Kirchbergers Woche:Da ist noch Luft nach oben

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Masken runter und rauf auf die Bierbank: In Hallbergmoos wird trotz steigender Infektionszahlen im April das Volksfest gefeiert. Zwei Jahre Warten sind schließlich genug.

Von Johann Kirchberger

Die Corona-Fallzahlen in Deutschland schießen durch die Decke und erreichen neue Rekordzahlen, das muss gefeiert werden. Also runter mit den Masken und versuchen, die Rekorde noch ein wenig zu verbessern. Fast 300000 Neuinfizierte am Tag, da ist noch Luft nach oben.

In Hallbergmoos sieht man das wohl auch so und will nichts auf die lange Bierbank schieben. Zwei Jahre Abstinenz sind genug, im April wird Volksfest gefeiert. Auch auf die Gefahr hin, damit zu einem Corona-Hotspot zu werden. Ist das jetzt mutig oder unvernünftig?

In Neufahrn hat man das ebenfalls für April angesetzte Volksfest abgesagt. Schon wieder auf Tischen und Bänken zu tanzen und die Maßkrüge hoch zu heben, erschien den Gemeindeoberen zu riskant. Feige oder vernünftig? Vielleicht wird man das erst in einigen Jahren wissen. Auch Freising und Moosburg spielen im Team Vorsicht. Frühlings- und Volksfeste ja, heißt es da, aber in abgespeckter Form und wohl nur als Freiluftveranstaltungen. Das ist zumindest mutig und zeugt davon, dass der Glaube bei uns noch immer fest verwurzelt ist. Der Glaube an schönes Wetter.

In Ismaning hat man dieser Tage auch gefeiert. Nicht mit großem Brimborium, aber mit Genugtuung. Vor 30 Jahren hat Ismaning seinen S-Bahnhof unter die Erde verlegt. Eine mutige und vernünftige Entscheidung, die vor allem die "Bürgergemeinschaft für S-Bahntunnel" erkämpft hat. Lange wehrte sich die Bahn mit Händen und Füßen. Doch Bürgerinitiativen und Gemeinde gaben nicht auf. Die wegen des Flughafenbaus notwendig gewordene ebenerdige Erweiterung des Bahnhofs hätte den Ort zerschnitten, hätte den Menschen Lärm, Bahnschranken und tägliche Staus beschert. Und ihre Hartnäckigkeit wurde belohnt. In Zeitdruck geraten, stimmte die Bahn zu. Unterföhring hat es den Ismaningern 2005 nachgemacht. Auch dort gibt es jetzt eine Bahn im Tunnel.

Eine Straße unter den Bahngleisen in Freising: Das ist dumm

In Freising hat man bisher solchen Mut nicht aufgebracht und lässt sich auch von der Vernunft nicht leiten. Dort sieht man zwar auch die Probleme, die eine Bahnstrecke mitten durch die Stadt mit sich bringt. Anwohner klagen über den Lärm, ein ganzer Stadtteil ist von der Altstadt abgeschnitten. Aber in Freising denkt man anders. Man will zwar einen Tunnel bauen, aber nicht Bahnhof und Gleise sollen unter die Erde gelegt werden, sondern eine Straße, die Bussen und Autos die Fahrt von und nach Lerchenfeld erleichtert. Das aber ist nicht mutig, das ist nicht vernünftig, das ist sogar dumm. Denn eine Verlegung der Gleise in den Untergrund würde wertvolle Flächen in Innenstadtnähe bescheren und würde den lärmgeplagten Menschen helfen. Eine Straße im Untergrund dagegen würde wegen der notwendigen Zu- und Abfahrten nur Fläche verbrauchen.

Zum Glück ist ein solcher Straßentunnel aber sehr teuer. So teuer, dass die entsprechenden Vorschläge nur alle sechs Jahre im Kommunalwahlkampf aus den Schubläden gezogen werden, um anschließend schnell wieder darin zu verschwinden. Gut so.

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