Mainburger Krankenhaus:Menschenleben stehen auf dem Spiel

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Der Kelheimer Kreistag berät an diesem Mittwoch über das weitere Schicksal des Mainburger Krankenhauses. (Foto: Joerg Rudloff; OH)

Bürgermeister und das Rote Kreuz fürchten längere Wege für Rettungswagen im nördlichen Landkreis Freising, sollte das Mainburger Krankenhaus seine Notaufnahme verlieren. Eine Versorgungslücke für die Hallertau droht.

Von Peter Becker, Rudelzhausen

Ein schicksalsträchtiger Tag könnte dieser Mittwoch, 12. Juni, für das Mainburger Krankenhaus sein. Der Kelheimer Kreistag entscheidet in einer Sondersitzung darüber, wie es mit der Klinik weitergehen soll. Geplant ist, diese aus finanziellen Gründen zu einem „Level 1i“-Krankenhaus herabzustufen. Aus einem Krankenhaus mit Notaufnahme würde dann ein medizinisches Versorgungszentrum mit wenigen Betten werden. Bürgermeister aus dem nördlichen Landkreis und das Freisinger Rote Kreuz wollen zum Tag der Entscheidung noch einmal Druck auf den Kelheimer Kreistag ausüben. Sollte das Mainburger Krankenhaus tatsächlich seinen Status verlieren, drohe eine Versorgungslücke mitten in der Hallertau und die Verfügbarkeit von Rettungswagen verringere sich deutlich, fürchten sie.

Geografische Gründe spielen für das Engagement der Bürgermeister und Bürgermeisterinnen aus dem nördlichen Landkreis Freising eine Rolle. „Mainburg ist nur sieben Kilometer von uns entfernt“, nannte etwa Rudelzhausens Bürgermeister Michael Krumbucher (FW) einen wichtigen Grund. Er verwies während einer Pressekonferenz im Rudelzhausener Rathaus explizit auf die guten Noten, welche die Klinik in den vergangenen Jahren bei Rankings erhalten hat. Otto Dietl, stellvertretender ärztlicher Direktor des Krankenhauses, sei in der Focus-Empfehlungsliste als Spitzenmediziner geführt worden. Er habe in Mainburg eine Adipositas-Chirurgie aufbauen wollen. Diese wäre ausbaufähig gewesen. Dietl sei dann gegangen, weil er keine Perspektive mehr gesehen habe. Man habe ihn buchstäblich in die Wüste geschickt, sagte Krumbucher. Er arbeitet jetzt in Katar.

Nicht nur der Rudelzhausener Bürgermeister ist vom Kelheimer Landrat Martin Neumayer (CSU) enttäuscht. Beatrix Sebald, dritte Bürgermeisterin der Marktgemeinde Au, gehört selbst der Initiative „Rettet das Mainburger Krankenhaus“ an, die mehr als 40 000 Unterschriften für dessen Erhalt gesammelt hat. Sie verwies auf das Angebot des Freisinger Landrats Helmut Petz (FW), gemeinsam eine Lösung zugunsten des Klinikums zu suchen. „Petz hat die Hand ausgestreckt“, kritisierte sie, aber der Kelheimer Kreistag habe sie nicht ergriffen. Neumayer habe sie sogar abgelehnt, ergänzte Attenkirchens Bürgermeister Mathias Kern, anstatt nach Schnittpunkten für gemeinsame Leistungen zu suchen.

Kern sagte auch, dass der Pfaffenhofener Landrat Albert Gürtner (FW) gedroht habe, das Mainburger Krankenhaus aus dem Verbund der Ilmtal-Kliniken herauszuwerfen, falls dieses nicht herabgestuft werde. Michael Hobmaier, Bürgermeister von Hörgertshausen, kritisierte, dass seitens der CSU keine Unterstützung komme. Von den Gemeinden im Landkreis Kelheim komme keine Unterstützung, weil die „politisch hörig“ seien.

Privatkliniken sollten stärker in die Pflicht genommen werden

„Es stinkt mir, dass mit der Gesundheit ein Geschäft gemacht werden soll“, verdeutlichte Georg Krojer, Bürgermeister aus Mauern. Damit kritisierte er den Umstand, dass Kliniken Wirtschaftsunternehmen sein und gefälligst schwarze Zahlen schreiben sollten. Martin Linseisen, Zweiter Bürgermeister der Marktgemeinde Au, forderte, die Privatkliniken mehr in die Pflicht zu nehmen. „Sie suchen sich die Rosinen raus und für die öffentlichen Kliniken bleibt der Rest übrig.“ Die Privatkliniken sollten sich an der Notfallversorgung beteiligen.

Sebald beharrte auf dem Erhalt einer stationären Notfallversorgung mit Intensivstation in Mainburg. Stattdessen solle das Krankenhaus auf das Level I1 herabgestuft werden, das nur noch teilstationäre Betten, etwa zur Kurzzeitpflege, vorhält. Es gibt dann keine Intensivstation mehr, die Herzkatheder-Station wird ebenfalls abgeschafft.

Sebald rechnete vor, was das für einen Herzkranken bedeuten könnte. 90 Minuten, heiße es, habe man Zeit, bei einer akuten Herzerkrankung einen Katheter zu setzen, ohne dass das Organ einen Schaden erleide. Sebald rechnet mit einer längeren Anfahrtszeit eines Rettungswagens. Der oder die Erkrankte müsste erst transportfähig gemacht werden. Dann erst sei die Anfahrt zum nächsten Krankenhaus möglich. Doch viele Notaufnahmen seien wegen Überlastung abgemeldet. Hausärzte haben in einem Protestschreiben darauf hingewiesen, wie unangenehm es etwa für Patienten mit starken Schmerzen oder schwerwiegenden Erkrankungen sei, erst lange auf einen Rettungswagen warten zu müssen und anschließend noch eine dreiviertel Stunde zum nächsten Krankenhaus gefahren zu werden.

„Die Notfallversorgung verschlechtert sich um 100 Prozent“

„Es geht um Menschenleben“, appellierte der Nandlstädter Bürgermeister Gerhard Betz (FW), selbst im Rettungswesen tätig, an den Kelheimer Kreistag. „Die Notfallversorgung verschlechtert sich um 100 Prozent“, sagte er für den Fall, dass das Mainburger Krankenhaus nicht mehr angefahren werden könne.

Das bestätigte BRK-Geschäftsführer Albert Söhl während einer weiteren Pressekonferenz. In erster Linie verschlechtere sich der Rettungsdienst wesentlich, sagte er. Die Wege verlängerten sich. Unter Umständen sei ein Rettungswagen bis zu anderthalb Stunden unterwegs, um eine hilfsbedürftige Person zum nächsten aufnahmefähigen Krankenhaus zu fahren und wieder zu seinem Standort zurückzukehren. Während dieser Zeitspanne fehle das Fahrzeug an seinem angestammten Ort, sodass ein anderes einspringen müsse. „So vergeht viel Zeit.“

BRK-Rettungsdienstleiter Hubert Böck nannte aktuelle Zahlen. 2620 Notfälle habe es im vergangenen Jahr in den Gemeinden Au (917), Attenkirchen (251), Gammelsdorf (139), Hörgertshausen (222), Nandlstadt (776) und Rudelzhausen (315) gegeben. Viele davon seien in Mainburg versorgt worden. 1631 Einsätze habe der Nandlstädter Rettungswagen übernommen. Diese Nähe habe dazu beigetragen, dass die Hilfsfristen von zwölf Minuten größtenteils hatten eingehalten werden können. Das könnte in Zukunft nicht mehr der Fall sein.

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