Hochschule:Artenreiches Grünland und die Hecke als Lebensraum

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Die Einweihung des Agrarökologischen Lehrpfades fand in der vergangene Woche statt. Vorne sieht man Zittergras. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) hat auf ihrem Gelände in Freising einen Agrarökologischen Lehrpfad eröffnet. Auf neuen Schautafeln können Besucherinnen und Besucher nachvollziehen, wie die Landwirtschaft Biodiversität fördern kann. Auch das Info-Angebot zum bestehenden Gehölzlehrpfad ist erweitert worden.

Von Moritz Frimberger, Freising

Im Hintergrund wogt sanft das Gemeine Zittergras mit seinen herzförmigen Ährchen im Wind, als Stephan Sedlmayer die Anwesenden begrüßt. Am Herzen liegt dem Präsidenten der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) besonders die Förderung der Biodiversität in der Landwirtschaft. Um dieses Bemühen für Bürgerinnen und Bürger sichtbar zu machen, wurde jetzt der Agrarökologische Lehrpfad eröffnet.

Auf insgesamt elf Schautafeln kann man sich auf dem LfL-Gelände zu Themen wie „Lebensraum Hecke“, „Streuobst in Bayern erhalten und nutzen“, „Artenreichem Grünland“ und „Bienen in der Kulturlandschaft“ informieren. Ebenso ist nun eine digitale Karte für den schon länger existierenden Gehölzlehrpfad verfügbar.

„Den Zusammenhang von Landwirtschaft und Ökologie erfahrbar machen“, das sei das Hauptziel des neuen Lehrpfades, betont Elke Schweiger. Die Landschaftsökologin ist verantwortlich für die fachliche Konzeption und Umsetzung des Themenweges. Was die Zielgruppe der Themenpfade betrifft, sagte Sedlmayer bei der Eröffnung: „Die Wege sollen nicht nur Spaziergängerinnen und Spaziergänger ansprechen und Erholungsräume bieten, sondern auch Studierenden sowie Auszubildenden im Garten- und Landschaftsbau und in der Landwirtschaftsverwaltung für Bestimmungsübungen zugutekommen.“

Erstellt wurde der Agrarökologische Lehrpfad am Institut für Agrarökologie und Biologischen Landbau (IAB). Die LfL-Einrichtung wird geleitet von Robert Knöferl, der seit dem Volksbegehren „Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern – Rettet die Bienen“ von 2019 einen allgemeinen „Schub für die Biodiversität“ beobachtet. Diese Entwicklung unterstützt die LfL auch über den neuen Lehrpfad hinaus, indem ihr Gelände „institutsübergreifend für praxisangewandte Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie Forschung genutzt wird“, wie Knöferl erläutert.

Harald Volz, Stephan Sedlmayer, Elke Schweiger und Robert Knöferl (von links) vor dem Insektenhotel. (Foto: Marco Einfeldt)

Das Engagement der LfL in Sachen Biodiversität führte laut Präsident Sedlmayer dazu, dass das Bayerische Umweltministerium im Rahmen des „Blühpaktes Bayern“ die Landesanstalt als „Blühenden Betrieb“ ausgezeichnet hat. Diese Auszeichnung sei nun bis 2026 verlängert worden. In diesem Zusammenhang betonte Sedlmayer: „Wir versuchen, Natur Natur sein zu lassen“, deshalb würden keine Pflanzenschutzmittel auf dem Gelände verwendet. Neben der Anlage in Freising bietet die LfL zwei weitere Agrarökologische Lehr- und Erlebnispfade an, wie auf der LfL-Webseite zu lesen ist: in Grub bei Poing sowie im unterfränkischen Schwarzenau.

Dass von ungefähr 20 000 weltweit bekannten Bienenarten 520 in Bayern nachgewiesen sind, Wildbienen vielfältigen Lebensraum – unter anderem bestehend aus Blühflächen, Hecken und Streuobst – benötigen und als tierische Bestäuber für Kulturpflanzen unverzichtbar sind, ist auf einer der Infotafeln zu lesen. Nicht weit entfernt befinden sich eine künstliche Nisthilfe und ein Sandhügel. „An derartigen Stellen graben mehr als die Hälfte der Wildbienenarten Röhren und legen dort ihre Eier ab“, erklärt IAB-Agrarökologe Harald Volz. „Die Bestäuberleistung von Wildbienen im Vergleich zu Honigbienen wird stark unterschätzt.“ Das Bienen-Ensemble steht an der LfL-Parkplatz-Zufahrt Lange Point 12. Nördlich der Straße sind auch die übrigen Tafeln zu finden und bilden zusammen auf einem rund 1,7 Kilometer langen Rundweg den Agrarökologischen Lehrpfad.

