Kirchbergers Woche:Gesprengte Ketten

Radldiebe, rabiate Autofeinde und Falschparker - das Schutzbedürfnis in Freising ist groß.

Kommentar von Johann Kirchberger

Freisings Radlentscheider predigen es seit Jahren, und es stimmt ja auch: Radlfahrer müssen besser vor den Autos geschützt werden. Deshalb sollen der Straßenraum verschlankt, breite Radwege angelegt, Fahrradstraßen ausgerufen und den Zweirädern überall dort Vorfahrt eingeräumt werden, wo es irgendwie möglich erscheint. Radler sind die schwächeren Verkehrsteilnehmer, heißt es ganz richtig, sie haben kein Blech vor den Beinen, haben höchstens einen Sturzhelm, den aber nur selten auf. Und dann passiert so was:

Da hat doch neulich, so hat die Polizei gemeldet, ein Radfahrer ein Auto angegriffen, die Fahrerin beleidigt und mit dem Fuß eine Delle in das kostbare Autoblech geschlagen. Ob das damit zusammenhängt, dass die Autofahrerin in der eigentlich gesperrten Oberen Hauptstraße umhergekurvt ist, oder ob der Radler eine grundsätzliche Abneigung gegen Autos hat, konnte nicht in Erfahrung gebracht werden. Der rabiate Mann entzog sich einer Erklärung durch Flucht. Müssen also jetzt Autos vor den Radlern geschützt werden?

Ja, das Schutzbedürfnis der Bevölkerung ist groß. Nicht nur im Allgemeinen, sondern im Speziellen auch vor Radldieben. In Freising und auch in Moosburg sollen deshalb jetzt Abstellbügel in die Straße eingelassen werden, an denen Fahrräder angekettet werden können. Das schützt zwar vor Gelegenheitsdieben, nicht aber vor Profis, die so ein Schloss in Sekunden knacken. Und diese Bügel haben den Nachteil, dass sie an Markttagen nicht reichen, dass sie oft da positioniert werden, wo niemand hin will und an Tagen mit geringer Besucherfrequenz das Straßenbild empfindlich stören.

Pferdefuhrwerke vorm Saloon

Das waren eben noch Zeiten, als vornehmlich im Wilden Westen so praktische Querbalken vor den Saloons standen, an die man sein Pferd lässig anbinden konnte. Angst vor Pferdedieben brauchte man seinerzeit auch nicht wirklich zu haben, denn wer als solcher erwischt wurde, landete gerne mal am Galgen. Radldiebe kommen da heute wesentlich genickschonender davon.

In Freising wurde zwar auch in der guten alten Zeit nur selten in die Stadt geritten, die Bauern aus dem Umland kamen mit langen Pferdefuhrwerken, die sie vornehmlich vor den Saloons in der Oberen Hauptstraße abstellten. Weil Parkflächen aber schon immer rar und Parkhäuser noch nicht erfunden waren, machte man einen Deckel auf die Moosach. Praktisch war das, ist aber überflüssig geworden, weil inzwischen das Abstellen von Pferdefuhrwerken im Zentrum ebenso verboten ist wie das Parken von Autos. Wer sich nicht daran hält, ist entweder ein Packerlfahrer, ein Handwerker oder ein Falschparker, der sich nicht um Strafgebühren schert. In weiser Voraussicht lassen die Stadtoberen deshalb überall Bänke und große Granitblöcke aufstellen, gestatten es den Wirten Tische und Bänke auf der Straße zu platzieren und wollen jetzt eben auch noch Abstellbügel für Fahrräder installieren.

Bleibt nur zu hoffen, dass nicht später einmal eine reine Fußgängerzone beschlossen und Radfahren in der Innenstadt verboten wird. Ausgenommen in der Kammergasse. Aber auch wer sein Fahrrad liebt und schiebt muss es ja gelegentlich anketten. Vor irgendeinem Saloon.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: