Freisinger Schwimmbad Fresch wurden die Wassertemperaturen bereits gesenkt und die Wärmebänke ausgeschaltet.

(Foto: Marco Einfeldt)

Die Schwimmbäder in Freising und Neufahrn senken die Wassertemperaturen, die Kommunen denken angesichts explodierender Gaspreise über Maßnahmen zum Energiesparen nach. Landrat Helmut Petz ruft eine Taskforce "Warmer Winter" ins Leben.

Von Peter Becker, Freising

Vielleicht hilft ja ein Brief nach Weliki Ustjug. Dort wohnt nach russischer Überlieferung Väterchen Frost, eine Art Weihnachtsmann. Den könnte man bitten, den nächsten Winter nicht allzu grimmig ausfallen zu lassen. Weil die Aussichten auf eine Erfüllung des Wunsches ziemlich gering sind, beschäftigen sich Kommunen im Landkreis Freising seit Wochen damit, wie sie mit einer Energieknappheit umgehen können. Landrat Helmut Petz (FW) hat beispielsweise schon im Juli entschieden, eine Taskforce "Warmer Winter" am Landratsamt einzurichten. Immerhin: Die Betreiber des Fresch und des Neufun rechnen bislang nicht damit, dass ihre Bäder geschlossen werden. Gleiches gilt für die Freisinger Eishalle.

Das Landratsamt sei generell bestrebt, über Ausschreibungen für Strom- und Energielieferungen die Kosten für die Versorgung seiner Gebäude so gering wie möglich zu halten, teilt die Pressestelle der Behörde mit. "Aus aktuellem Anlass wurden die Energieträger und hier insbesondere der Verbrauch von Gas vertieft analysiert." Die Liegenschaften des Landkreises hatten im Jahr 2021 etwa 16,6 Gigawattstunden an Energie zur Wärmeerzeugung verbraucht. Etwa 40 Prozent davon entfallen auf den Energieträger Gas, weitere knapp 40 Prozent werden über Nah- und Fernwärmenetze angeliefert und etwa elf Prozent durch Pelletheizungen erzeugt.

Das Lüften an Schulen führt zu einem höheren Energieverbrauch

Die Energiekosten für den Landkreis sind seit 2019 gestiegen, weil er Schulen von der Stadt Freising übernommen oder neue gebaut hat. Im Abrechnungsjahr 2021 ist eine weitere Steigerung aufgefallen, meldet die Pressestelle des Landratsamts. Schuld daran sei vermutlich das geänderte Lüftungsverhalten im Corona-Winter, was zu einem deutlichen Mehrbedarf in den Schulen bei der Wärmeenergie geführt habe. Konkrete Maßnahmen zur Senkung der Energiekosten werden durch Bautechniker und die Liegenschaftsverwaltung bei mit Gas versorgten Gebäuden aktuell geprüft.

"Es ist geplant, mittelfristig konsequent auf klimafreundliche Heizsysteme umzustellen", betont Landrat Petz, der eine Taskforce "Warmer Winter" ins Leben gerufen hat. Sie soll aus Beschäftigten im Bereich der Liegenschaften, Bautechnik, der inneren Organisation des Landratsamtes und dem Schulkoordinator besetzt werden, die entsprechende Prüfaufträge abarbeiten sollen.

Der Landkreis rechnet mit höheren Ausgaben

Die Bautechnik des Landkreises überprüft im Sommer zusammen mit externen Firmen technische Anpassungen wie ein Absenken der Raumtemperatur, hydraulische Abgleiche, eine Anpassung der Heizkurven sowie Vorlauftemperaturen und gleicht die Nutzungszeiten der Gebäude mit den Heizzeiten ab. Änderungen würden vorab mit Betroffenen, etwa den Leiterinnen und Leitern der Schulen, besprochen und abgewogen. "Über die Höhe des Einsparpotenzials kann noch keine Aussage getroffen werden", erklärt die Pressestelle des Landratsamts. Grundsätzlich gehörten Schulen und Klinikum zu "geschützten Kunden" bei der Energieversorgung.

