Sicherheitskonzepte:„Jeder soll das Volksfest genießen“

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Es ist Volksfestzeit in den Landkreisen Freising und Erding. Während das Herbstfest in Erding schon am kommenden Freitag beginnt, müssen sich die Freisinger noch gedulden. Dort geht der Rummel erst am 6. September los. Immerhin werden die Biertisch-Garnituren schon ins Festzelt angeliefert. (Foto: Marco Einfeldt)

Nach dem Attentat in Solingen ist das Bedürfnis nach Sicherheit bei den anstehenden Volksfesten der Region größer als zuvor. Veranstalter, Festzeltbetreiber und Polizei haben Konzepte entwickelt, um Besucher so weit wie möglich vor Anschlägen zu schützen.

Von Dominik Zarychta, Freising/Erding

Bald ist es wieder so weit: Am kommenden Freitag, 30. August, beginnt das Erdinger Herbstfest und leitet damit die Volksfest-Saison in der Region ein. Am 6. September folgt das Freisinger Volksfest und in Moosburg startet die Herbstschau am 13. September. Der Start dieser fröhlichen Events wird dieses Jahr durch die Solinger Messerangriffe überschattet. Wie bereiten sich die Beteiligten in Erding, Freising und Moosburg in puncto Sicherheit auf ihre Volksfeste vor?

Für das Freisinger Volksfest ist die Stadt zuständig und verwendet als Grundlage ihres Sicherheitskonzeptes die eigene rechtskräftige Volksfestverordnung, die unter anderem die Mitnahme von gefährlichen Gegenständen regelt. Damit verbieten die Veranstalter das Mitführen von Waffen und Gegenständen, die als Wurfgeschosse, Hieb-, Stoß- oder Stichwaffen verwendet werden könnten. Auch Gaspistolen und Sprühbehälter mit schädlichem Inhalt oder ätzende Substanzen dürfen nicht mitgenommen werden.

Für die Überwachung ist eine beauftragte Security verantwortlich, welche den Einlass an den Eingängen regelt. Anders als bei vielen anderen Volksfesten gibt es in Freising nämlich Einlasskontrollen, bei denen der Inhalt von Taschen kontrolliert wird. Mittels großer Betonklötze, auch „Terrorsperren“ genannt, wird verhindert, dass Fahrzeuge auf das Gelände fahren können. All diese Maßnahmen gibt es allerdings schon seit Jahren und sind keine Neuheit, sagt eine Sprecherin der Polizeiinspektion Freising, es sei also schon immer ein sehr sicheres Fest gewesen. Die Polizei selbst wird mit „starken Kräften“ anwesend sein und hat ebenfalls ein ausgearbeitetes Sicherheitskonzept für das Volksfest parat, ohnehin: „Es ist für jede größere Veranstaltung ein Sicherheitskonzept notwendig, das den individuellen Ansprüchen und Gegebenheiten gerecht wird“, so die Polizei. Dieses Jahr wird besonders auf das Cannabisgesetz geachtet, welches in Bayern den Konsum auf Volksfesten verbietet.

2016 hat Anis Amri einen Terroranschlag mit einem Lastwagen auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz in Berlin verübt. Seit September 2017 stehen deshalb "Terrorsperren" auf den Zufahrten zum Freisinger Volksfestplatz. (Foto: Marco Einfeldt, Archiv)

Das Attentat in Solingen beschäftigt aber auch die hiesige Polizei sowie die Stadt Freising. In den nächsten Tagen soll aufgrund der aktuellen Sicherheitslage eine Besprechung des Ordnungsamtes als zuständige Sicherheitsbehörde mit der Polizeiinspektion Freising, der Freiwilligen Feuerwehr sowie dem Bayerischen Roten Kreuz stattfinden, um zu überprüfen, ob weitere Maßnahmen notwendig sind. Eine spezielle Schulung für Messerangriffe sieht die örtliche Polizei aber nicht vor, dies sei nach eigenen Angaben Teil der Grundausbildung und gehöre ohnehin zu dem, was Polizisten können sollten. Auch zum Selbstschutz müsse höchstens noch mal selbst in Erinnerung gerufen werden, was man alles gelernt hatte, aber generell sei das Thema schon immer präsent.

