Kommunalwahl in Freising:Ambitionierte Ziele

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Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth hat beim Wahlkampfauftakt der Freisinger Grünen die Bedeutung der Kommunalwahl unterstrichen (Archivbild). (Foto: dpa)

Die Grünen in Stadt und Landkreis wollen bei der Kommunalwahl im März viel erreichen. Für ihren Wahlkampfauftakt haben sie prominente Unterstützung von der Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth bekommen.

Von Kerstin Vogel, Freising

Sie wollen mehr Mandate im Stadtrat und im Kreistag gewinnen, sie wollen künftig mit Susanne Günther die Freisinger Oberbürgermeisterin stellen und mit Robert Wäger den nächsten Landrat: Die Grünen in Stadt und Landkreis Freising haben ambitionierte Ziele für die im März anstehende Kommunalwahl - und sie haben bei ihrem Wahlkampfauftakt am Sonntag im Viva Vita keinen Zweifel daran gelassen, dass sie diese Ziele engagiert und leidenschaftlich verfolgen wollen.

Prominente Unterstützung kam dazu von Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth, die vor gut 130 Besuchern unter anderem die Bedeutung der Kommunalwahl unterstrich. Es sei die Kommunalpolitik, die Vertrauen in politische Prozesse schaffe, sagte sie: "Das ist die Demokratiewerkstatt überhaupt."

OB-Kandidatin Susanne Günther plant eine Fahrrad- und Fußgängeroffensive

Landratskandidat Wäger hatte sich zuvor in einem kurzen Grußwort auf soziale Themen konzentriert - er rief vor allem dazu auf, intensiv am Zusammenhalt der Gesellschaft "gegen Ausgrenzung, Hass und Hetze" zu arbeiten und die Demokratie aktiv zu verteidigen. OB-Kandidatin Susanne Günther nutzte ihre Rede, um das Wahlprogramm der Grünen für die Stadt Freising zu skizzieren. Angesichts der Brände in Australien und der gefährlichen Entwicklung im Iran brauche es allerdings "eine gehörige Portion Mut" zu Beginn des neuen Jahres, sagte sie. Viele Menschen suchten Halt in einfachen Antworten, aber "wir müssen raus aus der Filterblase und rein in die Diskussion gegen vereinfachende rechte und populistische Lösungen," stellte sie klar. 2020 sei das entscheidende Jahrzehnt, in dem sich die Wirtschaft neu erfinden müsse. Diesen Weg wollten die Grünen maßgeblich mitgestalten.

Die notwendigen Veränderungen müssten dabei vor der Haustür beginnen. Sie wolle eine "sozial gerechte Stadt Freising, in der jeder Chancen hat und in der die Klimaerhitzung gestoppt wird", so Günther. Dafür brauche es eine Fahrrad- und Fußgängeroffensive, beispielsweise Fußgängerampeln, die ihren Namen auch verdienen oder endlich sichere Schulwege, die Elterntaxis überflüssig machen. Der Freisinger Bahnhof müsse zu einer Drehscheibe werden, so Günther weiter: "Und die Innenstadt muss endlich autofrei werden", forderte sie unter dem Applaus der Zuhörer.

Beim Thema Wohnen brauche es eine neue Grundstückspolitik, so Günthers Appell: "Verkaufen wir unseren Grund nicht mehr an die, die mit Spekulationen mehr verdienen als mit moderaten Mieten, schaffen wir sozial verträglichen Wohnraum mit Genossenschaften, Mehrgenerationenhäusern, ökologisch, sozial und kulturell vielfältig." In einer Stadt, in der man nur noch schlafe, verschlafe man auch das Leben, sagte die Kandidatin.

Susanne Günther als Oberbürgermeister-Kandidatin
:Ja, sie will

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Von Kerstin Vogel

Günther will einen Kunstpark mit Aterliers und Proberäumen schaffen

Dabei gebe es in Freising durchaus ein großartiges kulturelles Angebot zu entdecken. Es fehle allerdings an Kneipen, Bars und Lokalen, in den sich junge Künstlerinnen und Künstler ausprobieren könnten und in denen es keinen Konsumzwang gebe. "Deswegen möchte ich, dass wir einen Kunstpark schaffen, mit Ateliers, Ausstellungsmöglichkeiten und Proberäumen." Genau das nämlich sei "unser Pfund in Freising, einer Stadt der kulturellen Vielfalt". Was die Wirtschaft angeht, so will Günther vor allem die kleinen Unternehmen stützen, die sich zuletzt in Freising gegründet hätten und die eben nicht mehr vor allem auf maximalen Profit setzen würden. Daneben wollten sich die Grünen aber auch um die Menschen kümmern, denen es nicht so gut gehe, sagte Günther und brachte einen Sozialpass für Einkommensschwächere und eine Notschlafstelle, aber auch eine Beratungsstelle für queere Jugendliche ins Gespräch.

Die Stadtverwaltung, in der es "brutale Engpässe" beim Personal gebe, möchte sie zum attraktivsten kommunalen Arbeitgeber in der Region entwickeln, sie möchte öffentliche Gebäude begrünen und mit Photovoltaik ausrüsten - und mit Blick auf die grünen Hochschulen in Freising sprach die Kandidatin von einem "Schatz, den wir endlich heben müssen".

Eine nicht ganz ernst gemeinte Idee hat Günther dann noch der Freisinger Geschichte entlehnt. Bei der großen Hungersnot im Jahr 1775 habe es auch einen so großen Mangel an Holz gegeben, dass nicht einmal mehr Maibäume aufgestellt werden durften, erzählte sie. Daraufhin habe es einen Erlass gegeben, dass nur noch Bürger der Stadt Freising werden durfte, wer auch zwei Bäume pflanze. "Ich finde, das ist eine Tradition, die man ruhig wieder aufleben lassen könnte."

© SZ vom 13.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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