Eine solche Krise wie das Abendländische Schisma im Spätmittelalter hatte der Freisinger Kreistag, der von Donnerstag bis Samstag in Konstanz weilte, gottlob nicht zu lösen. Damals ging es darum, wer denn der rechtmäßige Papst des Christentums sein sollte. Die Kreisräte und Bürgermeister indes waren auf Informationsfahrt gegangen, um zu sehen, ob sie im Landkreis Konstanz Anregungen für eigene Projekte finden könnten. Beispielsweise für die Berufsschule, die sie an der Wippenhauser Straße bauen wollen. "Wir können vieles lernen, was wir umsetzen wollen", sagte Landrat Josef Hauner gleich zu Beginn einer Vortragsreihe im Konstanzer Landratsamt.
Öffentlicher Nahverkehr
Ein wenig neidisch ist der für den ÖPNV-Zuständige im Landkreis Konstanz auf seinen Freisinger Kollegen. Der könne mit dem Münchner Verkehrsverbund zusammenarbeiten, der die Ausschreibungen für die Busunternehmen unternehme. So etwas hätten die Konstanzer für ihre 282 000 Einwohner auch gerne. "Wir wollen ähnliche Strukturen haben", sagte Frank Dombrowski vom Landratsamt. Als Besonderheit betreibt der Landkreis Konstanz zwischen Stockach und Radolfzell eine neun Kilometer lange Bahnstrecke in Eigenregie. Eine weitere Bahnverbindung zieht sich in Ost-West-Richtung quer durch den Landkreis Konstanz. Dem Regionalverkehr kommt dabei die Aufgabe zu, die Menschen von ihren Wohnorten zum nächsten Bahnhof zu bringen. Der Landkreis Freising hingegen muss die ländlich gelegenen Ortschaften in seinen westlichen, nördlichen und östlichen Regionen an den verkehrsmäßig gut erschlossenen Süden anbinden. Immerhin: Die Eltern in Baden-Württemberg müssen für ihre Kinder im Gegensatz zu Bayern das Schulbeförderungsgeld selbst zahlen.
Tourismus
Tourismusmäßig kann der Landkreis Freising mit dem Konstanzer natürlich nicht mithalten. 2018 gab es dort eine Million Ankünfte mit im Schnitt 2,6 Millionen Übernachtungen. Dazu kommt ein Heer von zwölf Millionen Tagesausflüglern, davon viele aus der Schweiz. "Der Einzelhandel profitiert von den Tagesgästen", stellte Thorsten Leupold, Leiter der Stabsstelle Wirtschaftsförderung im Landratsamt Konstanz, fest. Pro Jahr verzeichnet der Landkreis bis zu sieben Prozent Zuwachs an Besuchern. Ob es da nicht Gegenwind gebe?, wollte Albert Schindlbeck (Linke) zur touristischen Vermarktung wissen. Leupold sagte, dass sich beispielsweise zu einem Hotelprojekt in Konstanz Widerstand seitens einer Bürgerinitiative rege, welche den Baubestand erhalten wolle. Und natürlich gebe es Probleme mit dem Fachpersonal in den Gastronomie- und Hotelbetrieben, beantwortete Leupold eine Frage von Eva Bönig (Grüne). Denn in der benachbarten Schweiz verdient das Personal doppelt so viel wie diesseits der Grenze.
Schulleiter Norbert Opferkuch erläutert den Freisinger Besuchern, wie es in der Schreiner-Werkstatt der Radolfzeller Berufsschule zugeht.
(Foto: Pressestelle Landratsamt)Überhaupt, die Schweiz. Dorther kommen viele Tagesausflügler, für die Konstanz ein Einkaufsparadies ist. Als Konsequenz daraus gibt es in der Konstanzer Altstadt keine günstigen Mittagsmenüs mehr. Und weil manche Schweizer aus einem örtlichen Drogeriemarkt die Ware mit drei Einkaufswagen herausgekarrt haben, gibt es dort die Vorschrift, dass nur noch in haushaltsüblichen Mengen eingekauft werden dürfe. Den Einwand von Landrat Hauner, dass Konstanz als Wohnort irgendwann nicht mehr so attraktiv sein werde, bestätigte Leupold. Er selbst ist aus der Stadt weggezogen.
Wohnen
Konstanz ist ein teures Pflaster. "Bei den Preisen sind wir unter den Top Fünf in Deutschland. Die Städtische Wohnbaugesellschaft Konstanz (WOBAK) kümmert sich um bezahlbaren Wohnraum. 4009 Wohnungen hat sie laut Joachim Lehmann, Referent der Geschäftsführung, in ihrem Bestand.
Gesundheitsverbund
Im Landkreis Konstanz gibt es acht Einrichtungen an sechs Standorten, in denen 1300 Betten zur Verfügung stehen. Es gibt 3600 Beschäftigte. Auch in diesem Sektor ist der Fachkräftemangel laut Geschäftsführer Peter Fischer wegen der Nähe zur Schweiz ein großes Manko. Dem versucht man durch Integrationsprojekte, die ein Wir-Gefühl erzeugen sollen, entgegen zu wirken.
Berufschulzentrum Radolfzell
Das ganz besondere Interesse der Kreisräte galt dem neuen Berufsschulzentrum in Radolfzell. 2006 habe es erstmals Überlegungen für einen Neubau gegeben, sagte Schulleiter Norbert Opferkuch. "Der Altbau war nicht mehr sanierungsfähig." Da gibt es Parallelen zur Freisinger Situation. Karin Seidl, Leitende Architektin am Landratsamt, ergänzte, dass 2009 ein Ersatzneubau beschlossen worden sei. "Herausforderung war, dass der Betrieb weiterlaufen soll." 2011 war Baubeginn, Inbetriebnahme im Herbst 2017. Ausgegangen waren die Planer von 40 Millionen Euro an Kosten. Aufgrund der Steigerungen im Bauwesen kostete die Schule am Ende 48 Millionen Euro. Sie beherbergt derzeit 85 Klassen, bei 134 Lehrern und 1615 Schülern.
Freizeit
Entspannt und kulturell weitergebildet haben sich Kreisräte und Bürgermeister bei einer Stadtführung durch Konstanz. Ein Ausflug zur Insel Mainau stand ebenso auf dem Programm, wie der des fürstbischöflichen Schlosses in Meersburg.
