Süddeutsche Zeitung

Neuer Schulalltag im Landkreis Freising:"Wenn Corona mal vorbei ist..."

Lesezeit: 5 min

Wie geht es Schülern mit dem Homeschooling? Im Vergleich zum ersten Lockdown hat sich offenbar einiges verbessert. Doch es fehlt die Gemeinschaft in der Klasse.

Von Alexander Kappen, Thilo Schröder und Birgit Goormann-Prugger, Freising

Nach den Weihnachtsferien hieß es für die Schülerinnen und Schüler erneut - gelernt wird zuhause. Bis 29. Januar hat das Kultusministerium für die bayerischen Schulen in allen Jahrgangsstufen Distanzunterricht angeordnet. Die Freisinger SZ wollte von Schülern wissen, wie das so ist mit dem Homeschooling.

Kilian Winhart, 16, 11. Klasse am JoHo in Freising und Regionalschülersprecher:

"Ein ganz großes Lob erst mal an die Lehrer, dass sie sich reinhängen und das Beste rausholen. Man kann inzwischen auch Teams nutzen, mit Videokonferenzen und so weiter, das ist viel besser als noch im Frühjahr. Es gibt Lehrer, die das wirklich sehr gut nutzen: mit Vorbesprechungen, Gruppenarbeiten, Zwischen- und Abschlussbesprechungen. Andere nutzen Teams nicht und stellen nur Arbeitsaufträge in Mebis ein. Es gibt ein großes Wirrwarr mit den Plattformen. Das zu lösen ist Aufgabe des Kultusministeriums. Auch, wie das mit den Abschlüssen und Klausuren läuft. Da ist die Kommunikation einfach lächerlich. Im Frühjahr hätte ich zu Homeschooling gesagt: Das kann kein Dauerzustand sein. Heute denke ich: Wenn man das gut plant und die Lehrer vorbereite sind, geht das schon, zumindest für die höheren Klassen."

Isabella Elbe, 17, 12. Klasse am Oskar-Maria-Graf-Gymnasium in Neufahrn:

"Letztes Jahr ging es beim Homeschooling noch ein bisschen drunter und drüber. Jetzt haben wir eine allgemeine Richtlinie und alles ist deutlich organisierter. Alle Lehrer sollen jetzt Videokonferenzen machen und nicht nur Arbeitsaufträge verschicken; davor hatte ich nur eine Videokonferenz pro Woche bei einem Lehrer. So ist auch eine Anwesenheitskontrolle zu Beginn möglich und es entstehen Diskussionen. Da wird man mehr mitgenommen. Das OMG gilt ja als digitale Vorreiter-Schule. Als Mebis etwa nicht funktioniert hat, hatten wir praktischerweise unsere schuleigene Cloud. Manche Lehrer, vor allem ältere, tun sich natürlich trotzdem schwer, wissen zum Beispiel nicht, wie man den Link zur Videokonferenz verschickt. Anfangs war es bei uns "zu" digital: Es gab zu viele Möglichkeiten. Das klappt jetzt besser. Mein Geschichtslehrer meinte, er sei noch nie so schnell mit einer 12. Klasse durch den Stoff gekommen."

Arian Ghasemian, 11, 4. Klasse der Grundschule St. Korbinian in Freising:

"Seit letzter Woche sind wir im Online-Unterricht. Es gibt viel zu viele Hausaufgaben, und Vieles verstehe ich nicht. Ich lebe mit meiner Familie seit August 2019 in Freising, wir kommen aus Iran. Wegen meiner Deutschkenntnisse habe ich hier in der dritten Klasse angefangen. Wenn ich um 9 Uhr aufstehe, soll ich bis mittags Aufgaben im Internet machen, meine Mama hilft mir dabei oder ich frage Freunde. Meine Lehrerin hat mir gesagt: Wenn du Fragen hast, kannst du mir eine E-Mail schreiben. Aber ich habe viel zu viele Fragen. Oft sitzt meine Mama noch bis nachts mit mir an den Aufgaben. Ich wollte dann in die Notbetreuung, aber das ging nicht, weil man dort nur betreut wird, aber keine Unterstützung bei den Schulaufgaben bekommt. Ich wünsche mir, dass es ein Nachhilfeangebot gibt - oder weniger Aufgaben, weil ich muss das alles alleine schaffen."

