"Man braucht ein Ventil", sagt Max Riemensperger, Betreiber des Freisinger Clubs Nachtcafé. Manche Menschen fänden das etwa im Sport - es gebe aber auch genug Menschen, die beim Feiern vom Alltag abschalten würden, beim Tanzen und beim Menschen kennenlernen.
Genau das ist im Moment schwierig - immer noch. Coronabedingt müssen Clubs für den normalen Betrieb weiterhin geschlossen bleiben, Perspektiven für eine Öffnung gibt es keine. Bars dürfen nur aufmachen, wenn sie eine Konzession für den Verkauf von Speisen haben - also zusätzlich zu Getränken auch Essen verkaufen. Max Riemensperger hat sich deshalb eine Alternative gesucht. Vor knapp drei Monaten hat er den Pullinger Südstrand übernommen, den Kiosk inklusive Biergarten am Pullinger Weiher betreibt er gemeinsam mit einem Teil seiner Mitarbeiter. Wie gut es laufe, hänge zwar immer vom Wetter ab, sagt er: "Aber in der jetzigen Zeit ist das ganz klar eine Alternative."
Statt wie sonst 70 bis 90 Gäste passen in die Kneipe des Furtnerbräus derzeit 30
Auch in den Freisinger Bars ist der Normalzustand noch weit entfernt. Maximal zehn Personen sitzen im Furtnerbräu an einem Tisch, der Nebentisch ist mindestens eineinhalb Meter entfernt. Gäste tragen ihre Kontaktdaten in Listen ein, und wer seinen Platz verlässt, muss eine Maske aufsetzen. Tische und Kugelschreiber werden häufig desinfiziert, zählt Wirtin Franziska Kreuter auf und sagt: "Die typische Furtner-Stimmung kommt so bestimmt nicht auf." Normalerweise nämlich stünden die Menschen dicht gedrängt und bis in den Gang hinein, Bier werde oft auch mal im Stehen getrunken. Statt wie sonst 70 bis 90 Gäste passten in die Kneipe derzeit 30, erzählt sie - dazu komme der Nebenraum, auch hier seien die Kapazitäten aber deutlich reduziert. Immerhin konnte der Furtner mit Erlaubnis der Stadt den Außenbereich vergrößern: "Draußen kriegen wir mittlerweile sogar mehr Gäste unter als sonst", sagt Kreuter. Dadurch wiederum brauche sie mehr Personal, das auch mehr laufen muss. Billig seien die Corona-Maßnahmen für das Lokal auch nicht, sagt Kreuter: Allein für Desinfektionsmittel habe sie bereits an die 500 Euro ausgegeben.
Trotzdem gibt sich die Furtner-Wirtin positiv. Sie verstehe, dass es die Maßnahmen brauche: "Dieses Virus ist nun mal da und es ist ernstzunehmen", sagt sie. Und noch im Mai hätte sie nie gedacht, dass ein Betrieb wie der aktuelle in naher Zukunft möglich sein werde. Um sich an die Situation anzupassen, denkt Kreuter über weitere Neuerungen nach: Womöglich könne man etwa den Lagerraum ausbauen und für Treffen zur Verfügung stellen. "Wir kriegen so viele Anfragen von Vereinen und Parteien, denen sage ich momentan allen ab", erzählt sie. Mit den bisherigen Maßnahmen hat sie derweil gute Erfahrungen gemacht. Im Außenbereich treten ab und zu Live-Musiker auf, trotzdem hätten sich die Nachbarn noch nicht beschwert. An stark betrunkene Gäste schenke man derzeit gar keinen Alkohol aus, die halten sich dann oft nicht mehr an die Regeln - "aber im Großen und Ganzen spielen die Gäste mit", so Kreuter.
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"Wir wissen nicht, ob wir das mit dem Nachtcafé überleben"
Auch im Augustiner Bierstüberl in der Ziegelgasse halten sich die Gäste meist an die neuen Regeln. Beziehungsweise: "Wem es nicht passt, der muss eben gehen", sagt Barkeeper Nico Mircovic. Man sei da streng - bei Kontrollen werde es schließlich teuer. Mit Absperrband habe man Theke und Tische markiert, die nicht genutzt werden dürfen, erzählt er - auch im Bierstüberl gilt es Kontaktlisten auszufüllen und die Maskenpflicht zu beachten. Auf die Stimmung schlägt sich das allerdings auch hier nieder. Wenn man Fußballspiele übertrage, ist es Mircovic zufolge normalerweise brechend voll - "jetzt müssen wir abzählen." Öffnen darf das Bierstüberl, weil es eben nicht nur Bier anbietet: Schon vor Corona bekamen Gäste hier Pizza, mittlerweile bietet man auch Gulaschsuppe an. Dass es im Stüberl demnächst wieder so wird wie vor der Pandemie, da hat Mircovic, genau wie Kreuter, wenig Hoffnung.
Drastische Folgen könnte das für Bars haben, die nicht auf die Schnelle die Hygiene-Maßnahmen umsetzen oder spontan Speisen anbieten können - die also tatsächlich seit März kein Getränk mehr verkauft haben. Auch für Max Riemensperger eilt es langsam. Die Urlaubszeit müsse man wohl noch abwarten, "aber dann sollte man uns schon die Möglichkeit geben, wieder reinzukommen", sagt er: "Wir wissen nicht, ob wir das mit dem Nachtcafé überleben." Nur: Wie soll man im Club kennzeichnen wer zusammengehört, wie Abstände einhalten? Dass die Gäste gesund bleiben, bleibe schließlich das Wichtigste, sagt Riemensperger. Als einen Lösungsvorschlag hat er bei der Stadt ein Konzept für ein Alternativprogramm eingereicht: Beim sogenannten "Sommergarten-Festival" sollten an drei Wochenenden Veranstaltungen in der Luitpoldanlage stattfinden. Das Konzept sei aber abgelehnt worden. Auch wenn er verstehe, dass man vorsichtig sein müsse - das habe ihn "maßlos enttäuscht", sagt er.
Denn dass es in irgendeiner Form wieder losgeht, sei nicht nur für ihn als Betreiber und für die Gäste wichtig, sondern auch für die Mitarbeiter, die von heute auf morgen kein Geld mehr verdient hätten. Und so ein bisschen sieht der Clubbetreiber auch einen Vorteil für die Gesellschaft. "Wir sind eine kommunikative Einrichtung, wo Leute gesittet feiern können", so formuliert er es: Im Unterschied zu Parks oder Flussufern, wo die Situation mit einer unbegrenzten Zahl an alkoholisierten Menschen eben auch mal eskaliere.