Süddeutsche Zeitung

Nach der Kommunalwahl im Landkreis:Schlechte Frauen-Quote

Auch nach dieser Wahl ist der Anteil der weiblichen Mitglieder in den Gremien selten höher als ein Drittel.

Von Petra Schnirch, Freising

Die gute Nachricht: Es gibt jetzt drei Rathaus-Chefinnen im Landkreis, bisher waren es nur zwei. Eine vierte könnte in Hohenkammer hinzukommen, wenn die Wahl dort nachgeholt wird. Der Anteil der Frauen in den 24 Stadt- und Gemeinderäten aber hat sich bei den Kommunalwahlen nicht signifikant verändert. In Freising ist er sogar geschrumpft, nur elf der 40 neugewählten Stadträte sind Frauen, bisher waren es 16. Ohne die Vertreterinnen der Grünen fiele die Bilanz oft noch schlechter aus. In Moosburg beispielsweise stellen sie drei von fünf Stadträtinnen in dem 24-köpfigen Gremium.

Eine, die sich durchgesetzt hat und viel Anerkennung erfährt, ist Susanne Hoyer (FW), die in Langenbach mit eindrucksvollen 80,5 Prozent als Bürgermeisterin bestätigt worden ist. Warum vielen Frauen der Mut fehle, sich politisch zu engagieren, "darüber rätseln wir schon lange", sagt Hoyer. Oft zögerten sie und fragten sich, "ob sie das können, Männer dagegen trauen sich das zu". Hoyer engagiert sich in der Arbeitsgemeinschaft des Gemeindetags "Frauen führen Kommunen" und hat selbst Frauen angesprochen, wie sie erzählt, um sie zur Kandidatur zu ermuntern. Immerhin sechs der 16 Gemeinderäte in ihrer Gemeinde sind nun weiblich.

Mit Christine Stein (CSU) und Christa Summer (SPD) gibt es in Langenbach zwei erfahrene Kommunalpolitikerinnen, die sicher auch Vorbildfunktion haben. Anders ist das in Gammelsdorf. Das Gremium ist derzeit rein männlich, künftig aber gibt es gleich drei Gemeinderätinnen und mit Raimunda Menzel (ÜWG) auch eine Bürgermeisterin. Eine wirkliche Erklärung für diesen Wandel hat Maria Ritch, die für die Bürgernahe Gruppe Gammelsdorf den Sprung in den Gemeinderat geschafft hat, nicht. Sie selbst habe die Gemeindepolitik schon immer mit Interesse verfolgt, sei bisher aber beruflich sehr eingespannt gewesen - Ritch arbeitet beim Bund der Steuerzahler, sie ist Vizepräsidentin des Landesverbands. Wichtig sei, dass man im Dorf bekannt ist, denn die Kommunalwahl sei eine Persönlichkeitswahl. Der erste Schritt aber sei, dass sich Frauen überhaupt aufstellen lassen, in Gammelsdorf gab es diesmal sieben Kandidatinnen für die zwölf Sitze.

Gerade Frauen mit kleinen Kindern, sagt Anita Wölfle, seien im öffentlichen Leben oft nicht präsent

Anita Wölfle (FW) war in Wolfersdorf immer schon gut vernetzt. Sie ist seit 24 Jahren Gemeinderätin, derzeit Zweite Bürgermeisterin, im Mai wird sie auf dem Chefsessel im Rathaus Platz nehmen. Widerstand habe sie nie erfahren, sagt sie. Auch sie glaubt, dass viele Frauen nicht den Mut haben, sich in der Gemeindepolitik zu engagieren. Sie seien oft mit der Kinderbetreuung beschäftigt und überließen die Politik den Männern. "Bei mir war das anders", erzählt sie. Schon ihr Vater war Bürgermeister. Als er aufhörte, bewarb sie sich mit Erfolg um einen Sitz im Gemeinderat. Sie wollte Politik mitgestalten, hatte Eltern die auf die Kinder aufpassten und auch ihr Mann stand hinter ihr. Zuvor war sie bereits Vorsitzende der Frauengemeinschaft und in vielen Vereinen aktiv. Die Aufgabe als Zweite Bürgermeisterin "hat mir Spaß gemacht", sagt sie. Deshalb habe sie nicht lange gezögert, als man ihr die Bürgermeister-Kandidatur angetragen habe. Gerade Frauen mit kleinen Kindern aber seien oft nicht präsent im öffentlichen Leben - und werden dann auch nicht gewählt.

In den 24 Stadt- und Gemeinderäten im Landkreis ist der Frauenanteil selten höher als ein Drittel, oft beträgt er nur ein Viertel. In Wang ist Politik nach wie vor reine Männersache. Im neuen Kreistag sind lediglich 18 der 70 Mitglieder Frauen. Fahrenzhausen (acht von 20), Kranzberg und Langenbach (je sechs von 16) stechen ein wenig heraus. Susanne Hoyer spricht ein weiteres Problem an: dass auch Frauen oft keine Frauen wählen. "Vielleicht spielt ein gewisser Neid eine Rolle", meint sie. Junge Frauen würden oft als Rabenmütter abgestempelt, wenn sie sich nicht ausschließlich um die Kinder kümmern. Und es sei tatsächlich schwierig, alles unter einen Hut zu bekommen. Oft bleibe keine Zeit für die Politik, solange sich an einer "halbwegs klassischen Rollenverteilung" nichts ändert. Sie sei keine Anhängerin einer Quote, sagt Hoyer. "Es ist schade, wenn man sie braucht - aber es sieht fast danach aus." Außerdem müsse man dranbleiben und motivieren.

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SZ vom 20.03.2020/lada
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