"Jugend musiziert" in der Musikschule Freising:Der Kampf mit dem Lampenfieber

Lesezeit: 3 min

Beim Musikunterricht lernen Kinder fürs Leben. Außerdem bringt es viel Spaß, wenn man das Instrument erst einmal beherrscht. (Foto: Marco Einfeldt)

Am Wochenende trafen sich jungen Virtuosen aus zwei Landkreisen zum 60. Regionalwettbewerb in der Musikschule Freising. Musikschulleiter Odilo Zapf freut sich trotz des hohen organisatorischen Aufwands, dass endlich wieder Trubel im Haus ist.

Von Pauline Held, Freising/Erding

Es sind nur 20 Minuten aber in diesen 20 Minuten liegt für Felix Rahimpour am Freitag die ganze Welt. Seit Monaten wartet er auf diesen Tag, bereitete sich stundenlang darauf vor, um am Ende dann doch enttäuscht von sich und seiner Leistung zu sein. "Ich hätte intensiver üben müssen", sagt er. Sein Kumpel entgegnet: "Mit sich selbst ist man doch nie zufrieden." Felix Rahimpour zuckt mit den Schultern, er ist Wettbewerbe wie diesen gewöhnt. Der 16-jährige Schüler aus Neufahrn spielt Klavier seit er fünf Jahre alt ist, schon mehrfach nahm er an Jugend musiziert teil. Auch heute, beim 60. Regionalwettbewerb in der Musikschule Freising, sitzt er hinter dem Flügel.

Mit Felix Rahimpour sind es an diesem Wochenende etwa 140 Kinder und Jugendliche aus den Landkreisen Freising und Erding, die sich den kritischen Ohren der Jury stellen. Nach vier Jahren ist es wieder soweit: Der größte Musikwettbewerb findet regulär und in Präsenz in der Musikschule Freising statt. An zwei Tagen messen sich Kinder und Jugendliche im Alter von fünf bis 19 Jahren in Wertungskategorien wie Klavier, Gesang, Gitarre, Drumset, Kammermusik für Streich-, Holz- oder Blechblasinstrumente, Akkordeon und der Neuen Musik. Unterteilt in ihre entsprechenden Altersklassen, geht es für die besten weiter zum Landeswettbewerb, der Ende März in Passau stattfindet.

Kurz vor dem Auftritt: Fridolin und Emilian stehen mit ihren Cellos parat. (Foto: Marco Einfeldt)
Xaver Mair aus Landshut und Theo Becker (rechts) aus Taufkirchen spielen auf dem Akkordeon vor. (Foto: Marco Einfeldt)

Es ist still im Saal, als Johannes Wiedenhofer die Finger sanft über die Tasten des schwarzen Flügels gleiten lässt. Der 17-jährige Schüler aus Langenbach weiß genau, was er heute erreichen will: eine Stufe weiterrücken und beim Landeswettbewerb spielen. Es ist nicht sein erstes Mal bei Jugend musiziert, er nahm schon in unterschiedlichen Kategorien an dem Wettbewerb teil. Mit dem Klavier schaffte er es im vergangenen Jahr sogar bis in den Bundeswettbewerb, obwohl er erst mit neun Jahren anfing, das Instrument zu erlernen. Im Gegensatz zu seiner Konkurrenz ist das spät. Die meisten beginnen im Alter von vier bis fünf Jahren mit dem Üben, um eines Tages so virtuos zu spielen, wie Johannes Wiedenhofer es heute tut.

Dabei fing er erst vor vier Wochen an, sich auf den Regionalwettbewerb vorzubereiten. Auch das ist ungewöhnlich, wie Musikschulleiter Odilo Zapf weiß: "Der Großteil entscheidet sich meistens im Sommer oder Herbst dazu, teilzunehmen." An diesem Freitagnachmittag sitzt Zapf selbst in der Jury im Pavillon der Musikschule. Gemeinsam mit Klavierlehrer Martin Keeser und Dirigent Christoph Schäfer aus Regensburg bewertet er die Leistung der jungen Virtuosen.

Die achtjährige Elinda packt im Vorspielraum ihre Geige aus. (Foto: Marco Einfeldt)

Für sein heutiges Vorspiel wählte Johannes Wiedenhofer Stücke von Johann Sebastian Bach, Felix Mendelssohn-Bartholdy, Arnold Schönberg und Frédéric Chopin. "Der Chopin war am schwersten", sagt Johannes sichtlich erleichtert, nachdem die 20 Minuten Vorspiel zu Ende sind. Auf dem Gang vor dem Saal trifft er auf Felix Rahimpour, der vor ihm spielte. "Ich habe nur Deinen Schluss gehört, aber den fand ich richtig gut", sagt Johannes zu Felix. Felix grinst verlegen, räumt wieder ein, dass er heute nicht mit sich zufrieden ist. Knapp drei Stunden üben die beiden täglich, neben Schule und Lernen für die Abschlussprüfungen. Viel Zeit für Freizeitspaß bleibt da nicht. "Zum Glück tue ich mich in der Schule nicht schwer", sagt Johannes Wiedenhofer.

In den vergangenen vier Jahren waren Vorspiele wie an diesem Wochenende in der Musikschule rar. Das Spielen vor Publikum, und dann noch vor einer Jury, die die eigene Leistung bewertet, lässt bei vielen das Lampenfieber in die Höhe schnellen. "Aufgrund der Corona-Pandemie fehlt vielen die Erfahrung", sagt Musikschulleiter Odilo Zapf. Dennoch sind er und sein Team froh, dass endlich wieder Trubel im Haus ist - auch wenn so ein Wochenende Jugend musiziert ein "riesen Organisationsaufwand" ist.

Jochen Zhiyuan Guan aus Wolfersdorf spielt beim Wettbewerb "Jugend musiziert" auf dem Flügel vor. (Foto: Marco Einfeldt)
Mit gerade mal fünf Jahren ist Emma Marlene Kramm aus Moosinning die jüngste Teilnehmerin vor dieser Jury am Klavier. (Foto: Marco Einfeldt)

Cosima Maria Heilmaier aus Erding hat zur Unterstützung ihre ganze Familie mit in die Musikschule gebracht. Ihre Aufregung hält sich in Grenzen: "Es ist ein Mix zwischen Freude und Anspannung", sagt die junge Pianistin. Kurz vor dem Vorspiel prüft sie noch einmal mit ihrer Mutter, ob sie alle Noten dabei hat. Dann öffnet sich die Tür des Saals und Cosimas Prüfung beginnt.

Noch am Abend des jeweiligen Wettbewerbstages stellt die Musikschule die Ergebnisse online. Die Sorge von Felix Rahimpour war völlig unbegründet: Mit 23 Punkten ergatterte er den ersten Platz und wird zum Landeswettbewerb weitergeleitet. Auch für Johannes Wiedenhofer und Cosima Maria Heilmaier geht es mit 25 Punkten nach Passau.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusSZ-Serie "Abgedreht": Filmkulissen rund um München
:Das Freisinger Rathaus: "Eine wunderschöne Location" ist als Drehort beliebt

Viel Holz, kleine Erker, kunstvoll bemalte Fenster und knarzende Bodendielen: Filmteams schätzen das mehr als 100 Jahre alte Freisinger Rathaus. Ein Rundgang.

Von Gudrun Regelein (Text), Marco Einfeldt (Fotos) und Birgit Goormann-Prugger (digitale Umsetzung)

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: