Freisinger Krankenhaus:Der Landkreis wird sich an ein Defizit gewöhnen müssen

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Das Freisinger Krankenhaus wird so schnell nicht aus den roten Zahlen herauskommen. (Foto: Marco Einfeldt)

Wegen der Unterfinanzierung der Krankenhäuser und Investitionen in die Zukunft kommt das Freisinger Klinikum so schnell nicht aus den roten Zahlen heraus. Der Kreistag stimmt zu, dessen Zahlungsfähigkeit zu sichern und das Defizit von 8,4 Millionen Euro zu begleichen.

Von Peter Becker, Freising

Das Freisinger Klinikum wird mittelfristig den Unbilden der deutschen Krankenhauslandschaft ausgesetzt bleiben. Der Verlust von 8,4 Millionen Euro sei bedauerlich, sagte Geschäftsführerin Maren Kreuzer in der Kreistagssitzung am Mittwoch. Dies liege aber allein an der chronischen Unterfinanzierung der Krankenhäuser. Weil sich daran auch in diesem Jahr nichts ändern wird, weist der Trend des aktuellen Wirtschaftsplans für 2024 ein Minus von etwa 9,9 Millionen Euro aus. Der Kreistag als Gesellschafter steht dennoch zu seinem Wort, das Defizit seines Krankenhauses zu übernehmen.

Anders als andere Kliniken habe das Freisinger Klinikum seine Hausaufgaben bereits während der Pandemie gemacht, sagte Kreuzer. Aber wir sind „immer noch nicht in normalem Fahrwasser. Und die Materialkosten sind jenseits von allem Denkbaren.“ Die wirtschaftlichen Daten aus den Corona-Jahren dürften nicht als Maßstab genommen werden, betonte Kreuzer. Diese seien nicht vergleichbar. Wo das Krankenhaus wieder hin will, sind die Zahlen von vor der Pandemie mit einer guten Bettenauslastung. 2023 lag diese bei 71,8 Prozent, in den ersten Monaten des laufenden Jahres bei achtzig Prozent. Aber: Die Zahl der Geburten ist von 2022 auf 2023 um 131 auf 755 zurückgegangen.

Zu den laufenden Ausgaben kam der Inflationsausgleich, den die Klinik an ihre Angestellten zahlte. Den wird es zumindest in diesem Jahr nicht geben. Er sei ebenso „nicht refinanziert“ wie die Notaufnahme, die vier Millionen Euro koste. Einen ordentlichen Anteil am Defizit des Krankenhauses haben auch die Tarifsteigerungen ausgemacht. Sie haben einen Anteil von 3,4 Millionen Euro im Jahresabschluss. Dazu investiert die Geschäftsführung in Strukturen, um für die Krankenhausreform im Jahr 2026 gerüstet zu sein. Das Klinikum strebt einen Status als Regionalversorger an. Dazu müssen Personalschlüssel erfüllt werden. Die Hürden seien hoch, sagte Kreuzer.

Einig war sich der Kreistag darin, dass die Schuld am Defizit nicht an Kreuzer liegt, sondern an nicht steuerbaren Einflüssen von außen. Es werde alles getan, um das Klinikum am Markt zu halten, versicherte die Geschäftsführerin. Das Dilemma sei, das Angebot zu erhalten, um eine leistungsfähige Versorgung in der Region zu gewährleisten. Heino Pause (FW) sagte, in den 52 Jahren, in denen er mit dem Klinikum verbunden gewesen sei, habe es ein stetes Auf und Ab gegeben. Ein Fehlverhalten der Geschäftsführung erkenne er nicht.

Eine ständige Herausforderung besteht seit der Corona-Pandemie darin, die Liquidität des Krankenhauses aufrechtzuerhalten. Dazu erklärte der Kreistag einstimmig die Absicht, das Defizit des Klinikums, das in Tranchen ausgezahlt wird, zu begleichen. „Das muss es uns wert sein“, bekundete Manuel Mück (CSU).

Der Kreistag will eine Insolvenz des Klinikums vermeiden

Des Weiteren muss das Unternehmen, um eine drohende Insolvenz zu vermeiden, ein Darlehen an den Landkreis in Höhe von fünf Millionen Euro nicht zurückzahlen. Das wäre zum Ende des Jahres fällig gewesen. Stattdessen sollen unbebaute Grundstücke mit dem entsprechenden Gegenwert an den Landkreis übertragen werden. Näheres dazu wird in der Kreistagssitzung im Oktober entschieden. Zudem wurde das Kontokorrent des Klinikums von 2,5 auf Millionen Euro aufgestockt. Landrat Helmut Petz (FW) darf kurzfristig weitere Hilfen genehmigen, um eine drohende Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden. Denn, das machte Kreuzer klar: „Passiert etwas Unvorhergesehenes, dann stehen wir vor einem Problem.“ Überdies soll Petz mit der Klinikleitung eine verbindliche Verlustobergrenze vereinbaren. Wo da das Limit gezogen wird, muss erst geklärt werden. Diesem Teil der Vermeidung von Zahlungsschwierigkeiten stimmte der Kreistag gegen drei Stimmen zu.

An der Finanzierungssituation werde sich so schnell nichts verbessern, dämpfte Kreuzer Erwartungen. Im Gegenteil müsse man versuchen, Defizite nicht weiter anwachsen zu lassen. „Wir werden aber nicht unter sechs Millionen kommen“, kündigte die Geschäftsführerin auf Nachfrage von Johann Stegmair (CSU) an.

Die 1055 Mitarbeitenden sollen unter der angespannten Finanzlage nicht leiden müssen. Das wäre ein Widerspruch zu den Anstrengungen des Klinikums, Pflegekräfte zu gewinnen, um die Bettenauslastung zu steigern. Dennoch gebe es Stellschrauben, sagte Kreuzer. „Wir müssen unsere Großzügigkeit ein bisschen zurückfahren.“ Da wäre eine OP-Zulage, die aus einer Zeit stammt, zu der das benötigte Personal knapp war. Vorzeitige „Stufenaufstiege“ im Gehalt, wie sie zur Motivation des Personals nötig waren, wird es wohl auch nicht mehr geben. An der Großraumzulage will die Geschäftsführung aber nicht rütteln, um mühsam gewonnene Fachkräfte nicht zu verprellen.

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