Zur Umsetzung der Einsparmaßnahmen bedarf es keiner Zustimmung durch den Kreistag oder eines seiner Gremien. Nach aktueller Lage handele es sich dabei um laufende Angelegenheiten, über die der Landrat aufgrund seiner Budgetbefugnis entscheiden könne, informiert die Pressestelle. Welche Mehrkosten auf den Landkreis zukommen, könne derzeit noch nicht eingeschätzt werden. "Im Jahr 2022 sind die Gaspreise für den Landkreis noch gebunden, allerdings wird der Gasbezug ab 2023 zurzeit erneut ausgeschrieben, hier muss mit erheblichen Mehrkosten gerechnet werden."

Private Haushalte sollen nicht über Gebühr belastet werden

Die Stadt Freising kann ebenfalls nicht kalkulieren, welche Mehrkosten auf sie zukommen. Preise entwickelten sich dynamisch, heißt es auf Nachfrage. Die Stadtverwaltung thematisiere die Lage laufend mit allen Abteilungen im Haus und sei in einem ständigen Austausch mit den Stadtwerken. Die steigenden Energiekosten würden bei der Aufstellung des nächsten Haushalts berücksichtigt. Je nach der Entwicklung der Lage müssen die Freisingerinnen und Freisinger mit erhöhten Eintrittspreisen und Nutzungsgebühren rechnen. Konsens herrsche, dass private Haushalte sowie Schulen und Kindergärten nicht über Gebühr von Einsparmaßnahmen belastet werden sollten. Wie etwa bei der Raumtemperatur: "Kinder und Jugendliche waren und sind aufgrund der Pandemie schon erheblich belastet", erklärt dazu Christl Steinhart, Pressesprecherin der Stadt Freising.

Die hohen und vielleicht weiter steigenden Energiekosten werden sich in ihrer ganzen Tragweite "erst" mit dem Beginn der Heizperiode einstellen. Auch für die Stadt gelte: "Um gut durch den Winter zu kommen, hat die Versorgung privater Haushalte natürlich oberste Priorität", versichert Christl Steinhart. Mit Absenkungen der Raumtemperatur in den mit Gas beheizten städtischen Liegenschaften und Betriebsgebäuden dürfte aber zu rechnen sein.

Nachts wird das Licht in Freising gedimmt

Ob die Straßenbeleuchtung nachts gedimmt werden soll oder nicht, darüber reden sich Kommunalpolitikerinnen und -politiker in anderen Städten die Köpfe heiß. Der Einspareffekt wäre in Freising aber relativ gering, sagt Steinhart. Die Stadtverwaltung betreibe hier bereits seit Jahren gemeinsam mit den Freisinger Stadtwerken ein sehr engagiertes Lichtmanagement. Trotz der Ausstattung neuer Wohngebiete sei der Verbrauch gesunken. Das Ein-und Ausschalten der Beleuchtung werde über das Tageslicht gesteuert, zwischen 21.30 und 5 Uhr die Beleuchtung durch Spannungsreduzierung gedimmt. Sukzessive stelle die Stadt auf sparsame LED-Technik um. "Klar ist bei derartigen Instrumenten: Sowohl Verkehrs- als auch "gefühlte" Sicherheit sind unbedingt gegenzurechnen", versichert Christl Steinhart.

Die Pressesprecherin der Stadt verweist in diesem Zusammenhang auf das Freisinger Klärwerk, das ebenfalls Teil der "kritischen Infrastruktur" ist. Dieses sei "Selbstversorger": Gas, das dort entsteht, produziert Strom und heizt im Winter Faultürme und die Betriebsgebäude.

Energieversorgung: Die Stadt Freising geht bislang davon aus, dass die Eishalle ohne Einschränkungen betrieben werden kann.

Die Stadt Freising geht bislang davon aus, dass die Eishalle ohne Einschränkungen betrieben werden kann.

(Foto: Marco Einfeldt)
Energieversorgung: Lange Zeit geschlossen war das Neufun während der Corona-Pandemie. Eine neuerliche Schließung wegen der Energiekrise ist derzeit nicht angedacht.

