Nach Plakat-Aktion der "Letzten Generation" in FreisingGerichtsverhandlung als Mittel des Protests

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Ernst Hörmann (rechts) und Tillmann Scholl plakatieren Anfang November die Fenster der Deutschen Bank.
Ernst Hörmann (rechts) und Tillmann Scholl plakatieren Anfang November die Fenster der Deutschen Bank. (Foto: Marco Einfeldt)

Der Freisinger Ernst Hörmann hat im März die Schaufenster eines Geldinstituts beklebt und soll deswegen einen Strafbefehl bezahlen. Gegen diesen hat er Einspruch eingelegt, weil er von der Richtigkeit seines Handelns überzeugt ist.

Von Peter Becker, Freising

Ernst Hörmann ist überzeugter Klimaschützer. Im März dieses Jahres hat er zusammen mit einem weiteren Aktivisten während einer "Paperpasting-Aktion" Plakate an Schaufenster der Zweigstelle der Deutschen Bank an der Unteren Hauptstraße in Freising geklebt. Auf diesen prangerten Aktivisten und Aktivistinnen der "Letzten Generation" an, dass das Geldinstitut ihren Aussagen zufolge der größte deutsche Finanzier der internationalen Kohleindustrie sei. Darauf folgte eine Anzeige wegen Sachbeschädigung. Diese wäre eigentlich mit dem Bezahlen des Strafbefehls abgetan, doch Hörmann hat dagegen Einspruch eingelegt. Er will am kommenden Montag seinen Standpunkt vor dem Freisinger Amtsgericht darlegen und für sich selbst einen Freispruch beantragen.

Ein Video auf Twitter zeigt die Aktion in Freising

"Die Banken - in unserem Land allen voran die Deutsche Bank - sind die Brandbeschleuniger der Klimakrise", heißt es begründend in der Überschrift eines Videos, auf dem die Aktion festgehalten ist. Zu sehen sind Hörmann und sein Helfer, die Plakate an die Schaufenster der Bankfiliale kleben. Eines davon mit der Überschrift "Stoppt den fossilen Wahnsinn!" Dazu spricht Hörmann einen Text, der den Sinn der Aktion erläutert. Die Deutsche Bank habe da eine große Verantwortung, der sie aber nach Ansicht der "Letzten Generation" nicht gerecht werde, sagt Hörmann auf Nachfrage.

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Vergebens hatten die Klimaaktivisten darauf gehofft, dass jemand die Polizei rufen würde, um der Aktion mehr Aufmerksamkeit zu bescheren. Er habe letztlich selbst die Beamten informiert, damit sie den Tatbestand aufnehmen, erläutert Hörmann. Die Polizei habe dann die Reinigung der Fensterscheiben bei der Stadt Freising beauftragt. Die Kosten in Höhe von 139,51 Euro seien ihm in Rechnung gestellt worden. "Diese wurden von mir fristgerecht bezahlt", versichert er.

Irgendwer habe dann doch eine Anzeige gestellt, sagt Hörmann. Er wisse nicht wer, möglicherweise ein Mitarbeiter der Zweigstelle. Der Name des Geldinstituts tauche jedenfalls nirgends auf. Die Staatsanwaltschaft Landshut musste sich mit der Plakat-Aktion auseinandersetzen und erließ einen Strafbefehl. Hörmann sollte 500 Euro bezahlen, dann sei der Fall erledigt. Ihm wäre es ein Leichtes, die Auflage zu erfüllen, versichert Hörmann. Doch darum gehe es ihm nicht. Notfalls würde er für sein Anliegen, die Verhinderung der Klimakatastrophe, auch ins Gefängnis gehen.

Die Verhandlung vor dem Amtsgericht ist die Fortsetzung der Plakat-Aktion

Hörmann sieht den Prozess vor dem Freisinger Amtsgericht als Fortsetzung der Plakat-Aktion. Deshalb hat er seinen Einspruch eingelegt. Er zieht keinen Anwalt hinzu, sondern will in eigener Sache auf Freispruch plädieren. Dazu stellt Hörmann einen eigenen Beweisantrag, in dem er eine Sachverständige von der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation "urgewald" hinzuziehen möchte. Diese soll beweisen, dass die Deutsche Bank seit Jahren klimaschädliches Verhalten an den Tage lege.

Kurz zusammengefasst soll eine Studie der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation von Januar 2019 bis November 2021 belegen, dass das Geldinstitut in diesem Zeitraum "als größte deutsche Geldgeberin der internationalen Kohleindustrie" aufgefallen sei. Sie basiert auf der globalen Kohlefirmendatenbank "Global Coal Exit List" (GCEL).

Hörmann will mit der Aktion Schaden von der Weltbevölkerung abwenden

Hörmann beruft sich auf dieses Gutachten, das seiner Ansicht nach Auswirkungen auf die rechtliche Würdigung der ihm vorgeworfenen Sachbeschädigung haben müsse. Unabhängig davon will er auf Basis des Paragraphen 34 des Strafgesetzbuches seinen Freispruch erreichen. Dieser beschreibt den Zustand eines "rechtfertigenden Notstands", den Hörmann in seinem Fall vorliegen sieht. Demnach darf jemand eine den Umständen angemessene Tat begehen, um dadurch Gefahren für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut abzuwenden. Dies nimmt der Aktivist in seinem Fall für sich in Anspruch. Die Klimakrise sei eine Gefahr für die Weltbevölkerung, argumentiert Hörmann. Sie sei zwar grundsätzlich mit anderen Mitteln als dem öffentlich wirksamen "Paperpasting" abzuwenden, "dazu fehlt es aber insbesondere am politischen Willen", begründet er seinen Beweisantrag.

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