Kaum Flugzeuge am Himmel:Bürgerverein fordert sofortige Ultrafeinstaubmessungen

Flughafen München, 2020

Fast alle Flugzeuge bleiben am Münchner Flughafen derzeit am Boden. Die Lage müsse man nutzen, um die Belastung durch Ultrafeinstaub zu messen und die Werte mit dem Normalzustand zu vergleichen, fordert der Bürgerverein

(Foto: Marco Einfeldt)

Der Bürgerverein Freising fordert rasche offizielle Messungen zu den aktuellen Ultrafeinstaubwerten im Umkreis des Flughafens.

Von Nadja Tausche, Freising/Flughafen

Der Bürgerverein Freising fordert, zum jetzigen Zeitpunkt offizielle Messungen der Ultrafeinstaubwerte aufzunehmen. Weil wegen der Corona-Krise kaum Flugbewegungen stattfinden, seien die Ultrafeinstaubwerte in der Flughafenregion momentan gering, sagt der stellvertretende Vereinsvorsitzende Wolfgang Herrmann: So könne man belegen, dass tatsächlich der Flughafen zum größten Teil für die Belastung verantwortlich sei. Die Verantwortlichen beim Bürgerverein wollen ihr Anliegen in einem Schreiben an mehrere Politiker verdeutlichen.

Für die offiziellen Messungen sollen die vorhandenen Messstationen am Flughafen aufgestockt werden, fordert der Bürgerverein. "Die Technik ist vorhanden", so Herrmann: Voraussetzungen wie die Stromzufuhr und die Klimatisierung der Messgeräte seien gegeben. Auch könne der Dienstleister, der die Messstationen für den Flughafen betreibt, die Ultrafeinstaubmessungen ohne großen Mehraufwand übernehmen, davon ist Herrmann überzeugt. Schon jetzt würden dort die Werte von Stoffen wie Schwefeloxid aufgezeichnet: "Die Kosten halten sich in Grenzen, da lediglich die Messgeräte beschafft werden müssen und der zusätzliche Betreuungsaufwand des Fachpersonals abgegolten werden müsste", argumentiert er. Um die aktuelle Situation bestmöglich zu erfassen, sei allerdings "schnelles Handeln erforderlich".

Die Messungen des Bürgervereins sind nicht ganz exakt

Auch der Bürgerverein selbst führt Messungen zur Ultrafeinstaubbelastung durch. Das Problem sei aber, dass mit den mobilen Messgeräten keine kontinuierliche Erfassung möglich sei, sagt der stellvertretende Vorsitzende: Nach ein bis drei Tagen müsse der Filter gesäubert und die Geräte neu gestartet werden. Messen könne man nur, solange die Batterien halten - die Sensoren des Bürgervereins sind an der Scheibe eines Autos befestigt. "Die brauchen immer Betreuung." Zudem seien die gemessenen Werte nicht ganz exakt: Wegen Schwankungen bei Faktoren wie der Temperatur oder der Luftfeuchtigkeit weichen die Ergebnisse bei den Geräten des Bürgervereins teilweise um zehn bis 15 Prozent von den tatsächlichen Werten ab, sagt Herrmann, auch eine noch höhere Abweichung sei möglich. Die Werte seien zwar trotzdem vergleichbar, weil sie zu verschiedenen Zeiten immer mit dem gleichen Gerät gemessen würden - offizielle Messungen könnten aber ein deutlich exakteres Bild zeichnen.

Gleichzeitig gibt das bayerische Umweltministerium bekannt, dass die Pläne für zwei neue Messstationen für Ultrafeinstaub im Flughafenumfeld konkreter werden. Diese sollen auf dem Gebiet der Stadt Freising sowie südlich des Flughafens in der Gemeinde Hallbergmoos entstehen, heißt es in einem aktuellen Zwischenbericht. "Die beiden beteiligten Kommunen haben ihre Unterstützung bereits zugesagt", wird Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) zitiert. Im Haushalt sind für die Beschaffung der Messgeräte im Jahr 2020 demnach Mittel in Höhe von 1,4 Millionen Euro für das Landesamt für Umwelt (LfU) eingeplant. Der FW-Landtagsabgeordnete Benno Zierer lässt in einer Mitteilung vom Montag wissen, er begrüße die Schritte des Umweltministeriums "ausdrücklich": "Der Flugverkehr wird nach der Corona-Krise wieder nach und nach zunehmen, dann lassen sich aussagekräftige Erkenntnisse über die Belastung mit den ultrafeinen Partikeln gewinnen." In Betrieb gehen sollen die beiden Messstationen laut dem Umweltminister noch in diesem Jahr, "vorbehaltlich der in diesem Jahr zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel."

"Der Wille, etwas zu realisieren, ist generell da"

Wenn man - wie der Bürgerverein - belegen will, wie niedrig die Ultrafeinstaubbelastung in Zeiten ohne Flüge ist, dürfte das zu spät sein. Das Schreiben mit der Forderung, die Messungen schon jetzt starten zu lassen, will der Bürgerverein in einigen Tagen unter anderem an den Leiter der Staatskanzlei Florian Herrmann (CSU) schicken. Neben Glauber und Zierer wollen die Verantwortlichen außerdem den Freisinger Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher (FSM) und den neuen Landrat Helmut Petz (FW) ansprechen. Herrmann gibt sich zuversichtlich, etwas bewirken zu können: Mit dem Vorschlag, vorhandene Messstationen auszubauen, spare man sich schließlich das Geld und die Zeit, einen neuen Standort für die Geräte zu suchen. Und, so glaubt Herrmann: "Der Wille, etwas zu realisieren, ist generell da." Mit der Forderung hofft der Bürgerverein nun, Dynamik in die Diskussion zu bringen. Die Lage in Zeiten von Corona sei ideal, um mit den Messungen zu beginnen: "Das ist eine Situation, auf die wartet die Wissenschaft normalerweise", glaubt er, dass nämlich der Eintrag heruntergefahren werde. Wenn der Flugverkehr wieder ansteige, könne man sehen, wie die Konzentration der ultrafeinen Partikel in der Luft zunehme. Dass nicht Faktoren wie der Verkehr für hohe Ultrafeinstaubwerte ausschlaggebend seien, sondern der Flughafen, sei dann eindeutig: "Dann hat man den Beleg, darum geht es uns beim Bürgerverein."

Ersten Messergebnissen des Bürgervereins zufolge war die Ultrafeinstaubbelastung zuletzt um etwa 90 Prozent gesunken. Die Daten stammen aus der Freisinger Neulandsiedlung. Mit zwei weiteren Geräten misst der Verein in Neufahrn und in Niederlern, Landkreis Erding. Um mehr belastbare Daten sammeln zu können, wartet der Verein derzeit auf Wind aus Richtung Flughafen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: