Satire-Partei bei der Kommunalwahl:Sehr akribisch, sehr amüsant

Aufstellungsversammlung 'Die Partei' im Furtnerbräu

"Die Partei" mischt in der Freisinger Kommunalpolitik mit: Sophie Hess und Sven Ortmann (rechts) stehen als Bürgermeisterkandidaten bereit, die Stadtratsliste führt Tjalf von Ahsen (3. v. l.) an, links Daniel Weigelt.

(Foto: Andreas Gebert)

"Die Partei" nominiert Sophie Hess zur Bürgermeisterkandidatin und stellt ihre Liste für den Freisinger Stadtrat vor. Die Versammlung der Satirepartei hat hohen Unterhaltungswert

Von Paulina Gastl, Freising

Die Informatikstudentin Sophie Hess ist Bürgermeisterkandidatin der Satirepartei "Die Partei". Die Mitglieder legten am Mittwochabend im Furtnerbräu auch ihre Listenkandidaten für die Stadtratswahl fest. Zu den Hauptforderungen der Partei, auch wenn diese wohl nicht ganz ernst gemeint sind, gehören ein Bierbrunnen für Freising, die Eröffnung eines Bordells in der Stadt und der vierspurige Ausbau der Hauptstraße in der Innenstadt.

Es ist 18.30 Uhr an diesem Mittwochabend und die meisten Mitglieder sind eingetroffen. Fast wie uniformiert sitzen sie auf den Holzbänken, alle in grauem Anzug mit roter Krawatte. Es sind nicht nur einige Anhänger der "Partei" aus Freising, sondern auch aus München und Augsburg dabei. Das Prozedere beginnt: die akribisch genaue Akkreditierung der Mitglieder. Die Sache nimmt man sehr ernst. Jeder muss sich mit seinem Mitgliedsausweis bei Tjalf von Ahsen melden. Er ist Vorsitzender des Kreisverbands Freising sowie landespolitischer Sprecher der "Partei". Der Mitgliedsausweis wird zudem auch noch mit dem Personalausweis verglichen, um sicherzugehen, dass die Anwesenden auch die sind, die sie vorgeben zu sein - obwohl sich hier eigentlich alle persönlich kennen.

Akribisch wie auf einem Gipfeltreffen wird alles genauestens überprüft und abgestimmt

Es wird gefragt, ob alle Mitglieder ordentlich und rechtzeitig geladen wurden, abgestimmt, ob die Presse, die der Vorstand selbst eingeladen hat, anwesend sein darf. Und meldet sich einer, um freiwillig das Protokoll des Abends zu verfassen, stimmen die Mitglieder auch erst einmal darüber ab, ob die Person dieses Amt wirklich übernehmen darf. Alles wird genauestens festgehalten, eingetragen, aufgeschrieben. Man könnte meinen, man befinde sich bei einem großen Gipfeltreffen, nichts geht hier, ohne dass die Partei davor alles genauestens abgestimmt hat. Doch wenn man alles so genau nimmt, dauert das eine Weile.

Nachdem auch demokratisch abgestimmt wurde, wer die folgende Wahl auszählen, wer dabei helfen und wer die Aufstellungsversammlung leiten darf, beginnt die Vorstellungsrunde der Bürgermeisterkandidaten. Jeder bekommt exakt fünf Minuten Zeit, um sich vorzustellen, doch die Ziele der Parteimitglieder sind so klar, dass keiner die Zeit annähernd ausfüllt.

Sophie Hess ist Informatikstudentin in Landshut und möchte Bürgermeisterin von Freising werden. Für sie ist klar: Die Autos in der Stadt Freising brauchen mehr Platz. Deswegen schlägt sie vor, die Hauptstraße in der Innenstadt vierspurig auszubauen. Außerdem findet sie es "total unfair", dass München Bayerns Landeshauptstadt ist. Dass Freising künftig diese Rolle einnimmt, ist ein weiteres Ziel der Studentin.

Die Kandidaten

Platz 1: Tjalf von Ahsen, 2. Daniel Münzmay, 3. Nicole von Ahsen, 4. Andreas Decker, 5. Dr. Janys Pleßmann, 6. Benedikt Ritter von Waechter, 7. Christoph Galle, 8. Daniel Weigelt, 9. Sophie Hess, 10. Mirko Blockwitz, 11. Sven Ortmann, 12. Marc Lebküchner.

Der zweite Kandidat fordert ein Bordell für Freising

Als Zweites stellt sich Sven Ortmann aus München vor. Falls Sophie Hess gewählt werden sollte, jedoch aus gewissen Gründen nicht antreten könnte, will er für sie einspringen. Er kommt zwar aus München, verspricht aber, nach Freising zu ziehen, falls er Bürgermeister werden sollte. "Wie ihr alle wisst, hat Freising inzwischen mehr als 50 000 Einwohner, also wird es Zeit, dem Leierkasten in München Konkurrenz zu machen und ein Puff zu errichten", verkündet er. Laut Artikel 297 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch sei es Kommunen mit mehr als 50 000 Einwohnern erlaubt, Prostitution in gewissen Bereichen zu genehmigen. Was auch wieder erwähnt wurde, war das Aufstellen eines Bierbrunnens.

Kurz vor der Auszählung sagt der gewählte Auszähler, dass er gar nicht zählen könne. Der Protokollant macht ihm Mut und meint: "Keine Sorge, ich kann nicht schreiben". Sophie Hess entgegnet den beiden: "Ich kann sogar beides, also wählt mich!" Und tatsächlich wird sie zur Bürgermeisterkandidatin der Satirepartei gewählt.

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