Die "sprechende Medizin", wie Heino Pause das Gespräch zwischen Arzt und Patient beschreibt, wird heutzutage kaum noch von den Kassen honoriert. Deshalb gebe es im Landkreis auch inzwischen mehr Heilpraktiker als Ärzte, stellt er kritisch fest. Für eine Heilung, besonders von Krebspatienten, brauche es jedoch mehr als nur moderne Analysemethoden und Medikamente.
SZ: Was brauchen Krebspatienten neben der reinen medizinischen Versorgung?
Pause: Zuwendung, Aufmerksamkeit, Toleranz und Verständnis. Die Angehörigen sind besonders gefordert. Viele Menschen haben Angst vor dieser Krankheit und wissen nicht, wie sie mit dem Betroffenen umgehen sollen.
Wovon hängen die Heilungschancen bei einer Tumorerkrankung Ihrer Erfahrung nach ab?
Die Medizin hat enorme Fortschritte gemacht und vor allem auch das Bewusstsein der Patienten hat sich verändert, man geht viel häufiger zur Früherkennung. Früher kamen Patientinnen oft mit einer weit fortgeschrittenen Tumorerkrankung zu mir, das passiert heute kaum noch. Im Anfangsstadium kann man viel besser behandeln und heilen. Außerdem war die technische Verbesserung des Ultraschalls und der bildgebenden Verfahren insgesamt für die Diagnose ein Segen, denn davor konnten wir einen Tumor ja nur ertasten. Die Heilungschancen hängen von dessen Bösartigkeit ab, aber auch von der psychischen Verfassung des Patienten. Eine positive Einstellung wirkt sich auch positiv aus.

Freisinger Köpfe:Im Ruhestand immer aktiv
Heino Pause nutzt sein großes Netzwerk, um anderen zu helfen
Für die Bedürfnisse der Patienten neben der medizinischen Versorgung gibt es den Verein "Maria und Christoph". Wie erfahren die Patienten davon und woher stammt der Name?
Maria und Christoph waren zwei engagierte Patienten, sie standen für die Namensgebung Pate. Die Schnittstelle zwischen Krankenhaus und Verein ist die Psychoonkologin Nathalie Anthony, die sowohl im Krankenhaus als auch ambulant arbeitet. Natürlich informieren auch die Freisinger Praxen über den Verein, der allen Krebspatienten offen steht. Für sie wollen wir gute Rahmenbedingungen für eine gute Behandlung schaffen.
Was bietet der Verein den Patienten?
Wir bieten Aufklärung und möchten, dass die Betroffenen die Erkrankung, die Behandlung und die Folgen davon verstehen. Außerdem helfen unsere Angebote, Ängste und Depressionen abzubauen und fördern eine gesunde Lebensweise. Wir bieten zum Beispiel psychoonkologische Gespräche, Kurse in Atemtherapie, Malen und Gestalten, Ernährungsberatung, Musiktherapie, Shiatsu, Kosmetik, Yoga, Wellness und Massage und auch Pilgern an - alles Angebote, die nicht von den Krankenkassen bezahlt werden. Ganz wichtig ist uns die Betreuung von Kindern Betroffener in Zusammenarbeit mit der Diakonie.
Ein großer Anteil an Ihrer Arbeit als Gynäkologe war natürlich auch die Geburtshilfe. Wie sahen Sie dabei Ihre Rolle als Arzt und was hat sich seit den 70er Jahren verändert?
Am Anfang habe ich von einer erfahrenen Hebamme gelernt und immer wieder mit sehr guten Hebammen und Kollegen zusammen gearbeitet, das war sehr wertvoll. Ich plädierte jedoch immer für eine sichere Geburt im Krankenhaus, obwohl ja in den 80er und 90er Jahren vermehrt Geburtshäuser entstanden und Hausgeburten zunahmen. Wir haben im Krankenhaus eine persönliche Atmosphäre geschaffen, die Frauen konnten sich zum Beispiel die Geburtsposition aussuchen. Wir haben seit den 70er Jahren auch die Väter ermuntert, mit dabei zu sein. Die Geburt kann eine schwierige Situation sein, die auch Gefahren birgt, manchmal muss man schnell eingreifen und operativ entbinden. Dafür ist es dann gut, wenn man im Krankenhaus ist. Sehr kritisch sehe ich die enorme Zunahme der Wunsch-Kaiserschnitte. Als ich anfing, wurde bei acht von hundert Geburten ein Kaiserschnitt gemacht, heute bei 30. Das ist fast ein Drittel aller Geburten, die eigentlich eine natürliche Sache sind.
Woran liegt das?
Die Anspruchshaltung der Patientinnen ist größer geworden und wenn es Probleme gibt, hat das Haftungsrisiko für den Arzt zugenommen. Deshalb wird oft entschieden, nicht auf eine natürliche Geburt zu warten, die manchmal lange dauert, sondern das Kind schnell operativ zu holen. Wie sich das Risiko erhöht hat, sieht man auch an den Kosten für eine Arzthaftpflichtversicherung. Dafür bezahlte ich am Anfang meiner Tätigkeit jährlich 8000 Mark, am Ende dann 24 000 Euro.
Als Frauenarzt steht man oft zwischen Leben und Tod, wie haben Sie die Nähe zu diesen Schicksalen psychisch verarbeitet?
Ich habe schon am Anfang als Gynäkologe eine Ausbildung für psychosomatische Beratungen absolviert, dabei wird man geschult, auf sich selbst zu achten. Sehr unterstützt hat mich meine Balint-Gruppe mit mehreren Gynäkologen, die sich regelmäßig mit einem erfahrenen Psychologen trafen, um Problemfälle zu besprechen. Sie dürfen als Arzt Mitgefühl haben, aber es nicht zu nah an sich herankommen lassen. Sehr unterstützt hat mich auch meine Familie, meine Frau, mit der ich seit 1969 verheiratet bin und meine zwei Söhne und heute die drei Enkel.
Sie mischen in Ihrem Ruhestand seit zehn Jahren auch für die Freien Wähler in der Kommunalpolitik mit, was ist Ihnen dabei wichtig?
Als Kreisrat bin ich Mitglied der "Gesundheitsregion plus" und des Aufsichtsrats des Klinikums Freising und arbeite mit daran, das Gesundheitsangebot im ambulanten und stationären Bereich zu optimieren. Ich möchte auch mithelfen, das Verhältnis der Stadt Freising zum Wissenschaftsstandort Weihenstephan zu verbessern und beide viel mehr vernetzen. Wir haben mit den Hochschulen einen Goldschatz und nutzen ihn viel zu wenig.