Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl in Freising:Häufelkönige, Lokalmatadore und viele neue Gesichter

Im neuen Kreistag sind die Plätze vergeben. Als Sieger dürfen sich die Grünen fühlen, die im Vergleich zu 2014 noch einmal zugelegt haben. Großer Verlierer ist die CSU.

Von Peter Becker, Freising

Die Plätze im neuen Kreistag sind vergeben. Als Sieger dürfen sich die Grünen fühlen, die im Vergleich zu 2014 noch einmal zugelegt haben. Großer Verlierer ist die CSU, die vier Sitze an andere Gruppierungen im Kreistag abgeben musste. Ebenso viele gewann die Alternative für Deutschland (AfD) als Neueinsteiger in Kommunalwahlen. Sehr wahrscheinlich erreicht sie so Fraktionsstatus. Zumindest geht das Landratsamt davon aus, dass ab einer Zahl von drei Sitzen im Kreistag eine politische Gruppierung Fraktionsstärke erreicht. Die Geschäftsordnung sagt dazu, dass "die im Kreistag vertreten Parteien und Wählergruppen Fraktionen bilden können, falls sie so stark sind, dass sie mindestens einen Sitz im Kreisausschuss erhalten".

CSU

"Ich bin nicht begeistert", gibt CSU-Landratskandidat Manuel Mück unumwunden zu. Mit 25,1 Prozent der Stimmen haben die Christsozialen im Vergleich zu 2014 noch einmal kräftig Federn lassen müssen. Dabei glaubt Mück, dass die Debatte um die dritte Startbahn für das Ergebnis nicht in dem Maß ausschlaggebend war, wie noch vor sechs Jahren. Er sieht einen Grund dafür, in dem Trend, dass immer mehr politische Gruppierungen bei Kommunalwahlen an den Start gehen. Diese neuen Listen ziehen Stimmen von den etablierten Parteien ab. Was die Stichwahl zum Landrat anbelangt, in der Mück am 29. März wieder antritt, "sind ein paar Dinge in Planung". In Zeiten der Corona-Krise ist der persönliche Kontakt zu den Wählern natürlich ausgeschlossen. Flyer oder Videos im Internet seien Möglichkeiten, die Botschaften an den Wähler zu bringen.

Für die CSU sitzen im neuen Kreistag in jedem Fall Manuel Mück, Anita Meinelt, Florian Herrmann, Erich Irlstorfer, Eva-Maria Oberloher, Ozan Iyibas (beide neu), Simon Senger, Martin Reiter, Konrad Weinzierl, Uwe Gerlsbeck (neu), Josef Deliano, Martin Linseisen (neu), Harald Reents, Johann Stegmair, Georg Hadersdorfer (neu), Monika Herrmann, Martin Hellerbrand und Gregor Wild (neu). Vor der Wahl hatten bereits Paul Bauer, Mariele Klose, Ernestine Rottmair und Rosa Westermair ihren Rückzug angekündigt. Josef Niedermair war ebenfalls nicht mehr angetreten. Rudolf Heinz, Andreas Adldinger, Josef Riemensberger, Konrad Schickaneder und Georg Schmid haben den Einzug in den Kreistag nicht mehr geschafft. Einen mächtigen Sprung nach vorne hat Linseisen gemacht. Er rückte mit 21 043 Stimmen vom Listenplatz 43 auf Rang 12 vor. Da versammelte er wohl viele Wähler aus dem nördlichen Landkreis hinter sich.

Grüne

Die Grünen im Landkreis können ihre Erfolgsserie fortsetzen. 2014 errangen sie noch 19,4 Prozent der Stimmen, jetzt waren es 22,2, was 15 Sitze im neuen Kreistag bedeutet "Wir haben ziemlich zugelegt", sagt Claudia Bosse, Fraktionssprecherin der Grünen im Kreistag, erfreut. Je nach Betrachtungsweise hat die Umweltpartei um einen oder zwei Sitze dazu gewonnen. Die aktuelle Besetzung im Kreistag zugrunde gelegt, ist Letzteres der Fall. Zwar hatten die Grünen bei der letzten Kreistagswahl 14 Sitze zugestanden bekommen, allerdings wechselte Birgit Mooser-Niefanger nach einiger Zeit zur Freisinger Mitte über. Fortan gab es nur noch 13 Grüne im Kreistag. "Wir waren damals schon sehr stark", sagt Claudia Bosse, die auf gute Arbeit im neuen Gremium hofft. In diesem stellen sie die zweitstärkste Fraktion. Natürlich sind die Grünen vor allem in den großen Kommunen stark, wenngleich sie in Freising den Lokalmatadoren von der Freisinger Mitte den ersten Platz überlassen mussten. Aber sogar in den kleinen Gemeinden haben die Grünen gepunktet. "Auch in der Hallertau", betont Claudia Bosse. Nirgendwo waren die Grünen nur einstellig. In den kommenden Tagen soll laut Claudia Bosse feststehen, ob eine Empfehlung für die Stichwahl ausgesprochen werden soll. Und wenn ja, für wen.

Die Grünen sind im neuen Kreistag stark verjüngt mit Johannes Becher, Eva Bönig, Claudia Bosse, Toni Wollschläger, Michael Stanglmaier, Franz Heilmaier (neu), Robert Wäger, Alexandra Becher, Erhard Schönegge, Joana Bayraktar, Evelin Altenbeck, Sabina Brosch, Leon Eckert, Judith Mayerhanser und Verena Juranowitsch vertreten. Die letzten sechs gehören allesamt zur jungen Riege. Vor der Wahl hatten bereits Christian Magerl, Barbara Prügl und Angelika Werner-Ripperger ihren Verzicht auf eine erneute Kandidatur angekündigt. Den Einzug in den Kreistag haben Franz Spitzenberger und Waltraud Heinlein-Zischgl verpasst. Häufelkönig bei den Grünen ist Erhard Schönegge, der mit 19 125 Stimmen vom 46. Listenplatz auf den neunten Rang kam.

