Hochschulen in Freising:Der Veitshof soll zum Vorzeigebetrieb werden

Hochschulen in Freising: Die TU München lässt den Veitshof modernisieren, davon profitiert auch die Forschungsarbeit von Julia Steinhoff-Wagner.

Die TU München lässt den Veitshof modernisieren, davon profitiert auch die Forschungsarbeit von Julia Steinhoff-Wagner.

(Foto: Marco Einfeldt)

Die agrarwissenschaftliche Forschungsstation der TU München in Freising soll in den kommenden Jahren modernisiert werden. Los gehen die Arbeiten Ende März. Dabei stand der Stall schon mehrmals kurz vor der Schließung.

Von Petra Schnirch, Freising

Der Veitshof in Freising ist gerade bei Familien ein beliebtes Ziel für Spaziergänge. Idyllisch am Fuß des Weihenstephaner Berges gelegen, können die Kinder an der Versuchsstation der TU München (TUM) Kälbchen streicheln oder Kühe auf der Weide beobachten. Immer wieder aber gab und gibt es Gerüchte, dass sich die TUM von dem Hof trennen will. Doch solche Überlegungen sind vom Tisch. Von Ende März an wird der Stall modernisiert, er soll wieder intensiver für die Forschung genutzt werden. Ziel sei, dass ein "Vorzeigebetrieb" entsteht, "ein gutes Beispiel für Studierende", sagt Julia Steinhoff-Wagner, Professorin für Tierernährung und Metabolismus.

Die Umstrukturierung wird drei bis fünf Jahre in Anspruch nehmen. Im ersten Bauabschnitt soll der Melkstand komplett neu gefliest werden und modernsten Standards entsprechen. Sichtbar wird das auch für Passanten sein: Ende März wird für etwa zwei Monate ein mobiler Melkstand im Freien aufgebaut. In einem zweiten Schritt will die TUM zum Wohl der Tiere die Liegeflächen neu gestalten und mehr Platz für sie schaffen, im Fokus des dritten Bauabschnitts steht ein moderner Jungviehstall. Gab es im Veitshof früher bis zu 70 Milchkühe, sollen es künftig nicht mehr als 30 bis 35 sein. Nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene könnte ein Besuch künftig noch interessanter sein: Auf Infotafeln will die TUM über ihre Forschungsprojekte informieren.

In dem in Campusnähe gelegenen Betrieb soll laut Steinhoff-Wagner wieder intensiv Grundlagenforschung betrieben werden. Die Milchviehhaltung hat für sie Zukunft, auch in Zeiten, in denen die Zahl der Menschen, die sich vegan ernähren, steigt. Kühe könnten Biomasse, die der Mensch nicht essen kann, wie etwa Stängel oder Blätter, verwerten und in wertvolle Lebensmittel wie Milch transformieren, erklärt die Agrarwissenschaftlerin. Gleichzeitig entstehe Dünger, das sei eine effiziente Kreislaufwirtschaft. Eine Berechnung der TUM zeigt: Ein Kilogramm veganes Lebensmittel erzeugt etwa vier Kilo nicht essbare Biomasse.

Ein Forschungsfeld der Zukunft sieht Steinhoff-Wagner deshalb darin, in der Nutztierhaltung weg von Futtermitteln zu kommen, die in Konkurrenz zur menschlichen Ernährung stehen. Wichtiges Thema sei auch die Gesundheit der Jungtiere. Schwerpunkt ihrer eigenen Forschungsarbeit liegt auf der Ernährung neugeborener Kälber, in der Phase nach der Geburt würden die Grundlagen für eine gute Entwicklung gelegt, erklärt Julia Steinhoff-Wagner.

2005 stand die Zukunft des Veitshofs als Versuchsgut schon einmal auf der Kippe. Eine Fachkommission der TU München in Weihenstephan hatte damals empfohlen, die Zahl der agrarwissenschaftlichen Forschungsstationen von sieben auf drei zu reduzieren und sich auf Thalhausen, Dürnast und Viehhausen zu konzentrieren. Das Hochschulpräsidium stimmte dem Vorschlag weitgehend zu, lehnte es aber ab, auch den Veitshof aufzugeben, weil es sich um eine langfristig unverzichtbare tierwissenschaftliche Einrichtung handele. Der Standort sei zu exponiert, meinte auch der damalige TUM-Präsident Wolfgang Herrmann, der Veitshof sei "klein, aber fein".

Der Rechnungshof hat eine Stilllegung des Betriebs empfohlen

Zuletzt geriet der Betrieb in den Fokus des Bayerischen Obersten Rechnungshofs (ORH). Von Juli 2019 bis Januar 2021 prüfte er Haushalts- und Wirtschaftsführung der agrarwissenschaftlichen Forschungsstationen. Er monierte, dass die Stallhaltungssysteme im Veitshof "weder dem Stand der Technik noch in Teilen den Tierschutzauflagen" entsprächen. Stallgebäude und größtenteils auch die Technik seien Anfang der 1990er Jahre errichtet worden. Der ORH empfahl eine zeitnahe Stilllegung der Rinderhaltung am Standort Veitshof. Einen Um- oder Neubau hielt er aus Kostengründen für nicht sinnvoll.

Offenkundig gab es zunächst auch an der TUM Befürworter einer Schließung. Nach Umstrukturierungen war der Fokus auf das Rind in der Forschung zeitweise etwas verloren gegangen. Das hat sich zuletzt jedoch geändert, was sich an den Neuberufungen zeigt. Julia Steinhoff-Wagner forscht zum Wohle von Kühen und Kälbern, sie ist vor einem Jahr an die TUM berufen worden, eine Professur für Tierzucht ist derzeit ausgeschrieben. Deshalb bestehe der Bedarf, für Forschungsprojekte Rinder zu halten.

Geschichte des Veitshofs

Der Veitshof kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Er ist aus der Veitsmühle entstanden, die bereits 1310 urkundlich erwähnt wurde. 1908 erwarb der bayerische Staat das Anwesen, das an das Milchwirtschaftliche Institut mit Molkereischule der Königlich Bayerischen Akademie für Landwirtschaft und Brauerei angegliedert wurde. Die Initiative ging damals von Professor Theodor Henkel aus. Seitdem war der Betrieb auch unter dem Namen Veitshof bekannt.

Bereits 1908 richtete Henkel eine Kindermilchanstalt ein, Ziel war es, die Hygiene bei der Milchgewinnung und Verarbeitung zu verbessern. Probleme bereitete dabei die Beschaffung von neun tuberkulosefreien Kühen. 1910 begann am Veitshof die Melkmaschinenforschung, damals entstand auch der "Henkelstall", ein Musterstall nach holländischem Vorbild für Lehr- und Versuchszwecke.

1950 und 1951 wurde ein Bullenstall gebaut und es erfolgte die Umbenennung in "Besamungshauptstelle Weihenstephan", ein Name, der bis zur Auflösung 1971 blieb. Anfang der Siebzigerjahre übernahm das Institut für Physiologie der TU München den Veitshof und er wurde zur Versuchsstation umstrukturiert. Die letzte größere Baumaßnahme war 1991 der Umbau des Milchvieh-Offenstalls zum jetzigen Boxen-Laufstall.

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