Keine Einlasskontrollen, aber verschärfte Taschenkontrollen gibt es auch beim Erdinger Herbstfest. Durch gezieltere stichprobenartige Kontrollen soll das bereits umfassende Sicherheitskonzept der Stadt Erding nach dem Attentat in Solingen aufgestockt werden, so die Veranstalter. Es sei aber schon immer viel für die Sicherheit gemacht worden. Die Sicherheitskräfte agieren in Erding nach der Devise, dass gar nicht erst Konflikte entstehen dürfen, es wird versucht, dass rechtzeitig eingegriffen wird. Durch weitere Angebote wie etwa einen Safe Space für Frauen, sollen die Sicherheitsmöglichkeiten für Besucher ermöglicht werden.

„Die kriminelle Energie schreitet schneller voran als unsere Weiterbildungen“

Bei der Moosburger Herbstschau sind die konkreten Sicherheitsvorbereitungen bisher nicht so weit, schließlich beginnt es als Letztes von den dreien. Über die Sicherheitsbelange kann Thomas Kaiser aber bereits Auskunft geben. Ihm gehört die Firma Kaiser Veranstaltungsschutz und stellt seit 13 Jahren das Sicherheitsteam für die Moosburger Herbstschau und das Krämmer-Volksfest. „Er ist mein Mann, wenn es um Sicherheitsfragen geht“, sagt Festwirtin Michaela Krämmer. Er macht sein Sicherheitskonzept von den einzelnen Programmpunkten abhängig, die anstehen. In den vergangenen 13 Jahren hat er aber in Moosburg kontinuierlich daran arbeiten können und das Konzept nach und nach verbessert. Dabei gibt die Stadt immer an, was der Sicherheitsdienst alles bieten muss und was überprüft werden soll.

Die Moosburger Herbstschau ist für Kaiser ein besonderes Fest, es gibt selten Vorfälle und nur wenig Probleme. Bisher hat die Stadt Moosburg noch keine Verschärfungen im Sicherheitsplan aufgrund des Messerangriffes in Solingen angekündigt, Kaiser geht aber davon aus, dass noch etwas komme. Bei einem anderen Volksfest in der Nähe von Landshut erhielt er aufgrund der jüngsten Ereignisse bereits von der Polizei neue Sicherheitsunterweisungen, sodass er das anwesende Personal aufstocken ließ.

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Eine ähnliche Umgangsweise mit dem Thema erwartet Kaiser in Moosburg, auch wenn damit ein wesentlicher finanzieller Mehraufwand verbunden ist: „Den muss man sich erst mal leisten können und wollen“, so Kaiser. Sein eigenes Personal führt ständig Schulungen durch, um sich auf neue Gefahren und Situationen einzustellen, so auch nach Solingen. Ihm ist es aber wichtig zu erwähnen, dass keine Schulungen ausreichen würden, um sich gegen alle Gefahren zu wappnen: „Die kriminelle Energie schreitet schneller voran als unsere Weiterbildungen, sie ist uns immer einen Schritt voraus.“

Oft findet er sich im Sicherheitsbereich in schwierigen Randfällen wieder. Dass Fremdalkohol und Glasflaschen bei den Volksfesten nicht mitgenommen werden dürfen, sei den meisten mittlerweile klar, aber wie sieht es mit einem Regenschirm aus, der eine Metallspitze hat? Ins Festzelt darf man damit auf keinen Fall, aber sollte das auch für das Außengelände gelten, wenn es draußen regnet? Thomas Kaiser versteht da die Besucher: „Sie wollen schöne Stunden auf dem Volksfest verbringen und wir stehen da nur im Weg und nörgeln.“ Diese speziellen Fälle zeigen laut Kaiser, dass eine hundertprozentige Sicherheit auf solchen Festen nicht möglich ist, egal ob das Personal aufgestockt wird oder mehr Taschenkontrollen stattfinden, das sei ein Trugschluss: „Von einer hundertprozentigen Sicherheit sprechen nur die, die nicht im Veranstaltungsschutz arbeiten“. Immer wieder komme es vor, dass Sicherheitsdienste, Beamte und Zivilisten verletzt werden.

Die Polizeiinspektion Freising zeigt sich da optimistischer: „Jeder soll das Volksfest genießen, schließlich ist es für die Besucher. Wir sind für sie da und achten darauf, dass nichts passiert.“

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