Hochschulen in Freising:„Ich war auf dem Campus zu Hause“

Lesezeit: 2 Min.

Anne Lüters freut sich auf die neue Aufgabe als City-Seelsorgerin in Nürnberg, dennoch verlässt sie Freising und die Hochschulgemeinde sehr ungern. (Foto: Johannes Simon)

19 Jahre lang war Anne Lüters in Freising tätig, die meiste Zeit davon als Hochschulpfarrerin in Weihenstephan. Jetzt geht sie als City-Seelsorgerin nach Nürnberg. Auf die neue Aufgabe freut sie sich, doch sie verspürt auch etwas Wehmut.

Von Petra Schnirch, Freising

Der Abschied fällt ihr alles als leicht. Nach 19 Jahren verlässt Pfarrerin Anne Lüters Freising, weil sie in der evangelischen Kirche eine neue Aufgabe übernimmt. In Nürnberg wird die 51-Jährige von Dezember an die City-Seelsorge in St. Jakob leiten, ein niederschwelliges Lebens- und Krisenberatungsangebot in der Innenstadt.

Ein offenes Ohr haben für Menschen in den unterschiedlichsten Lebenslagen, das zähle für sie zu den wichtigsten Aufgaben des Pfarrberufs, sagte Lüters im Sommer, als das Evangelisch-Lutherische Dekanat Nürnberg den Wechsel bekanntgab. Dies war und ist auch ihr Leitgedanke für die Arbeit in der Hochschulgemeinde (HSG) in Freising, die Lüters in den vergangenen 18 Jahren mit ihren jeweiligen katholischen Partnern geprägt hat. Die Stelle soll wieder besetzt werden, eine Nachfolgerin, ein Nachfolger steht bisher nicht fest.

Nach Freising kam Lüters, die aus dem schwäbischen Dillingen stammt, Anfang September 2005 als Pfarrerin zur Anstellung. Sie war für Neustift, Zolling, Haag, Langenbach, Palzing und das Krankenhaus zuständig. 2007 wechselte sie dann zur Hochschulgemeinde, zuvor war sie dort bereits ein halbes Jahr lang als Vertretung eingesprungen. Allerdings handelte es sich nur um eine halbe Stelle. Von 2008 an war Lüters dann zusätzlich im Landeskirchenamt in München zunächst als Referentin des Landesbischofs tätig und seit 2011 für die Internetarbeit in der Pressestelle zuständig. Die Hochschulgemeinde für eine Aufgabe in München ganz aufzugeben, kam für die Pfarrerin nie infrage. „Ich wollte immer in der HSG bleiben“, sagt sie.

Die Vielseitigkeit der Themen, die Kontakte zu ganz unterschiedlichen Menschen und zur Wissenschaft, die Freiheiten bei der Programmgestaltung, all das habe sie sehr geschätzt, erzählt sie. Die HSG begleite junge Leute in einer wichtigen Lebensphase, sei aber auch Ansprechpartner für die Mitarbeitenden. „Ich war auf dem Campus zu Hause“, sagt Anne Lüters.

Das Themenspektrum an der HSG ist breit gestreut. Zusätzlich zu Beratung und religiösen Angeboten versucht das kleine Team, jeweils Dinge ins Programm aufzunehmen, die aus seiner Sicht am Campus gerade fehlten. Anfangs seien es Softkills wie ein Rhetoriktraining oder Veranstaltungen zu emotionaler Intelligenz gewesen, schildert die Hochschulpfarrerin. Inzwischen hätten das die Hochschulen selbst übernommen. Lange standen auch gesellschaftspolitische Vorträge und Diskussionsrunden zu Themen wie Armut, Gentechnik und Christentum, Plastikmüll, Nachhaltigkeit, Rassismus, MeToo oder Maria 2.0 auf der Agenda. Schon 2009 warf die HSG auch einen Blick auf die Situation in Gaza.

Auch das gemütliche Haus der Hochschulgemeinde mit dem schönen Garten werde sie vermissen, sagt Anne Lüters. (Foto: Marco Einfeldt)

Anne Lüters verkennt nicht, dass auch am Campus die Menschen „weniger werden, für die Kirche wichtig ist“. Viele machten einen Haken, wenn das „Label Kirche“ draufstehe. Dennoch sei es wichtig, dass es einen Raum für den Glauben gebe. „Und wir sind so viel mehr“, sagt die Pfarrerin. Es gehe darum, miteinander über weltanschauliche Fragen ins Gespräch zu kommen, etwa zur Rolle des Menschen in der Gesellschaft. Nachdenklich stimmt Lüters, dass gesellschaftspolitische Auseinandersetzungen kaum noch gefragt seien. „Das geht insgesamt flöten“, befürchtet sie. Auch viele der Studierenden wollten bei Treffen im HSG-Haus an der Hohenbachernstraße in erster Linie Gemeinschaft erleben.

Im persönlichen Gespräch ist die Pfarrerin zugewandt, wägt ihre Worte sorgfältig ab. Sehr deutlich werden kann sie aber, wenn es um die Sorgen der Menschen geht, etwa wegen der geplanten dritten Startbahn. Bei den Lichterzügen der Startbahngegner sprach sie immer wieder das Abschlussgebet. Mit der Hochschulgemeinde organisierte sie Ende 2007 eine Unterschriftenaktion. Bei Protestveranstaltungen kritisierte sie die „sinnlose Zerstörung der Natur“, dass sich der Mensch zum Schöpfer aufspiele und seine Grenzen nicht mehr kenne.

Normalerweise steht für eine Pfarrerin ein Wechsel nach etwa zehn Jahren in einer Gemeinde an, bei Lüters waren es jetzt fast zwei Jahrzehnte, die sie in Freising verbracht hat. Jetzt sei es an der Zeit, noch einmal etwas Neues anzufangen, sagt sie, betont aber: „Ich wollte nicht weg, ich wollte diese Stelle.“ Etwas Wehmut klingt mit, wenn sie zum Abschluss des Gesprächs sagt: „Ich bin von ganzem Herzen Freisingerin geworden.“

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Flughafenerweiterung
:„Für die Menschen in der Region ist das ein Schlag ins Gesicht“

Die Ansicht der Regierung von Oberbayern, der Planfeststellungsbeschluss für die dritte Startbahn habe unbefristet Gültigkeit, enttäuscht die Gegner des Projekts in der Region bitter. Sie kündigen heftigen Widerstand an.

Von Birgit Goormann-Prugger, Peter Becker, Petra Schnirch, Florian Tempel

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: