Moritz wurde 2011 geboren, er kam mit Trisomie 21 zur Welt. Der Zehnjährige wisse, dass er das Down-Syndrom hat, sagt seine Mutter Irmi Hierhager. Sie ist Mitbegründerin der Freisinger Initiative für Inklusion (Fini), die in diesem Frühling ins Leben gerufen wurde. "Wir haben Höhen, die höher sind, und Tiefen, die tiefer sind, als in anderen Familien." Aber dennoch habe ihr Sohn eine relativ normale Kindheit. Momentan besucht Moritz eine Partnerklasse, das bedeutet, dass seine Klasse zum Teil gemeinsam mit einer Regel-Grundschulklasse Unterricht hat.
Während der Corona-Krise sei das anders gewesen, berichtet Hierhager. "Durch die Pandemie hat die Inklusion einen herben Rückschritt erlitten." Nicht nur viele inklusive Projekte und Angebote, die in den vergangenen Jahren von Institutionen, Vereinen und Eltern initiiert wurden, fielen weg. Sondern auch die schulische Inklusion, derzeit noch "ein zartes Pflänzchen", kam teilweise vollständig zum Erliegen. "Das gab den Anstoß für unsere Initiative", sagt Hierhager.
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Etwa zehn Familien haben sich zusammengetan
Sie ist seit der Geburt von Moritz mit einer wachsenden Zahl von Familien, die ein Kind mit Behinderung oder Beeinträchtigung haben, vernetzt - etwa zehn Familien bilden den harten Kern. Mit diesen hat sie einen engen Kontakt. "Wir waren damals von der Entwicklung schockiert, gleichzeitig hat uns das mobilisiert, etwas zu tun", erzählt sie. Die Familien haben sich schließlich unter dem Motto "olle zsam" zusammengetan, um eine neue Initiative für den Landkreis Freising auf den Weg zu bringen. Mit dem großen Ziel, die Inklusion weiterzuentwickeln.
"Wir maßen uns nicht an, zu sagen, es gebe bislang nichts", betont Hierhager. Natürlich gebe es integrative Einrichtungen, Kindergartengruppen, Schulklassen und die Lebenshilfe Freising. Aber Fini wolle mehr. Die Lücken im Bildungssystem und im gesellschaftlichen Miteinander seien in der Corona-Krise sehr groß geworden. Eine inklusive Haltung biete darauf die passende Antwort. "Wir verstehen Inklusion als grundlegende Haltung für das Zusammenlernen und -leben in den unterschiedlichsten Bereichen", erklärt Hierhager.
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Inklusion stellt Teilhabe nicht in Frage
Integrativ aber bedeutete noch lange nicht inklusiv, betont sie. Ihr Sohn beispielsweise war in einem integrativen Kindergarten, der nicht am Wohnort lag - sie musste ihn hinfahren. Inklusion aber würde bedeuten, dass er einfach den Kindergarten im Ort besuchen könnte. Die Inklusion stelle Teilhabe nicht in Frage, bevorzuge keine Gruppe und schließe keine aus.
Fini aber sei mehr als eine bloße Elterninitiative, betont Hierhager. "Wir verstehen uns als Ergänzung und als Netzwerker zu den bekannten und etablierten Institutionen hier im Landkreis." Ziel der Initiative sei, gemeinsam mit diesen inklusive Strukturen nicht nur weiterzuentwickeln, sondern vor allem auch auf- und auszubauen. Einige Projekte wurden bereits angestoßen: So soll es für zwei Viertklässler auch nach dem Übertritt mit einer echten inklusiven Beschulung weitergehen. Daneben soll das Ferienprogramm im Landkreis inklusiver werden. Derzeit werde auch für die Inklusionsmannschaft des SC Freising, die Fini unterstützt, ein weiterer Trainer gesucht, um eine zweite Gruppe für Jüngere anbieten zu können. Zudem will Fini andere betroffene Eltern beraten, das Know-how und die Erfahrung der Mitglieder sollen an diese weitergegeben werden.
"Unsere große Vision aber wäre eine inklusive Schule für alle. Dafür brauchen wir allerdings einen langen Atem", sagt Hierhager. Aber auch die Lebenshilfe sei vor vielen Jahren dank einer Elterninitiative gegründet worden. Es könne also jetzt wieder funktionieren: Inklusion solle zu etwas Selbstverständlichem werden. "Nicht etwas, dass wir erfragen, beantragen und erbetteln müssen."
Weitere Informationen unter www.FINI-inklusion.de