Kinderbetreuung:Kürzung der Öffnungszeiten macht Eltern wütend

Kinderbetreuung: Berufstätige Eltern sind auf die Betreuung ihrer Kinder in Kitas angewiesen.

Berufstätige Eltern sind auf die Betreuung ihrer Kinder in Kitas angewiesen.

(Foto: Axel Heimken/dpa)

Die Freisinger Kitas schließen teilweise von September eine Stunde früher. Als Grund dafür wird der eklatante Fachkräftemangel angegeben. Berufstätige Eltern stellt das vor erhebliche Probleme und sie fordern Alternativen.

Von Charline Schreiber, Freising

Kurz vor den Pfingstferien landet im Postkasten der Familie Nowak aus Freising ein Brief. Betreff: "Kürzung der Öffnungszeiten für die Kindertageseinrichtung." Darunter ein halbseitiger Fließtext. Die Eltern werden von der Stadt darüber informiert, dass ihr Kind ab September eine Stunde weniger betreut wird. Ihren Sohn müssen sie nun um 15.30 Uhr statt um 16.30 Uhr abholen, bestehende Vereinbarungen werden gekündigt. Vorwarnungen gab es nicht.

Das Ehepaar möchte anonym bleiben und heißt in diesem Text Hanna und Adrian Nowak, ihre richtigen Namen sind der Redaktion bekannt. Beide sind beruflich am Nachmittag darauf angewiesen, dass ihr Kind betreut wird. Dass sie so kurzfristig von den Änderungen erfahren, macht sie wütend. Über die Pfingstferien haben sie nun Zeit, sich mit der Kindergartenleitung in Verbindung zu setzen und die neue Betreuungsvereinbarung zu unterschreiben. Für die Familie Nowak ist das die letzte Option, die sie eingehen wollen.

Elf von 15 Kindertageseinrichtungen, die von der Stadt Freising getragen werden, sind davon betroffen. Dass Öffnungszeiten gekürzt werden, sei für das Kindergartenjahr 2022/23 unvermeidlich, sagt Christl Steinhart, Pressesprecherin der Stadt Freising. In einem Fall fängt der Tag für die Kinder eine halbe Stunde später an, in allen anderen betroffen Einrichtungen müssen sie eine halbe bis ganze Stunde früher gehen. Die Krankheitstage der Pädagogen und Pädagoginnen seien angestiegen, Erzieherinnen veränderten sich beruflich. Überhaupt fehle es in allen Ecken an Fachkräften. Von den 189 pädagogischen Mitarbeitenden fehlen nach Informationen derzeit allein 23 Erzieherinnen wegen Schwangerschaft oder Mutterschutz. Hinzu kämen unbesetzte Stellen oder Vollzeitstellen, die teilweise nur in Teilzeit oder gar nicht nachbesetzt werden könnten, sagt Christl Steinhart weiter. Betreuungszeiten zu kürzen sei daher "für alle Beteiligten eine fordernde Situation."

Das Bestandspersonal soll wegen Personalmangels nicht überlastet werden

"Es geht immer um die Qualität in den Abläufen der Kitas, darum, alle drei Aufträge, also Erziehung, Bildung und Betreuung, gut zu erfüllen. Und das meint ausdrücklich auch, das Bestandspersonal wegen Personalmangel nicht zu überlasten", erklärt sie. Dabei gehe es um die Fürsorgepflicht, um fachliche Werte. Die Stadt Freising betreut nach eigenen Angaben rund 1050 Kinder in den 15 kommunalen Kindertageseinrichtungen. Personal für insgesamt 52 Gruppen mit Kindern im Alter von eins bis zehn Jahren müsse dafür eingesetzt werden. Ein Fünftel der Mitarbeitenden der Stadt sei pädagogisches Fachpersonal. Alle würden seit Jahren zusätzlich belastet, durch steigende Nachfrage an Kita-Plätzen, Personalmangel und in den vergangenen zwei Jahren auch durch die Pandemie.

Auf die Frage, was Eltern geraten werde, die ihre Kinder aus beruflichen Gründen nicht früher aus der Kita abholen könnten, sagt Christl Steinhart: "Wir haben uns mit der frühzeitigen Information der Eltern über die Situation bemüht, den Eltern die Möglichkeit zu Lösungsfindungen zu geben." Auch seien sie weiterhin bemüht, pädagogisches Personal einzustellen. "Das heißt dann, dass ich meine Arbeitszeiten reduzieren muss und finanzielle Einbußen habe", sagt wieder die direkt Betroffene Hanna Nowak. Die Eltern überlegen, die Kindertagesstätte zu wechseln, weil es aber generell an Fachkräften mangelt, gestalte sich die Suche schwierig. Sie schlagen vor, dass Eltern in der Nachmittagsstunde einspringen oder die Betreuungszeit an einem Tag der Woche schon um zwölf Uhr endet, dafür aber an den anderen Wochentagen regulär weiter läuft. "Es ist einfacher, einen Tag abzudecken, als jeden Tag eine Stunde. Das wäre die schlechteste Option", sagt Adrian Nowak.

Durch die Pandemie verändern sich vermehrt Fachkräfte beruflich

Das Freisinger Kita-Regionalbüro der Erzdiözese München Freising trägt elf Kindertagesstätten, davon sei nur St. Pius in Moosburg von gekürzten Betreuungszeiten betroffen, sagt die pädagogische Leiterin Katja Zang. In rund der Hälfte der Einrichtungen fehle es aber an Personal, zwölf Stellen für Fach- und Ergänzungskräfte seien aktuell ausgeschrieben. Eine weitere in leitender Funktion und eine als "Springer", der zum nächstmöglichen Zeitpunkt mobil in allen elf Einrichtungen arbeiten soll. Den Fachkräftemangel konkret begründen könne Zang aus datenschutztechnischen Gründen nicht. Klar ist aber, dass sich besonders durch die Pandemie Fachkräfte vermehrt beruflich verändern. Die fehlende Transparenz macht es Eltern schwierig zu verstehen, warum gekürzte Öffnungszeiten der einzige Weg sind, um die Fürsorgepflicht aufrechtzuerhalten.

Betroffene Eltern wie Hanna und Adrian Nowak wollen sich nun mit anderen in einer Elterninitiative zusammenschließen. Sie haben dafür eine Email-Adresse eingerichtet, an die sich Familien wenden können. Unter ganztagsbetreuung_kiga_freising@web.de können Eltern ihre Sorgen schildern.

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