Mitten im Landkreis:Wahlkampf macht hungrig

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Das Essen - es spielt eine zentrale Rolle im Wahlkampf der Freisinger Parteien. Von Weißwurst bis Grünkohl, von klassisch bis hipp ist alles dabei. (Foto: Florian Peljak)

Die Parteien favorisieren ganz unterschiedliche Rezepte - der eine kocht besser, der andere ist weniger originell.

Kolumne von Kerstin Vogel, Freising

"Abseits - Rettich", steht auf dem Wahlplakat. Aufgestellt hat es die Freisinger Linke und damit nicht nur das Radi-Wortspiel aus dem Kampf um die Kultkneipe aufgegriffen. Bewusst oder unbewusst liegen die Linken damit auch genau im Trend des auf Touren kommenden Wahlkampfs. Fast könnte man angesichts all der Slogans und Bonmots um Rezepte und Kulinarik den Verdacht haben, die Parteien und Gruppierungen hätten versehentlich alle auf den selben Spindoktor zurückgegriffen, aber vielleicht sind sie alle auch nur besonders witzig, wortgewandt und - hungrig?

Schon Ende vergangenen Jahres hatten die Grünen in einer schicken kleinen Broschüre ihre grünen Erfolgsrezepte zusammengefasst. Nachlesen konnte man dort nicht nur, was die Stadtratsfraktion politisch alles "angerichtet hat", sondern auch, was wer so kocht, also Jürgen Maguhn zum Beispiel Grünkohl, inklusive Kochrezept - kulinarisch zumindest ein tatsächlicher Mehrwert für die Bayern.

Iybias macht eine kulinarischen Reise durch Neufahrn und die SPD in Marzling läd zum "Weißnedwurscht"-is-Frühstück

Auch Jürgen Mieskes, OB-Kandidat der CSU, lässt wissen, was er wie am liebsten kocht - und wirbt mit dem Rezeptbuch: "Unsere besten Rezepte für Freising". Auf 52 Seiten findet der geneigte Wähler da nicht nur die Lieblingsrezepte der 40 Stadtratskandidaten, sondern auch deren Vision für Freising, denn: "Bei einem schmackhaften Gericht müssen die Zutaten zueinander passen, so wollen wir auch bei unseren Rezepten das beste Ergebnis kreieren, in dem die Themen aufeinander abgestimmt sind und miteinander harmonieren."

Ozan Iyibas, Bürgermeisterkandidat der Neufahrner CSU, redet nicht nur, sondern macht - und lädt alle Bürgerinnen und Bürger zu einer kulinarischen Reise durch die Vielfalt der Neufahrner Nationen ein. Statt politischer Reden wird er dabei den Kochlöffel schwingen - während die SPD in Marzling ein Weißwurstfrühstück unter dem Motto "Weil mir Marzling net Wurschd ist!" anbietet. Quasi ein "Weißnedwurscht"-is-Frühstück. Ansonsten möchte die SPD gerne "Ansprech-Bar" sein und trifft sich deshalb in solchen mit dem Wähler - auch lustig.

Das Stadt-Land-Gefälle im Wahlkampf: Bingo und Brotzeit versus "After-Work-Party" und Sit-in an der Feuerschale

Dass es auch im Wahlkampf eine Art Stadt-Land-Gefälle gibt, offenbart ein Blick in die Hallertau: Die Grüne offene Liste Attenkirchen bietet altmodisch die Gelegenheit, ihre Kandidaten und Kandidatinnen beim "Bingo" mit Kaffee und Kuchen kennenzulernen. Und in Nandlstadt steht eine Veranstaltung der CSU unter dem fast schon langweiligen Motto "Politik & Brotzeit", dafür haben die Parteifreunde in der Stadt Freising die Gelegenheit genutzt und einen Besuch des CSU-Generalsekretärs Markus Blume nicht nur als hippe "After-Work-Party" angekündigt, sie nennen die Veranstaltung auch noch "Bier mit Blume".

Auch eher auf Getränke setzt der OB-Kandidat der FDP in Freising, Jens Barschdorf, der auf Wunsch Hausbesuche macht und dann "gemütlich am Lagerfeuer ein bis zwei Stunden verbringen und über Politik und alltägliche Herausforderungen in unserer Heimatstadt sprechen" will. Weil die wenigsten Menschen, zumal im Winter, mit einem Lagerfeuer vor ihrer Haustür aufwarten können, bringt Barschdorf nicht nur Glühwein und Punsch mit, sondern auch eine Feuerschale. Anders herum geht ein Stadtrat der Freien Wähler, Karl Heinz Freitag, die Sache mit dem Wählerkontakt an. Die Frage, warum man ihm drei Stimmen geben soll, beantwortet er auf Facebook mit der Erklärung "Ich fördere Freisings Wirtschaft(en)", ergänzt um den Hinweis, welche an diesem Tag dran sei. Trotz dieses klaren Kalauers gewinnt Karl Heinz Freitag übrigens den Preis für den besten Slogan: Frech hat er sich bei der Klimaschutzbewegung "Fridays for Future" bedient und wirbt nun mit dem Slogan "Freitag for Future - wählt das Original!"

© SZ vom 06.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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