Über die Bedeutung von artenreichem Grünland informiert diese Schautafel. (Foto: Marco Einfeldt)

Auf dem neun Hektar großen Areal befindet sich auch der Gehölzlehrpfad, der an 62 ausgeschilderten Baum- und Straucharten entlangführt. Unter ihnen sind vorwiegend einheimische, aber auch fremdländische Gehölze. Zwar besteht der Themenpfad bereits seit den 1990er-Jahren. Allerdings wird er seit Neuestem um eine digitale Karte erweitert, sodass die Standorte der Bäume und Sträucher nun auch auf mobilen Endgeräten eingesehen werden können. „Mithilfe der digitalen Karte können Besucherinnen und Besucher mit ihren Endgeräten ihren Standort bestimmen und sehen, wo sie sich auf unserem Gelände befinden“, sagte Elke Schweiger.

Elke Schweiger vor der Schautafel "Gehölze in der Flur". (Foto: Marco Einfeldt/Marco Einfeldt)

So können gezielt Gehölze angesteuert werden. Die Sträucher und Bäume sind sowohl in den Flyern als auch digital mit Beschreibungen und Abbildungen versehen. „Momentan arbeiten wir daran, die Standorte der Schilder des Agrarökologischen Lehrpfades in die digitale Karte zum Gehölzlehrpfad aufzunehmen“, so die IAB-Mitarbeiterin. In den aktualisierten Flyern, die an den Hauptzugängen ausgelegt sind, ist das bereits geschehen.

Was den Agrarökologischen Lehrpfad betrifft, kann man „einen direkten Blick auf das jeweilige Thema werfen, da sich eine Vielzahl der beschriebenen Lebensräume in unmittelbarer Nähe zur Informationstafel befinden“, wie es auf der Homepage der LfL heißt. Schilder aufgestellt wurden auch an den drei Hauptzugängen zum Themenweg: Lange Point 4 und 12 sowie vom DEULA-Berufsbildungszentrum in Richtung Steinbreite abbiegend. Dort sind jeweils QR-Codes angebracht, worüber die digitale Karte des Gehölzlehrpfades aufgerufen werden kann. „Alternativ ist die Karte auch über die Homepage der LfL verfügbar“, erklärte Schweiger.

Laut der Landschaftsökologin kann der Gehölzlehrpfad als „Ergänzung“ zu diesem verstanden werden; räumlich sind beide nicht voneinander zu trennen. Beide Themenwege führen über festen Untergrund und sind barrierefrei, teils sind aber Steigungen zu bewältigen. Völlig neu ist die Idee mit den Infoschildern übrigens nicht: Einige wenige Tafeln stehen schon länger, wurden nun aber angepasst und in ihrer Zahl erweitert. Auch einige die Tafeln umgebende Elemente wie der Sandnisthügel für Wildbienen wurden erst in jüngster Vergangenheit in die Landschaft eingefügt. Bei der Gestaltung der Schilder sei aus unterschiedlichen Fachbereichen „Expertenwissen eingeflossen“, so Schweiger.

Ökologie kann auch mit Genuss verbunden sein

Auf dem westlichen Teil des Geländes befindet sich eine Streuobstwiese. Auch hierzu gibt es eine Schautafel. Auf der Wiese wachsen Mostapfelbäume, aus denen der pachtende Landwirt Saft, Schnaps und Secco herstellt, wie Harald Volz erklärte. „Das Schöne bei Streuobst ist die Verbindung von Biodiversitätsleistung mit Genuss“, so der Agrarökologe. Er gibt zu bedenken, „dass ohne Vermarktung und Nutzung das Konzept Streuobst langfristig nicht denkbar ist.“

Bestes Wetter herrscht bei der Einweihung des "Agrarökologischen Lehrpfades". (Foto: Marco Einfeldt)

Das werde aber von allen Akteuren mittlerweile erkannt. Auch an anderer Stelle ist die LfL hier aktiv: Wie IAB-Leiter Knöferl erklärt, biete die LfL auch Schulungen für Streuobstwiesenführende an. Ein weiteres Schild informiert über den „Lebensraum Totholz“. Anschaulich wird das Thema anhand einer umgestürzten Wildkirsche, die gleich daneben liegt. „So sieht man verschiedene Zersetzungsstadien und kann nachvollziehen, wie wichtig Totholz als Lebensraum ist“, sagte Elke Schweiger.

Als „Glücksfall“ für die Entwicklung des Agrarökologischen Lehrpfades erwies sich laut der Agrarökologin ein schon früher angelegtes, nun „blütenreiches Band“, das sich über das gesamte Gelände zieht. Dieses wird aufgegriffen mit der Tafel „Säume der Vielfalt“. Bei den Wiesen, so erklärt Schweiger, „muss man ein Auge darauf haben, dass gemäht wird, aber immer Bereiche als Rückzugsorte für Insekten stehen gelassen werden.“ Zudem sei es wichtig, „dass keine Nährstoffanreicherung erfolgt, weil gilt: je nährstoffreicher der Untergrund, desto artenärmer die Vegetation.“

Abschließend appelliert LfL-Präsident Sedlmayer, der sich „sehr stolz“ über die Neuerungen zeigt, an die Freisinger Bevölkerung und Menschen aus dem Umland, „das stadtnahe Angebot zu nutzen, um sich vertraut zu machen, mit dem, was Landwirtschaft und LfL im Themenbereich Biodiversität bieten.“

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