Clara Spandau, 8, 3. Klasse in der Paul-Gerhardt- Grund- und-Mittelschule:

"Am Anfang vom Homeschooling ist das System immer mal abgestürzt, aber jetzt geht es eigentlich ganz gut mit der Software. Wenn es abgestürzt ist, dann dauert es immer so eine halbe Stunde oder Stunde, bis es wieder geht. Meine Lehrerin ist supercool, aber meine Klassenkameraden fehlen mir sehr, in der Pause und dass wir im Klassenzimmer zusammensitzen. Der Unterricht fängt immer um acht Uhr an mit der Videokonferenz. Da kriegen wird dann die Sachen erklärt und danach machen wir Homeschooling. Da mache ich dann die Aufgaben, die ich mitgekriegt habe. Meine Eltern müssen mir oft helfen, der Papa hilft öfter wie die Mama, weil sie immer ganz viele Telefonkonferenzen hat. Und kochen muss sie auch noch. Der Unterricht dauert immer so drei bis vier Stunden und dann gehe ich raus. Am Nachmittag habe ich dann noch meistens eine Videokonferenz mit den Lehrern. Dann werden die Lösungen geschickt und wir reden noch mal, wie es so gelaufen ist. Wenn Corona dann mal vorbei ist, freue ich mir sehr, wenn ich wieder in die Schule gehen kann. Ich hätte früher nie gedacht, dass ich mich mal auf die Schule freuen würde."

Korbinian Berger, 12, Siebtklässler am Moosburger Karl-Ritter-von-Frisch-Gymnasium:

"Ich finde Videounterricht besser, als wenn man nur Arbeitsaufträge bekommt, weil man dann auch nachfragen kann, wenn man was nicht versteht. Aber bei uns in der Klasse machen das leider nur wenige Lehrer, insgesamt nur drei. Videounterricht zumindest in allen Hauptfächern wäre schon gut. Von der Technik her hat das bis jetzt ganz gut funktioniert, wir Schüler haben die Kameras aus und nur die Mikrofone an, dann geht das. In den anderen Fächern geht man am Vorabend in Mebis rein und kann sich die Arbeitsaufträge ausdrucken. Man kann die meistens so erledigen, manchmal muss man sich aber im Internet auch ein Video zu der Aufgabe anschauen, damit man die Fragen beantworten kann. In den ersten Tagen habe ich die Arbeitsaufträge am Vormittag in der normalen Schulzeit geschafft. Mebis funktioniert inzwischen auch viel besser als beim letzten Mal. Aber Unterricht in der Schule finde ich trotzdem besser."

Aaron Kunstmann, 10, 4. Klasse der Paul-Gerhardt-Schule:

"Ich finde das Homeschooling nicht so cool, weil man anderen nicht sieht, das fehlt mir sehr. Gut finde ich aber, dass man jetzt ausschlafen kann. Um acht muss man zwar mit der Videokonferenz anfangen. Aber ich kann trotzdem später aufstehen als sonst, weil ich die Zeit für das Anziehen und den Schulweg spare. Hausaufgaben müssen wir auch im Homeschooling machen, in der Videokonferenz werden dann die Lösungen gesagt oder man kriegt sie auch geschickt. Klassenarbeiten gibt es jetzt gerade nicht, wir haben vor dem neuen Lockdown viele Proben geschrieben. Jetzt nicht. Die Arbeit am Computer finde ich nicht so schön, weil ich die anderen liebe richtig sehe. Wenn ich dann fertig bin mit der Schule, gehe ich immer raus und baue jetzt gerade im Winter an unserem Iglu draußen weiter."

Selma Stamm, 14, 9. Klasse, Camerloher-Gymnasium:

"Im ersten Lockdown haben wir noch Arbeitsaufträge bekommen, jetzt findet der Unterricht nur noch über Videokonferenzen statt, von acht bis eins, in fast allen Fächern. Es ist schon blöd, wenn niemand da ist, im Video sieht man die anderen zwar, aber es ist nicht das Gleiche. Das Lernen geht ganz gut, nur nicht, wenn man mit einem ganz neuen Thema anfängt. Manchmal versteht man das nicht so gut wie im Unterricht, über Video kann man es nicht so gut erklären, da muss man noch mal nachlesen. Man kann sich beim Videounterricht auch melden, aber man muss nicht und man muss auch nicht immer die Kamera anmachen. Normale Schule ist schon besser. Aber ich verstehe, dass es jetzt so sein muss, lieber jetzt ein paar Wochen Homeschooling, damit die Zahlen wieder sinken und wir dann wieder normal in die Schule gehen können. Das ist besser als dieses Hin und Her. Nicht klar ist,wie es mit den Klassenarbeiten weitergeht. Vor den Ferien ist alles abgesagt worden. Wir können aber nicht die ganzen Schulaufgaben nachschreiben, da müssen wohl einige gestrichen werden."

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Quelle:
SZ vom 16.01.2021
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