Lange Zeit geschlossen war das Neufun während der Corona-Pandemie. Eine neuerliche Schließung wegen der Energiekrise ist derzeit nicht angedacht.

(Foto: Johannes Simon)

Ganz anders schaut das bei der Freisinger Eishalle aus. Ob es da zu Einschränkungen oder gar zu einer Schließung kommt, "wird sicher zu gegebener Zeit in den politischen Gremien diskutiert werden". So wie andere möglichen Maßnahmen auch. Aktuell laufen die Planungen für den Winterbetrieb der "Weihenstephan Arena" von Mitte September an. Ob im Hinblick auf den Energieaufwand Einschränkungen notwendig werden, werde man eventuell Mitte August in Abhängigkeit von der weiteren Entwicklung in den nächsten Wochen diskutieren müssen, sagt Steinhart.

Intensiv wird laut Geschäftsstellenleiter Alexander Meßner seit zwei Wochen im Neufahrner Rathaus über Einsparmaßnahmen nachgedacht. "Der Prozess läuft", versichert er. Tobias Tremmel, Betriebsleiter des Neufun, sagt, eine Schließung des Bades sei bis jetzt nicht angedacht. Reagiert hat das Neufun bereits auf die aktuelle Diskussion zu Einsparungen. "Es gibt keinen Warmbadetag mehr", sagt Tremmel. 6000 Liter Wasser um zwei Grad zu erhöhen, das verursache enorme Kosten. Die Temperaturen seien gesenkt worden. Im Nichtschwimmerbecken ist sie kurzfristig erhöht und dann wieder zurückgefahren worden. Das Bad schließt jetzt ohnehin bis 12. August: nicht wegen der Energiekrise, sondern wegen der üblichen Revision.

Im Freisinger Fresch sei die Wassertemperatur ebenfalls schon um ein bis zwei Grad zurückgefahren worden, sagt Andreas Voigt, Geschäftsführer der Freisinger Stadtwerke. Die Wärmebänke im Inneren des Fresch sind mittlerweile abgeschaltet. Ansonsten taste man sich an die aktuellen Entwicklungen heran. "Das Schwimmen soll aber noch angenehm sein", sagt Voigt. Über eins ist er sich ohnehin im Klaren: Bäder sind Freizeitbetriebe und verbrauchen viel Gas. "Wir wären als Erste betroffen", sagt er im Hinblick auf mögliche Schließungen.

Auch Bezieher von Fernwärme müssen künftig tiefer in die Tasche greifen

Das Kraftwerk Anglberg, das dem Unternehmen Onyx Power gehört, braucht sich indes über seinen Bestand keine Sorgen zu machen. Laut Pressesprecherin Viktoria Lohse gehört es zu den Kraftwerken, die im jüngst erlassenen Ersatzkraftwerke-Bereithaltungsgesetz aufgelistet sind. Diese sollen bei der Energieproduktion einspringen, wenn dies mit Gas nicht mehr möglich ist. Nach dem Kohleausstieg wird der Block C stillgelegt. Laut Viktoria Lohse plant Onyx Power ein Wärmekraftwerk, das zunächst mit Gas und langfristig mit Wasserstoff betrieben werden soll.

Das Anglberger Kraftwerk beliefert Freising und den Flughafen mit Fernwärme. Kunden und Kundinnen müssen dafür künftig tiefer in die Tasche greifen. Das liege am Energiemix, erklärt Voigt. Kohle sei teurer geworden, sagt er. Vom Gas ganz zu schweigen. Aus diesem Brennstoff produziert etwa das Kraftwerk an der Langen Point Energie.

Aber vielleicht hat Väterchen Frost doch ein Einsehen und der Winter wird nicht so hart. Es wäre ja schon viel erreicht, wenn er seinen Kettenhund, das "Beast from the East" nicht von der Leine lässt. Meteorologen bezeichnen so eine kalte Ostwindlage aus Sibirien, die für schneidende Kälte sorgt.

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