Freie Wähler

20,5 Prozent hatten die Freien Wähler noch 2014 auf sich vereinen können. Am Sonntag fuhren sie 19,9 Prozent ein. Damit fallen sie im Ranking zwar hinter die Grünen zurück, doch lasse sich mit dem Ergebnis ganz gut leben, so Fraktionsvorsitzender Rainer Schneider. Er wertet das Abschneiden als Erfolg. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die Freien Wähler wegen des mit der CSU beschlossenen Moratoriums zur dritten Startbahn am Flughafen im Erdinger Moos viel Schelte ernten mussten. Damals sank die Gruppierung in der Wählergunst. Vor allem Landtagsabgeordneter Benno Zierer habe sich viele Anfeindungen gefallen müssen. Mittlerweile ist diese Missstimmung wieder abgeklungen. Die Wähler hätten die gute Arbeit des Landtagsabgeordneten und der Fraktion im Kreistag anerkannt, sagt Schneider.

Aktuell sind die Freien Wähler im Kreistag mit 15 Räten vertreten. Ursprünglich waren es nach der Wahl von 2014, so wie nach der jüngsten Auszählung, 14 gewesen. Allerdings war Helmut Priller vor gut einem Jahr von der ÖDP zu den Freien Wählern gewechselt. Die Gruppierung entsendet vor der Stichwahl Benno Zierer, Helmut Petz (neu), Gerhard Betz, Maria Scharlach, Karl Ecker, Hans Sailer, Georg Krojer (neu), Susanne Hoyer (neu), Josef Dollinger, Robert Scholz, Rupert Popp, Rainer Schneider, Michael Hobmaier (neu) und Marianne Heigl in den Kreistag. Nicht mehr dabei sind Anton Geier, Ludwig Kieninger, Brigitte Niedermeier und Helmut Priller. Heino Pause könnte nachrücken, wenn Petz Landrat wird. Häufelkönig ist hier Karl Ecker, der sich mit 21 605 Stimmen auf den fünften Platz vorarbeitete.

AfD

Die AfD ist im neuen Kreistag mit vier Sitzen vertreten. Mit dabei sind Landratskandidat Franz Scholz, Bundestagsabgeordneter Johannes Huber, Gerhard-Michael Welter und Michael Albuschat.

SPD

"Das Ergebnis ist enttäuschend", gibt Andreas Mehltretter, Kreisvorsitzender der SPD, unumwunden zu. 10,5 Prozent der Stimmen haben die Sozialdemokraten 2014 erreicht, am Sonntag waren es nur noch 7,2. "Wir haben einen guten Wahlkampf gemacht und von allen das umfangreichste Konzept und Ideen gehabt", bedauert Mehltretter. Der Wähler hat dennoch sein Kreuzchen bei anderen Parteien gemacht. Sicher spielt da der Eindruck, den die SPD auf Bundesebene abgibt eine Rolle. Da habe es aber zuletzt einen Aufschwung gegeben, sonst wäre das Ergebnis bei den Kommunalwahlen noch schlechter ausgefallen", vermutet Mehltretter. Speziell in Bayern werde die SPD nicht mehr als der Herausforderer der CSU wahrgenommen.

Mit "neuen Gesichtern" will die SPD für neuen Schwung im Kreisrat sorgen. Im aktuellen ist sie mit sechs vertreten. Ursprünglich hätten den Sozialdemokraten nach der letzten Wahl sieben zugestanden. Doch Birgit Großkopf war unmittelbar nach der Wahl aus der SPD ausgetreten und saß seitdem als Parteilose im Gremium. Den Einzug in den neuen Kreistag haben Peter Warlimont, Martin Pschorr, Beate Frommhold-Buhl, Sebastian Thaler (neu) und Herbert Bengler (neu) geschafft. Dieter Thalhammer und Martin Bengler hatten verzichtet. Anton Neumaier hat den Einzug in den Kreistag knapp verpasst. Martin Pschorr,13. auf der Liste, sprang mit seinen 9689 Stimmen bis auf Platz zwei vor und sitzt wieder im Kreistag.

FDP

Mit zwei Plätzen und ganz neuem Personal sind die Liberalen im neuen Kreistag vertreten. Josef Stimmelmeier hielt dort bislang die Fahne für die Liberalen hoch. Er hat seinen Sitz nicht behaupten können. Ihn ersetzen nun Tobias Weiskopf und Susanne Hartmann.

Freisinger Mitte

Ihre aktuell sieben Sitze im Kreistag hat die Freisinger Mitte behauptet. Das Personal ist unverändert: Tobias Eschenbacher, Birgit Mooser-Niefanger, Christoph von Schilling, Anton Frankl, Maria Lintl, Samuel Fosso und Johann Hölzl.

ÖDP

Drei Vertreter entsendet die ÖDP in den Kreistag. Es sind dies Christian Fiedler, Florian Pflügler (neu) und Manfred Reuß.

Die Linke

Die Freisinger Linke ist ebenfalls wieder mit zwei Räten im Kreistag vertreten. Guido Hoyer und Albert Schindlbeck haben ihre Sitze behauptet.

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Quelle:
SZ vom 19.03.2020/fpol
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