Energiewende:Teller statt Steckdose

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Die größte Freiflächen-Fotovoltaikanlage Deutschlands könnte vor den Toren Freisings auf dem Gelände der dritten Startbahn entstehen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Stadt Freising will Freiflächen-Photovoltaikanlagen neben der Autobahn A 92 genehmigen. Das gefällt nicht jedem im Planungsausschuss. Landwirte fürchten um gute Böden.

Von Peter Becker, Freising

Da stehen sich zwei Interessen diametral gegenüber: Die Stadt Freising möchte entlang der Autobahn A 92 Freiflächen-Photovoltaikanlagen installieren, um gemeinsam mit dem Landkreis die Energiewende voranzutreiben. Das soll auf Flächen geschehen, die laut Einschätzung eine geringe Bonität aufweisen. Dem widersprach Landwirt Anton Frankl im Planungsausschuss des Freisinger Stadtrats. Seiner Erfahrung nach lieferten die Böden gute Ernteerträge. Auch Hans Hölzl (FSM) verspürt ein "Bauchgrimmen", wenn auf Böden mit bester Bonität Photovoltaikanlagen platziert würden. Der Planungsausschuss sprach sich am Ende aber mehrheitlich dafür aus, den Bebauungsplan "Landschaftsentwicklung Freising Süd/Hallbergmoos" dahingehend abzuändern, so dass dort Freiflächenanlagen entstehen können.

Hintergrund ist die "Pfiffig-Studie", die das Landratsamt durch Studierende der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf unter der Leitung von Professor Markus Reinke hat erstellen lassen. Auf der Basis dieser Ergebnisse hat die Stadtverwaltung ein Standortkonzept für Freiflächenanlagen entwickelt, das der Planungsausschuss im Oktober des vergangenen Jahres beschlossen hat. Einer dieser Standorte liegt südlich von der A 92 und Attaching.

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Bei den in Frage kommenden Flächen handelt es sich um solche, die entweder bereits in städtischem oder aber privatem Besitz sind. Deren Eigentümer und Eigentümerinnen hat die Stadt vorab befragt, ob sie denn bereit wären, ihren Boden für Freiflächen-Photovoltaikanlagen zur Verfügung zu stellen. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten: den Verkauf, eine Verpachtung oder eine Beteiligung an dem Vorhaben. Laut Sitzungsvorlage besteht bei den Betroffenen eine große Bereitschaft dazu, ihre Flächen zur Verfügung zu stellen. Innerhalb des Standortkonzepts könnten so größere zusammenhängende Flächen für Photovoltaikanlagen entstehen.

Betrachtet wird bei der Veränderung des Bebauungsplans ein 500 Meter breiter Korridor entlang der Autobahn. Laut Verwaltung umfasst die gesamte in Frage kommende Fläche einer Größe von etwa 155 Hektar. 83 Hektar davon sollen der Photovoltaik gewidmet sein. Nach Angaben des zuständigen Fachamts könne etwa 82 Millionen Kilowattstunden Solarstrom erzeugt werden. Das entspreche vorsichtig gerechnet knapp 22 Prozent des Strombedarfs der Stadt im Jahr 2030. Vergleichsjahr ist 2020, in welchem der Bedarf bei 312 Millionen Kilowattstunden lag. Für 2030 werden 374,440 Millionen prognostiziert.

Anton Frankl möchte die Freiflächenanlagen lieber im Moos platzieren

Die Meinungen im Planungsausschuss gingen auseinander. Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher (FSM) diagnostizierte einen typischen Interessenkonflikt. Auf der einen Seite soll regenerative Energie erzeugt werden, auf der anderen Seite Ackerboden und Landschaftsbild erhalten bleiben. Unterhalb der Solarflächen soll durchaus Landwirtschaft möglich sein. Ob Schaf- oder Hühnerhaltung: "Ich weiß nicht, ob das das Wahre ist", meinte Hölzl.

Frankl fragt sich, wie die Bodenwerte zu Stande kommen, nach denen die Böden nur als minderwertig beurteilt würden. Dabei handele es sich nicht um Grünland, sondern um guten Ackerboden. Es gebe geeignetere Flächen, etwa im Freisinger Moos. "Teller vor Steckdose", lautete der Kommentar von Robert Weller (FW). Ackerboden sei wichtiger. "PV-Anlagen gehören aufs Dach und sollten nicht die Landschaft verschandeln."

Doch die Zeit drängt. Kurzfristig gelingt es nicht, so viele Photovoltaik auf die Dächer zu bringen, wie das für die Energiewende notwendig wäre. Die Grünen hielten den Vorschlag deshalb für ausgewogen und richtig. Wer wisse schon, wie die Situation in 20 Jahren ausschaue, hatte Eschenbacher gesagt. In dieser Zeitspanne könnten sich die Flächen von ihrer Nutzung erholen und sich eine Artenvielfalt entwickeln, ergänzte Drobny.

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