Kirchbergers Woche:Ab in die Schublade

Am Umgang der Staatsregierung mit unliebsamen Gutachten hat sich in den vergangenen 50 Jahren nichts geändert.

Kommentar von Johann Kirchberger

In jenen Tagen, als man sich anschickte, mit dem Bau eines Großflughafens zu beginnen, zogen fast täglich Projektgegner durch das Erdinger Moos, riefen die Namen von Polizisten, die aus gebührender Entfernung das Geschehen fotografierten, und skandierten: "Ist ein Gutachten nicht gut, es ganz schnell verschwinden tut." So war es damals, als die Gutachten der Flughafengegner schlichtweg ignoriert wurden. Und heute, nach 50 Jahren, was hat sich geändert? Nichts. So ist jetzt ein Strukturgutachten für den Flughafen vom Bayerischen Wirtschaftsministerium wieder einkassiert worden. Untersucht werden sollten darin die Auswirkungen des Flughafens auf die Region, einmal mit und einmal ohne dritte Startbahn.

Aber das Gutachten ist offenbar nicht gut gewesen, ist anders ausgefallen, als vom Ministerium gewünscht, weswegen es umgehend in irgendwelchen Schubläden versteckt wurde. Daraus wiederum lässt sich schließen, dass da schlimme Dinge ermittelt worden sein müssen. Womöglich wurde sogar aufgeschrieben, dass eine dritte Startbahn überflüssig ist. So genau weiß man es nicht, auf alle Fälle sind die 250 Seiten sofort weggesperrt worden - und der Kreisverwaltung wurde es ausdrücklich untersagt, Daten aus dem Gutachten zu verwenden. Das Gutachten sei "in Ungnade" gefallen, so hat es Landrat Petz formuliert. Freisings OB Eschenbacher und Neufahrns Bürgermeister Heilmeier nannten die Wegsperraktion sogar einen Skandal.

Das Wirtschaftsministerium hat inzwischen versucht sich zu rechtfertigen und das angebliche Skandalgutachten als "fehlerhaft" bezeichnet. Es sei "mit Mängeln behaftet" gewesen. Na so was. "Ist ein Gutachten nicht gut . . . "

Stein auf Stein

Auf der Liste der und Moralwächter ganz oben steht zweifellos Stadträtin Susanne Günther von den Grünen. Neulich hat sie sich wieder gewaltig entrüsten müssen - "ich bin außer mir" - weil die Mehrheit im Ausschuss für Bildung und sonst noch was dem Vorschlag der Schulleitungen gefolgt ist, den Schulen im Steinpark, gleich neben dem Steincenter, die Namen "Grundschule Freising im Steinpark und Mittelschule Freising im Steinpark" zu geben. Nun lässt sich natürlich ein Zusammenhang zwischen dem Steinpark und dem einstigen General Hermann Freiherr von Stein herstellen, dem Namensgeber der früheren General-von-Stein-Kaserne. Der war zwar kein Nazi, schon weil er 1928 gestorben ist, aber er war General im Ersten Weltkrieg, und da wurden blutige Schlachten geschlagen. Mit etwas Fantasie ließe sich der Name Steinpark natürlich auch darauf zurückführen, dass hier so lange Stein auf Stein gelegt wurden, bis daraus mit Unterstützung von 74 Millionen Euro zwei Schulen entstanden sind. Klingt doch gut, die Erklärung, oder? Zur Not müsste man eben in der Freisinger Geschichte nach jemand suchen, der keinen Dreck am Stecken hat und als Namensgeber taugt. Da wird sich doch einer finden lassen.

Karl Obermayr zum Beispiel, das wär doch einer. Nach dem grandiosen Schauspieler könnte man doch eine Schule benennen und nicht wie bisher nur ein Nebenzimmer im Furtnerbräu. Na gut, der Karl Obermayr bekommt jetzt schon ein Denkmal, das an der offenen Stadtmoosach aufgestellt wird. Aus Bronze übrigens und nicht aus Stein. Und damit sollte auch Frau Günther beruhigt sein und sich nicht gleich wieder entrüsten müssen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: