Freising:Flüsterflieger am Horizont

Mit einem von der Firma MTU entwickelten Triebwerk soll sich der Lärm von Flugzeugturbinen merklich senken lassen.

Kerstin Vogel

Als "Zauber der Lärmreduktion durch neue Triebwerke" hatte der Vorsitzende der Fluglärmkommission, Herbert Knur, den Vortrag ungewohnt poetisch angekündigt - und tatsächlich: Was Bernhard Köppel von der Firma MTU den Mitgliedern des Gremiums da am Donnerstag schilderte, hörte sich fast zu schön an, um wahr zu sein. Ein neues Triebwerk habe sein Unternehmen entwickelt, das einen Technologiesprung erlaube, sagte er: Deshalb sei es nicht nur deutlich leiser als die Vorgänger, sondern es verbrauche zugleich weniger Treibstoff und sei für die Fluggesellschaften daher auch in wirtschaftlicher Hinsicht interessant. Schließlich habe die Kraftstoffteuerung vor einigen Jahren durchaus Airlines in die Pleite getrieben.

Freising: Herbert Knur, Vorsitzender der Fluglärmkommission, sprach bei seinem Vortrag vom "Zauber der Lärmreduktion durch neue Triebwerke".

Herbert Knur, Vorsitzender der Fluglärmkommission, sprach bei seinem Vortrag vom "Zauber der Lärmreduktion durch neue Triebwerke".

(Foto: Peter Bauersachs)

Getriebefan heißt das Zauberwerk - und natürlich verbirgt sich dahinter hochkomplexe Technik, die sich für Laien wie folgt "übersetzen" lässt: Ein Fan ist das große Schaufelrad vorne an Flugzeugturbinen. Bei dem MTU-Triebwerk wird dieser Fan durch ein Getriebe von der Niederdruckturbine entkoppelt, wie es in der FMG-Mitarbeiter-Zeitung Flughafen-Report in der Ausgabe vom September 2010 heißt. Bei herkömmlichen Triebwerken sitzen diese beiden Module dagegen auf einer Welle und laufen gleich schnell.

Durch die Abkoppelung kann der Fan bei der Neuentwicklung nun langsamer laufen, als die Turbine und ist deshalb erheblich leiser. "Bis zu 20 Dezibel weniger als die derzeit leisesten Triebwerke", prophezeite Köppel in der Fluglärmkommission.

Dazu muss man wissen, dass eine Verringerung von zehn Dezibel bereits einer Halbierung des Lärmempfindens entspricht - Köppel findet unter anderem deshalb, dass man bei der Lärmminderung hier "den Durchbruch geschafft" habe. Doch das ist eben nicht der einzige Vorteil des neuen Triebwerks. Weil die Turbine bei dem Getriebefan weiterhin mit wesentlich höheren Umdrehungen betrieben werden kann, "erreichen beide Module ihr jeweiliges Leistungsoptimum und der Wirkungsgrad verbessert sich", so der Flughafen-Report: "Je besser der Wirkungsgrad eines Flugzeugtriebwerks ist, umso weniger Kerosin verbraucht es und entsprechend weniger CO2 stößt es aus."

15 bis 16 Prozent weniger Kraftstoffverbrauch, 20 Prozent Einsparungen bei den Wartungskosten, listete Köppel die Vorteile des MTU-Triebwerks auf; hinzu komme eine Einsparung von 3000 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr, das entspreche dem Ausstoß von 1000 Kleinwagen. Die ersten Flugzeuge mit so einem Triebwerk würden 2013 in Dienst genommen, berichtete er der Fluglärmkommission weiter; denkbar sei dieser Antrieb für die verschiedensten Modelle, "auch für die ganz großen".

Knur und die anderen Kommissionsmitglieder, überwiegend Bürgermeister aus Gemeinden, in denen die Belastung durch Fluglärm aktuell hoch ist, zeigten sich von den Zukunftsaussichten durchaus begeistert. Der Vorsitzende sprach - immer noch auf einer lyrischen Welle - gar davon, Bernhard Köppel habe "den Sonnenschein von draußen in den Saal geholt". Besonders erfreulich sei, so Knur, dass die Neuentwicklung nicht nur die Umwelt entlaste, sondern eben auch wirtschaftlicher sei, weil das für die Airlines wohl einen besseren Anreiz darstelle.

Der Eittinger Bürgermeister Georg Wiester holte die erfreuten Kollegen dann allerdings wieder ein bisschen zurück auf den Boden der Tatsachen, als er fragte, ob denn auch bereits zugelassene Flugzeuge mit so einem leisen Treibwerk nachgerüstet werden könnten. Das nämlich musste Köppel verneinen. Ausgestattet werden könnten damit lediglich neue Maschinen - und damit könnte es natürlich noch zwanzig Jahre dauern, bis die Menschen im Flughafenumland wirklich von der neuen Technologie profitieren. können. Knur allerdings blieb optimistisch: "Da wird was Gutes für unsere Kinder und Enkel geleistet, das sollten wir nicht geringschätzen."

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